Und hinter dir die Finsternis
Ehefrau, die Sie ertränkt haben? Was haben Sie dazu zu sagen?«
Wie alle anderen im Saal drehte sich Banks rasch um. Ein gut gekleideter Mann hatte sich in der Mitte der Zuschauerreihen erhoben. Das Gesicht von Wut verzerrt, schlug er mit der Faust auf den vor ihm befindlichen Sitz ein. »Grace war meine Schwester! Sie war im achten Monat schwanger. Sie haben auch ihr ungeborenes Kind umgebracht. Grace hat nicht getrunken, bevor sie mit Ihnen verheiratet war. Sie haben sie in die Depression getrieben. Dann haben Sie Grace umgebracht, weil Sie nicht das Risiko eingehen wollten, dass sie ein geschädigtes Kind zur Welt bringt. Sie Mörder! Mörder! Mörder!«
»Schaffen Sie diesen Mann hinaus!«, befahl Richter Smith. »Schaffen Sie ihn sofort hinaus!« Er schlug heftig mit seinem Hammer auf die Holzunterlage ein. »Ruhe im Saal!«
»Sie haben meine Schwester umgebracht!«, erscholl es ein letztes Mal, bevor Grace Carringtons Bruder eilig aus dem Gerichtssaal gedrängt wurde.
Peinliche Stille folgte auf seinen Abgang, die erst unterbrochen wurde, als das herzzerreißende Schluchzen von Gladys Althorp zu hören war, die vornübergebeugt dasaß, das Gesicht in den Händen verborgen.
27
ES WAR SECHS UHR und stockfinster, als wir schließlich nach Hause kamen. Draußen regnete es immer noch stark. Ein Polizist stand Wache bei dem mit einem Band abgetrennten Teil des Grundstücks, der noch nicht von den Hunden abgesucht worden war.
Dank Vincents schnellem Handeln musste Peter die Nacht nicht im Gefängnis verbringen. Unmittelbar nachdem ich ihn angerufen hatte, um ihm mitzuteilen, dass Peter verhaftet wurde, hatte er alles in die Wege geleitet, damit die Kautionssumme, ganz gleich, in welcher Höhe sie der Richter festlegen würde, sofort an eine Bank in der Nähe des Gerichtsgebäudes von Hackensack überwiesen werden konnte. Sobald die Anklageerhebung vorüber war, begab er sich zu dieser Bank, erhielt dort einen Scheck über zehn Millionen Dollar und kehrte damit zum Gericht zurück, um ihn bei der Kautionsstelle einzureichen.
Während er unterwegs war und wir auf Peters Freilassung warteten, durften Conner Banks, Walter Markinson und ich uns in das leere Geschworenenzimmer neben dem Sitzungssaal von Richter Smith setzen. Der öffentliche Auftritt und die wüsten Beschuldigungen des Bruders von Grace, Philip Meredith, schienen die beiden fast ebenso überrascht und verwirrt zu haben wie mich. Als dann noch das verzweifelte Schluchzen von Susan Althorps Mutter zu hören gewesen
war, hatte das Ganze fast etwas Surreales bekommen. Ich hatte Peter beobachtet, als er Merediths Beschuldigungen und Gladys Althorps Schluchzen vernahm. Sein Gesicht sah so gepeinigt aus, als ob man ihm die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen hätte.
Ich teilte das Markinson und Banks mit.
Sie äußerten sich besorgt darüber, dass alles, was im Gerichtssaal vorgefallen war, der Sache Peters abträglich sein könnte und die Berichterstattung in den Medien aller Wahrscheinlichkeit nach katastrophal ausfallen würde. Selbst Markinson blieb ernst und verzichtete auf sein übliches beschwichtigendes Schulterklopfen.
Conner Banks stellte mir dann eine Frage, die mich völlig überraschte: »Hat Ihres Wissens schon früher einmal ein Mitglied der Familie Meredith damit gedroht, eine Klage wegen Mordes gegen Peter einzureichen?«
Ich war schockiert. »Nein«, antwortete ich sofort. Doch dann verbesserte ich mich: »Zumindest hat mir Peter noch nie von so etwas erzählt.«
»Was ich jetzt sage, klingt vielleicht etwas zynisch«, sagte er. »Philip Meredith mag vielleicht ein Bruder sein, der Gerechtigkeit einfordert, vielleicht ist er auch nur darauf aus, durch ein Arrangement mit Peter eine erkleckliche Summe herauszuholen. Wahrscheinlich trifft sogar beides zu. Er weiß natürlich genau, dass sich Peter im Moment absolut kein weiteres juristisches Scharmützel neben seinem Mordprozess leisten kann.«
Als Peter freigelassen wurde, sprachen Markinson und Banks noch kurz mit ihm, bevor sie sich auf den Rückweg nach New York machten. Sie rieten ihm, sich möglichst auszuruhen, und vereinbarten einen Termin am frühen Nachmittag des folgenden Tages im Herrenhaus.
Ich ergriff Peters Hand, und dabei fiel mir zum ersten Mal das elektronische Armband an seinem Handgelenk auf. Wir gingen nebeneinander den langen Flur zum Ausgang hinunter.
Ich hatte gehofft, keine Medienvertreter mehr anzutreffen, wenn wir das Gebäude endlich verlassen würden.
Weitere Kostenlose Bücher