... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
restlichen Büromöbel verkauften wir einfach. Wir mussten nicht einmal Werbung machen; es hatte sich herumgesprochen.
Im Jahr 2002, ungefähr ein Jahr nach dem 11. September 2011, fand ich mich auf einer American Academy of Otolaryngology-Konferenz als MED - EL -Vertreter wieder. Die Welt hatte sich in den vergangenen zwölf Monaten gewaltig verändert. Im Dezember hatte Inge Sabine und mich für ein paar Tage nach Innsbruck eingeladen. Ich hielt tagsüber Präsentationen und traf mich mit den MED - EL -Entscheidungsträgern. Die Leute von der Personalabteilung zeigten Sabina inzwischen die Stadt. Als wir ankamen, war es sogar für Innsbruck unheimlich kalt. Die Stadt war hübscher, als wir es uns je vorzustellen gewagt hatten. Mir wurde schnell klar, dass es schlimmere Orte auf diesem Planeten gab als Innsbruck, das umringt ist von Alpengipfeln, mit fünf Skigebieten in Sichtweite der MED - EL -Zentrale. Ich war auch beeindruckt von den Med-El-Mitarbeitern, besonders von Ali Mayr und Plamen Kamenoff, die in den Fertigungsanlagen schon emsig Platz für die Vibrant-Soundbridge-Produkte schafften. Ich konnte es kaum erwarten loszulegen.
Es war schwer genug, eine kleine Firma an die Börse zu bringen. Wir lernten aber schnell, dass es noch schwieriger ist, ein börsennotiertes Unternehmen aufzulösen und dabei allen Regeln und der SEC Folge zu leisten. Ich ahnte nicht, dass der Börsenabgang schwieriger sein würde als der Börsengang selbst. Terry musste sich wochenlang mit unseren Anwälten und der SEC herumschlagen. Die Eigentümer mussten sich einigen, ebenso die Vorstandsmitglieder. Ich wiederum wollte so schnell wie möglich nach Österreich. Das Haus verkauften wir in nur einem Tag. Ich war bereit für die nächste Phase in meinem Leben.
Die restlichen Angestellten, wie Kirk, Terry oder ich selbst, mussten in Übergangsbüros ziehen. Ingeborg hatte außer mir noch acht anderen Symphonix-Angestellten angeboten, nach Innsbruck zu kommen. Ich wünschte mir, sie hätte mehr genommen, aber die meisten hatten schon wieder Arbeit gefunden. Es war ärgerlich zuzusehen, wie Terry sich mit der SEC über Kleinigkeiten streiten musste. Auf jede Antwort folgten weitere Fragen. Es schien nicht enden zu wollen. Meiner Meinung nach gewannen dabei nur die Anwälte, was mich faszinierte. Allmählich wurde klar, dass es bis zu einem Abschluss noch lange dauern würde. So war es dann auch: Erst fünf Monate später konnten wir eine Einigung erzielen, die offiziell besiegelt wurde.
Nach der Einigung wurden die Container zum Transport durch eine Spedition freigegeben. Ich schickte Ingeborg während der Abwicklung wöchentliche Berichte. Es galt, sowohl das Eigentum als auch die IP -Dateien und ein regelkonformes Produkt unbeschadet zu überstellen und dabei noch Patienten zu versorgen. Mein Leben schien mir wie ein endloser Strom von Versandkartons, die alle beschriftet und eingepackt werden mussten. Nichts durfte verloren gehen. Während dieser Zeit prägte ich mir sämtliche Dokumente, Dateien und Aufzeichnungen fest ein. Ich fühlte mich wie eine lebende Enzyklopädie. Austria. Dort, wo es keine Kängurus gibt!
Ich hatte eigentlich gemeint, dass es viel Arbeit gewesen sei, das Unternehmen zu gründen. Es aber in Kisten zu verpacken und nach Übersee zu versenden, war nicht weniger aufwendig. Unmengen an Aufzeichnungen, die für einen Hersteller medizinischen Geräts unerlässlich sind, mussten erhalten werden und leicht auffindbar bleiben. Der Dokumentationsaufwand war enorm. Die Tücke bestand darin, dass wir das ganze Material auf der anderen Seite des Atlantiks auch wieder auspacken mussten. Linda Ferner und ich haben dabei sicher hunderte Archivschränke und Dokumente verpackt, aussortiert, beschriftet und in Tabellen eingetragen.
Ich reiste am ersten April 2002 nach Innsbruck, nachdem ich zuvor das Symphonix-Büro endgültig verlassen hatte. Ich packte letzte persönliche Gegenstände in mein Auto, das auch zum Verkauf stand, und fuhr damit zum Symphonix-Hauptgebäude. Die neuen Mieter waren schon beim Einrichten. Dann machte ich noch einen Abstecher zu den ursprünglichen Symphonix-Büros am Orchard Parkway. Als ich auf den Parkplatz rollte, auf dem Bob Katz und ich immer Football gespielt hatten, wallten die Erinnerungen hoch. Ich schluchzte der Vergangenheit nach, schluchzte über das, was hätte sein können, über das, was nun war. Dann fuhr ich für ein Abschiedsessen zu meinen Eltern nach Sunnyvale.
Ich flog aus
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