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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Wie ein Pilzsammler läuft er an den Regalen vorbei, betrachtet kurz das Schild TIERE SIND WILLKOMMEN und lächelt wieder sein schönes Lächeln. Er ist der Typ »Kunde als Komplize«, »Kunde als Bruder«, der »unermüdliche Leser«, der das Niveau der italienischen Leser, diesen Eseln unter den europäischen Lesern, hebt. Er kommt auf mich zu und spricht mich direkt an.
    »Guten Tag, Emma. Wie geht es Ihnen?«, sagt er und streckt die Hand aus.
    »Kennen wir uns?«
    Ich erwidere seinen Handschlag und schaue ihn an. In den Tiefen meines Herzens bin ich mir absolut sicher, dass ich einmal mehr eine ganz besonders schlechte Figur mache mit meinen Gedächtnislücken. Möglicherweise ist er der Sohn einer Freundin, und ich habe ihn nicht wiedererkannt.
    »Jeder kennt doch Lust&Liebe. Ich heiße Manuele, sehr erfreut. Ich wollte das Buch abholen, das ich vor einer Woche bestellt habe.«
    »Ah, Manuele, natürlich. Das ist sicher schon gekommen, normalerweise liefern die Verlage immer innerhalb von drei Werktagen. Aliiiceee, hier ist jemand für dich.«

    Die Tür zum Lager öffnet sich, eine frische Brise scheint aufzukommen. Alice schreitet im Zeitlupentempo an den Regalen entlang, und er geht ihr instinktiv entgegen. Es ist wie in einem Liebesfilm – als Zuschauer weiß man sofort, dass sich die Handlung von nun an unweigerlich in eine ganz bestimmte Richtung entwickeln wird. Der dreißig- möglicherweise auch fünfunddreißigjährige Manuele begrüßt Alice, indem er seine große Hand bereits ein paar Schritte zu früh hebt. Ich für meinen Teil verziehe mich wohlerzogen, indem ich wie ein Krebs rückwärts gehe. Wie bei der englischen Königin. Die Filmszene sieht vor, dass sie allein sind, wenn sich ihre Blicke treffen, und dass niemand den Zauber ihrer ersten Begegnung zerstört.
    »Guten Tag, Alice. Ist mein Hesse gekommen?«, fragt er.
    »Ah, der Band mit den Erzählungen. Warten Sie, ich hole ihn«, antwortet sie mit der überschwänglichen Gestik einer Stummfilmdiva und lächelt. Irgendetwas passiert hier, und spätestens jetzt fühle ich mich wie im Kino. Wieso duzen sie sich denn nicht, die beiden, nachdem sie wochenlang E-Mails ausgetauscht haben?, frage ich mich heimlich und nehme wohlwollend zur Kenntnis, dass der unbekannte E-Mail-Schreiber nun in Fleisch und Blut hier aufgetaucht ist; bereit, sich von diesem aufmüpfigen und ein wenig altklugen Mädchen sanft zerfleischen zu lassen. Im Stillen drücke ich ihr beide Daumen und habe so eine Ahnung, dass sich ihre Freizeit schnell und einschneidend ändern wird. Glücklicherweise befreit mich ein Paar, das die Buchhandlung betritt, von der unseligen Lauscherei. Er scheint Schauspieler zu sein. Seine Jacke ist tadellos geschnitten und kaschiert die leicht hängenden Schultern nahezu perfekt. Sein weißes, volles Haar trägt er nach hinten gekämmt. Sie ist eine Miniatur mit schweren Lidern, hängt an seinem Arm und presst ihre Tasche an die Brust. Die beiden sehen aus wie ein Porzellanpaar auf einer Hochzeitstorte und entdecken
nun den Tisch mit der »frisch eingetroffenen Liebe«, wo ich bis zu ihrer endgültigen Unterbringung die Neuerscheinungen aufstapele. Sie suchen ein Geschenk und entscheiden sich schließlich für einen teuren Bildband. Ich packe ihn gründlich ein und kann von hier aus zu Alice und ihrem Besucher hinüberschielen, ohne gleich wie eine Spionin zu wirken. Alice und der E-Mail-Mann sind vollkommen in ihr Gespräch versunken und scheinen sich pudelwohl zu fühlen. Ein zufälliger Beobachter würde denken, dass sie sich schon seit Ewigkeiten kennen. Er lehnt mit der Schulter am Regal, während sie ihren Oberkörper wie ein Metronom hin und her schaukeln lässt, von einem Fuß auf den anderen tritt, mit dem Buch herumfuchtelt, das Cover kommentiert und immerzu lächelt. Plötzlich lacht sie auf __ da, jetzt lachen sie sogar beide. Sie schaut ihm direkt ins Gesicht, und ich bin mir sicher, dass sie nur seine Augen sieht und dass alles, was er sagt, interessant, gewagt, intelligent und originell ist.
    Das Porzellanpaar verabschiedet sich, und die Miniaturfrau balanciert das Paket wie ein Kuchentablett vor sich her. Alice begleitet ihn zur Tür (was sie niemals tut, obwohl sie Kunden gegenüber sehr zuvorkommend ist) __ Manuele Scartabelli, der drei Tage in der Woche als Philosophielehrer an einem Gymnasium in Monza arbeitet, gerne Sachbücher liest und über E-Mail-Literaturtipps gibt. Sie spricht mit ihrem Zukünftigen, ohne es zu

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