und ihre Gaeste
daraus, die jungen Mädchen zu zeichnen. Und jede bekam ihr Bild! Für Mamsell aber, die überall herumhuschte und jeden aufzumuntern versuchte, brauchte die Malerin einen ganzen Skizzenblock. Manchmal sahen die Lindenhof-Mädchen ihr über die Schultern und lachten. Mamsells drollige Art war ganz genau erfasst! Mamsell selber merkte gar nichts. Doch auch sie bekam ein Bild, ein sehr hübsches sogar: Die beiden Lehrerinnen saßen zusammen und Mamsell erzählte etwas in ihrer lebhaften Art mit heftigen Armbewegungen - die andere lauschte gespannt.
Im Mansardenzimmer wurde geschrieben. Der „Arbeitstisch“ kam endlich zu Ehren. Hanni und Nanni gaben den Eltern nach vielen knappen Kartengrüßen den ersten ausführlichen Bericht. Nanni schrieb am Schluss:
Nie hätte ich gedacht, dass dieser Job uns so viel Spaß machen würde. Die Leute hier sind wirklich nett, ganz anders als im alltäglichen Leben. Die meisten nehmen nichts krumm und sie regen sich nicht auf, wenn manches nicht gleich klappt.
An dieser Stelle machte Hanni ein großes Ausrufungszeichen an den Rand und schrieb dazu:
Hier irrt Nanni! Ich finde, dass manche noch quengeliger und ungeduldiger sind als sonst. Weil sie ihren Urlaub ja bezahlen und sich deshalb wie kleine Könige vorkommen.
(So verschieden können zwei Menschen etwas betrachten, sogar Zwillingsschwestern!)
Nanni schrieb weiter:
Am meisten verändert haben sich unsere Lehrerinnen. Robby war immer furchtbar streng. Und wenn sie entdeckte, dass wir bei Mamsell Unsinn trieben und ein bisschen laut waren, dann setzte sie eine vorwurfsvolle Miene auf und schüttelte den Kopf über Mamsells Unfähigkeit, die Mädchen im Zaum zu halten. - Hier sind die beiden ein Herz und eine Seele.
Und wenn Robby sich mal über irgendetwas aufregt, spielt Mamsell den Friedensengel. Besser versteht es aber noch Monsieur Marcel. Er wirkt wie ein Beruhigungsmittel. Hanni hat ja gesagt, dass er eigentlich Robby heiraten müsste. Ich weiß aber nicht, ob er zum Heiraten Lust hat, sonst könnte man ihm ja mal einen Wink geben. Vielleicht hat er auch irgendwo in der Welt eine Frau und eine Familie. Er ist ja weit herumgekommen. Vielleicht in der Südsee ...
Hier schüttelte Hanni den Kopf und schrieb wieder eine Bemerkung an den Rand:
Nanni spinnt! Als ob Herr Marcel sich ausgerechnet in die Fuchsenmühle setzen würde, wenn er in der Südsee eine Frau hätte! Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass er eine Familie hat.
„Sag mal“, fing Nanni später an, als sie Hanni diese Bemerkung kritzeln sah, „was fällt dir eigentlich ein? Du sollst selber einen Brief schreiben und nicht in meinem herumverbessern. Zeig mal, was du selber inzwischen geschrieben hast?“
Das war nun freilich die Höhe. Da stand nur:
Meine Vorrednerin hat ausführlich berichtet. Was soll ich da noch schreiben? Also Schluss und viele Grüße!
Nanni wollte gerade anfangen zu schimpfen. Aber Hanni beschwichtigte sie: „Reg dich ab! Den nächsten Brief schreibe ich und du kannst am Schluss deinen Senf dazugeben. Außerdem scheint es ausnahmsweise mal nicht zu regnen. Wollen wir da nicht ein bisschen rausgehen?“
„Tolle Idee!“ Aber sie waren nicht die Einzigen. Es dauerte gar nicht lange, da klappten die Türen, und einer nach dem andern verließ das Haus. Sie kamen gegen Abend vergnügt zurück, alle - bis auf den Steinsammler.
„Ist der Professor noch nicht zurück?“, fragte Hilda beim Abendessen.
Niemand hatte ihn gesehen. In seinem Zimmer war er auch nicht. Anscheinend ging er auf Steinsuche, denn dazu nahm er immer einen Beutel mit. Den hatte er vor dem Weggehen ausgeleert, denn fünf oder sechs Steine lagen auf dem Tisch. Aber dass er so lange ausblieb! Nach und nach wurden sie unruhig. „Hoffentlich hat er sich nicht verlaufen“, sagte jemand.
„Vielleicht ist er verunglückt“, murmelte ein anderer.
Das gleiche befürchtete Herr Marcel. Der Professor verirrte sich gewiss nicht, solch ein erfahrener Waldläufer, wie er war. Er trug außerdem immer einen Kompass bei sich. „Wir müssen ihn suchen“, sagte Herr Marcel, „und möglichst noch finden, bevor es finster wird.“
Es dämmerte schon. „Bitte alles herbeischaffen, was an Taschenlampen im Hause ist“, rief Frau Roberts und ging selber in die Gerätekammer. Groß war die Ausbeute nicht. Gustel sagte: „Draußen im Schuppen müssen noch zwei alte Stalllaternen stehen. Die kann man doch auch nehmen.“ Sie fand sie tatsächlich, ebenso einen
Weitere Kostenlose Bücher