Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
ohne Ende. Hatte die nix zu tun?«, wollte ich wissen.
Das Watterturnier vom FC Haudrauf, unglaublich witziger Name, haha.
»Das sind der Schmalzl, der Schmied, der Kreiter und der Metzger«, verriet mir Anneliese. »Dazu braucht’s kein Facebook.«
»Landfrauen bewirten dreißig Jahre Kläranlage«, stand direkt darunter mit einem fetten Smiley. Igitt.
»Fischerverein verkauft Steckerlfisch.«
»Hallux-Valgus-Seminar von Kreszenz Schaller.«
Na prima. Ich scrollte ein Stück nach unten.
Aber hier.
»Es steht fest, wir werden einen Swingerklub eröffnen – egal, wie viele Steine man uns in den Weg legt.«
325 Leute fanden das gut.
Ich scrollte wieder nach oben.
»Unser Dorf besteht nur aus prüden Deppen«, verriet die Marlis. »Unsere Pläne mit der alten Konditorei sind gestorben!«
Dann kamen reihenweise Gefällt-mir-Anzeigen, die sie angeklickt hatte. Aldi. Lidl. Tchibo. Irgendwelche blöden Kommentare, die jemand gepostet hatte. Marlis gefiel einfach alles. Dazwischen ein paar eigene Bilder, die sie selbst von sich gemacht hatte.
Endlich gute Neuigkeiten: »Wir haben eine neue Örtlichkeit. Stellt euch vor, das ist bestimmt viel billiger als die Konditorei!«
Man sah ein unscharfes Bild von einem finsteren Haus.
»Wo soll denn das sein?«, wollte ich wissen. Anneliese kniff ebenfalls die Augen zusammen.
»Sag mal, das hättest du sie doch fragen können, wenn du mit ihr befreundet warst«, beklagte ich mich bei ihr.
»Ich hab die Sachen, die sie geschrieben hat, ausblenden lassen«, klärte sie mich auf. »Die hat so viel geschrieben, das hat mich stocknarrisch gemacht. Ständig die Fotos von sich selbst, des willst doch nicht allaweil sehen.«
Stimmte auch wieder.
Anneliese klickte auf das Foto. Es war nichts als ein dunkler Schatten zwischen dunklen Bäumen, auch in Vergrößerung konnte man nichts erkennen.
»Und hat sie dir nix davon erzählt?«, bohrte ich nach und kniff die Augen zusammen. Na ja. Wahrscheinlich nicht, sie saß ja die ganze Zeit vor dem Rechner und postete.
»Er will nicht verkaufen. Ich kann das nicht verstehen«, stand zwei Wochen vor ihrem Tod geschrieben.
»Anton sagt, das Haus sei nichts wert.«
»Er will auch nicht vermieten. Ich verstehe das alles nicht. Es wäre das ideale Häusl!«
Dann endeten ihre Kommentare zur neuen Örtlichkeit, und man sah noch einmal ein schönes, sonniges Foto des Hauses.
»Das Schallerhäusl«, flüsterte Anneliese begeistert.
Kapitel 9
Anneliese wartete zu Hause auf den Thomas, weil sie die Kinder nicht allein lassen konnte – Maarten lag wahrscheinlich noch auf unserer Eckbank und kurierte seinen Kater aus. Und ich hatte beschlossen, dass ich keine Memme war, sondern eine schusssichere Weste hatte und zwei Hunde, was sollte da schon passieren. Noch dazu im Wald. Im Wald passierte ganz selten etwas wirklich Schlimmes. Nur in seltenen Fällen wurden Leute wie die Roidls erschossen, was rein statistisch gar nicht ins Gewicht fiel.
Vor mir ratterte der Troidl in seinem alten Parka und ganz hässlichen Hosen ebenfalls den Waldweg entlang. Das Mofa, das er fuhr, war bestimmt genauso alt wie sein Parka und hinterließ graue Abgasschwaden. Auf dem Gepäckteil hatte er ein kleines Gartenschäufelchen befestigt.
Ich tuckerte hinter ihm drein und hoffte, dass er demnächst umkehrte oder in einen anderen Waldweg einbog. Aber nichts geschah, er fuhr seelenruhig auf dem Weg vor mir her und drehte sich nicht einmal zu mir um. Wir näherten uns bereits dem Schallerhäusl, da bog er in den kleinen Pfad ein, der direkt zum Häusl führte und wo ich den toten Roidl gefunden hatte. Wenn der Troidl jetzt auch noch da draußen herumweizte, hatte ich aber keine Lust mehr, auf eigene Faust zu spionieren!
Da stellte sich mir auch gleich die Frage, was ein Mann in seinem Alter mit einem kleinen Gartenschäufelchen im Wald tat. Seinen Hund zerstückelt vergraben? Seine Mutter zerstückelt vergraben? Seine Frau, die schon seit Jahren weg war, zerstückelt vergraben? Mir fiel einfach nichts anderes ein als Dinge, die mit zerstückelten Leichen zu tun hatten. Das deutete vielleicht auf eine ziemlich gewalttätige Phantasie meinerseits hin, aber wenn man im Wald hinter einem Troidl herfuhr, war das so. Ich beschloss, dass schließlich Anneliese sich mehr dafür interessierte, was mit der Marlis und dem Anton passiert war, und es deswegen ihre Pflicht war, mich zum Forsthaus zu begleiten. Wir hatten vielleicht auch Glück, und der Troidl war dann schon
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