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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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projiziert und mit Hilfe eines Freundes von Mattia die Seiten aktualisiert, kümmere ich mich um den neuen Blumenwinkel von Lust&Liebe. Ich habe beschlossen, es Eliza Doolittle gleichzutun und Rosen zu verkaufen. Nur Rosen. Granatrote, samtrote, bräunlich rote, weiße und gelbe Rosen. Die Lust&Liebe-Sträuße sind schlicht und nicht zu überdimensioniert. Seit ich herausgefunden habe, was eine einzelne Rose in Kombination mit einem Buch hermacht, verkaufe ich sie übrigens auch stückweise. Einsfünfzig das Stück. Meine Stammkundinnen kaufen Rosen, um sich aufzumuntern. Und was gibt es Besseres als Blumen, wenn man sich ein würdiges Trostpflaster gegen unsensible Freunde und vergessliche Ehemänner gönnen möchte? Heute, kurz vor der Teestunde, habe ich für einen Verlagsvertreter einen Strauß mit zwanzig Rosen gebunden. Er war unter dem Vorwand gekommen,
ein Geschenk zu brauchen. Mittlerweile behandelt auch er, der für den größten italienischen Verlag arbeitet, mich nicht mehr wie eine exzentrische Buchhändlerin, die Barcodes ablehnt und fürs Geschäftliche nicht viel bringt. Dafür höre ich ihm aber zu, und sogar ein Buchvertreter braucht das. Die Frau vom Einkauf bei FNAC behandelt ihn immer von oben herab, hat er mir anvertraut, und deshalb schaut er nach einem Besuch dort jedes Mal auf einen Sprung bei mir vorbei. Die blassrosa Rosen, die er ausgewählt hat, sind für seine Frau, die nach der Niederkunft ein wenig depressiv ist.
    »Ich kann ihr einfach nicht klarmachen, dass ich der glücklichste Mann der Welt bin. Dem Kind geht es bestens, und trotzdem weint sie in einem fort«, vertraut er mir an.
    »Das ist ganz normal, dass sie mit den Nerven ein wenig herunter ist, Giuseppe«, tröste ich ihn. »Sie müssen einfach in ihrer Nähe sein. Verwöhnen Sie sie, schenken Sie ihr diese Rosen... Oder nein, wir bringen sie Ihnen nach Hause, dann ist es eine Überraschung.«
    »Wenn Sie meinen. Und das Hotel, was macht das Hotel?«
    »Das läuft sehr gut, danke der Nachfrage. Wir sind bis Weihnachten ausgebucht, es sind ja nur drei Zimmer. Selbst im Ausland hat es sich schon herumgesprochen. Ich muss auch Kunden aus der Modewelt nehmen, aber ich kann ihnen stets Bücher unterjubeln. Das bereitet mir diebische Freude.«
    Er hat den Laden zufrieden verlassen. Um die Rosen kümmert sich Mattia, der an das Lenkrad des Lust&Liebe-Fahrrads einen großen Korb montiert hat und so die Leute zu Hause beliefert.

     
     
    New York, den II. September 2004
Ort des Friedens Nr. II, Partners and Crime
44 Greenwich Avenue
     
    Liebe Emma ,
    ich bin in einer kleinen Buchhandlung in Greenwich Village, die Dir eher wegen der Atmosphäre als wegen der angebotenen Bücher gefallen würde (sie haben sich hier auf Krimis und Thriller spezialisiert). Der Kaffee ist auch nicht gerade toll, aber es ist gemütlich hier, und vor allem ist es der einzige Ort, den ich gefunden habe, um Dir zu schreiben, bevor ich ins Büro gehe. Dort erwarten mich gleich endlose Sitzungen.
    Heute Morgen habe ich nicht widerstehen können und bin allen Ernstes zu den Ruinen der Twin Towers gepilgert, um an der Gedenkfeier teilzunehmen. Nur wer diesen Ort gesehen hat, kann die Emotionen nachvollziehen, die mich überrollt haben. Lass mich Dir davon berichten: Bereits in der Fulton Street, von wo aus ich den Rest zu Fuß gehen wollte, hörte ich eine Art gregorianische Gesänge. Es war wie eine... Umarmung. Ich bin schnell weitergegangen und kam an der St. Paul’s Chapel vorbei. Das Innere der Kirche, die monatelang der Treffpunkt der freiwilligen Helfer war, ist mittlerweile ein Museum. Ein Memento Mori. Das ganze ausgestellte Zeug ist zwar erst drei Jahre alt – und doch scheint es aus dem Weltkrieg zu stammen. Die Kissenbezüge, Laken und Decken wirken wie konserviert.
    Als würde ich mechanisch angetrieben, habe ich mich schließlich dem Gitter um Ground Zero herum genähert und gemerkt, dass der schöne Klang, den ich gehört hatte, nichts anderes war als die Aufzählung von Namen und Nachnamen, die in einem endlosen Singsang aneinandergereiht wurden. Mittlerweile war es bereits kurz nach neun. Ich habe in die Tiefe geschaut, und die kleinen Figuren, die sich an den Händen hielten, sahen aus
wie Spielzeugsoldaten, die gleich einen Reigen tanzen würden. Auf einmal, völlig unwillkürlich, hat mich eine schreckliche und egoistische Sehnsucht gepackt, und ich musste meinen eigenen Gesang anstimmen. Mein Gebet trug Deinen Namen. Emma. Emma. Emma.

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