Und jede Nacht ist Halloween
schwanger geworden. Zu der Zeit waren Abtreibungen schon legalisiert, also ließ ich das in einer Klinik in Queens machen. Aber ich wollte nicht, daß er offiziell bei uns einzöge, und ich wollte nicht noch einmal schwanger werden, wenn wir nicht heirateten. Meine Mutter liebte ihn. Ich kann mir allerdings die Frau auch nicht vorstellen, die ihn nicht liebt.
Also heirateten wir standesamtlich. Meine Mutter war die einzige Trauzeugin. Er hatte keine Freunde, von denen er gewollt hätte, daß sie kämen, und ich hatte meine Freunde ziemlich vergessen, weil ich meine gesamte Zeit mit ihm verbringen wollte. Wir ließen uns die Tätowierungen als lebenslanges Symbol unseres Hochzeitstages machen, aber ich dachte immer, es symbolisiere auch diese erste Abtreibung. Ein Versprechen von ihm, daß er sie nicht vergessen würde und daß wir eines Tages Kinder haben würden.
Ich bin mir nicht sicher, wie lange er Lars kannte, bevor er aus dem Haus meiner Mutter zog. Alles, was ich weiß, ist, daß Lars ihn an seinem siebzehnten Geburtstag auf dem Motorrad abholte. Ich hatte ein Abendessen für ihn vorbereitet. Mom und ich hatten den ganzen Tag dafür geschuftet. Das tat mir vorhin ziemlich weh, als deine Freundin Santina davon redete, ihm ein Dinner zu kochen und wie schön das wäre und wie sehr er das mögen würde. So ist er nicht. Aber wie sollte sie das wissen, nicht wahr? Sie wollte ja nur helfen.« Crutch nahm einen langen Zug an der Zigarette und zog eine Grimasse. Sie hustete wieder. Ich versuchte, mir darüber klarzuwerden, warum sie rauchte, wenn sie es so offensichtlich verabscheute.
Sie erzählte weiter: »Strom kam also in der Nacht nicht zurück. Das Abendessen war verdorben. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr daran erinnern, was wir gekocht hatten — wahrscheinlich verdränge ich das. Er tauchte ein paar Tage später auf und tat so, als ob nichts passiert wäre. Er wollte mir nicht erzählen, wo er gewesen war, und ich lernte schnell, keine Fragen zu stellen. Die Zeiten zwischen seinen Anwesenheiten zu Hause wurden länger und länger, und nach einer Weile blieb er ganz weg. Das ist über zwölf Jahre her. Jeden Monat kam ein Scheck, man konnte die Uhr danach stellen, und Mom reichte ihn ein, ohne daß ich davon auch nur einen Penny sah. Ich wußte nie, wieviel Geld er schickte oder woher er es hatte.«
»Aber du hattest einen Job.«
»Nicht lange. Ich versuchte, was mit meiner Singerei hinzukriegen, bis sich meine Lymphknoten entzündeten, weil ich falsch geatmet hatte. Das passiert vielen unausgebildeten Sängern. Jetzt kann ich kaum noch reden.«
»Du klangst aber ziemlich heiß in der Dusche«, sagte ich.
»Du hättest mich damals hören sollen. Ich habe mal eine Demokassette an einen Typen von Columbia Records geschickt, der mich im Club gehört hatte. Ich bumste ihn, aber er nahm mich trotzdem nicht unter Vertrag. Also hat er mich beschissen. Keine Tragödie. Jeder sucht nach dem, was er kriegen kann, warum sollte er das also nicht auch tun? Ich klinge so zynisch. So bin ich in Wirklichkeit gar nicht.« Sie machte ihre Zigarette aus. Aus irgendeinem Grund war ich erleichtert. »Daß ich wieder bei Strom bin, fing vor ungefähr zwei Monaten an. Crips Mutter, die Schwester meiner Mutter, rief an, um zu erzählen, wie ihr Sohn nur so in Geld schwimmt. Schwesterlicher Konkurrenzkampf, sagte Mom. Trotzdem blieb mir die Was-ist-eigentlich-los-mit-dir-du-hast-es-nie-zu-was-gebracht-Predigt nicht erspart. Zu der Zeit beendete ich gerade eine Zweijahresaffäre mit einem Restaurantbesitzer aus Flushing. Ich hatte nichts, worauf ich hinleben konnte, nirgendwo hinzugehen, also rief ich Crips Mutter vor der Nase meiner Mutter an und holte mir seine Telefonnummer. Ich fragte ihn, ob er einen Job für mich hätte, und er sagte, er könne mich nicht anstellen, ehe nicht jemand anders ginge. Außerdem fühlte er sich komisch, da eine Verwandte reinzubringen. Ich dachte mir, o. k., das war dann wohl ein Griff ins Klo, und blieb bei Mom. Ich war ziemlich deprimiert. Es gab da nichts mehr für mich. Mom wurde verrückter und verrückter darüber, was für ein Loser ich war, und ich packte gerade meine Koffer, um abzuhauen, als sie auf dem Weg zum Supermarkt von einem Bus überfahren wurde. Ich mußte die Beerdigung und Verbrennung arrangieren. Der Verkauf vom Haus deckte ihre Schulden, und ich blieb mit ungefähr fünf Riesen übrig. Und ich hatte immer noch nichts, wo ich hingehen konnte.
Ich rief Crip noch mal
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