... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
auseinander.
Um ehrlich zu sein, ich war damals etwas schwierig einzuordnen. Zum Beispiel mein Musikgeschmack: Ich war ein ernsthafter Fan von Grateful Dead, dank meiner Forscherfreunde in Stanford. Obwohl ich nie so weit ging, all mein Hab und Gut zu verkaufen, mit der Band durch die Welt zu ziehen, und mir mit dem Verkauf von T-Shirts und Käsetoasts die Teilnahme an der nächsten Show zu finanzieren, war ich doch ein ernsthafter Deadhead. Gleichzeitig war ich aber auch ein moderner Rocker und hatte kein Problem, meine Batik-T-Shirts gegen Fallschirmhosen mit doppeltem Gürtel auszutauschen, komplett mit glänzenden, schwarzen Schuhen und passender Lederkrawatte, und so in die angesagtesten Klubs zu gehen. Ich war ein großer Bob Marley-Fan, aber mochte auch Countrymusik und war immer bereit, in Stiefel und Wrangler Jeans zu schlüpfen, um für ein paar Nächte mit Steppen und Linedancen zu verbringen. Die einzige Musik, die ich wirklich nicht mochte, war Rap. Ich hatte eigentlich nie Probleme mit meinen unterschiedlichen Musikvorlieben, und meine Identität hing auch nicht davon ab, mit einer besonderen Clique von Leuten herumzuhängen oder einem besonderen Modetrend zu folgen.
Ich war ein recht lebhafter junger Mann, um es bescheiden zu sagen. Einmal, als ich von der jährlichen Konferenz der Amerikanischen Akademie für Otolaryngologie zurückkam, bemerkte ich erst beim Check-in am Flughafen, dass ich mich im Datum geirrt hatte. Ich dachte, der Flug, den ich am Telefon gebucht hatte, wäre am Donnerstag, aber er wäre schon zwei Tage früher, am Dienstag, gewesen.
„Tut mir leid, da kann ich Ihnen leider nicht helfen“, sagte man mir beim Check-in. „Ein einfacher Flug für SFO für heute kostet 1800 Dollar plus Taxen.“
Ich war fassungslos. Das war sehr viel Geld für mich – vier Mal so viel, wie ich bereits gezahlt hatte – und das konnte ich mir nicht leisten. Ich nahm mein Gepäck und setzte mich dem Schalter gegenüber hin, um meine Optionen zu überlegen. Ich könnte die nächsten vier Tage in einem Greyhoundbus verbringen, aber ich musste früher zurück sein. Da bemerkte ich, dass die Schalterbeamtin, mit der ich gesprochen hatte, in die Pause gegangen war. Was soll’s, dachte ich mir, ich probier’s. Also strich ich mir die Haare zurück, sodass man meine zwei riesigen Hörgeräte gut sehen konnte, und stellte mich noch einmal an. Als ich an die Reihe kam, ging ich zum Check-in bei einer kleinen, nett aussehenden Frau und überreichte ihr meine Tickets.
Sie nahm die Tickets, runzelte die Stirne und sagte so etwa: „Es tut mir leid, aber diese Tickets waren für den Flug letzten Dienstag.“
Ich richtete mich auf, schaute ihr in die Augen und schrie so laut ich konnte: „Waaaas?“ Mit meiner besten schweren Stimme als Gehörloser sagte ich: „Ich bin gehörlos!“, und damit zeigte ich ihr meine beidseitigen Hörgeräte.
„Ich wollte Tickets für einen Dooooonnerstag, nicht Diiiiieeeenstag!“, schrie ich. Meine Stimme war so laut, dass mich alle im Check-in-Bereich anstarrten. Da passierte etwas Erstaunliches.
Sie schaute mich an und schrie zurück: „Diese Tickets waren für letzten Dienstag, aber Sie wollten heute fliegen. Ich werde Ihre Tickets für den heutigen Flug auswechseln!“
Mich haute ihre Lautstärke fast um, aber es funktionierte, also schrie ich zurück.
„Da ist ein Fehler. Nicht ein Diiieeenstag, ein Dooonnerstag!“ Zum Glück hatte ich die Tickets direkt bei der Fluglinie gekauft.
Sie änderte mein Ticket, checkte mein Gepäck ein und schrie dann: „Ihr Abfluggate ist Gate neun!“
Ich war so beeindruckt, dass ich nicht widerstehen konnte, als sie mir die Tickets gab. „Gaaate fünf.“
„Nein! Gate neun! GATE NEUN !“, schrie sie zurück und schrieb mir die Gatenummer mit einem roten Stift in Riesenbuchstaben auf die Boardingkarte und zeigte dann auf die Abflughalle.
„Daaanke!“, rief ich und dachte, wie toll es mir gelungen war, mir mit diesem Auftritt 1800 Dollar zu sparen. Gleichzeitig schockierte es mich, erleben zu müssen, dass die Leute, sobald sie meine Taubheit erkannten, automatisch annahmen, dass ich nicht normal große Schrift lesen könnte.
Ich denke, die meisten wären nicht so weit gegangen wie ich und hätten irgendwie die 1800 Dollar aufgetrieben. Aber Tatsache bleibt, dass bei der telefonischen Bestellung irgendein Missverständnis passiert sein musste. Das ist leicht verständlich, denn ich fand es extrem schwierig zu
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