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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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an, und aus lauter Mitleid sagte er, er würde seinen Boß fragen, ob er jemanden auf Teilzeitbasis einstellen könnte, für den Fall, daß andere Mädchen krank würden. Ich hatte keine Ahnung, daß der Boß Strom war. Er hatte seinen Namen geändert, als er Blood & Iron gegründet hatte, was einer der Gründe dafür ist, daß ich ihn nie gefunden habe, wenn ich denn mal nach ihm suchte.«
    »Sein echter Name?«
    »Morris Blechmann«, sagte sie. »Ich nannte ihn früher Baby Mo-Mo.«
    Ich verschluckte mich fast. »Du machst Witze«, sagte ich lächelnd.
    »Findest du das komisch?« Sie wirkte beleidigt.
    »Er ist so ein absoluter Strom.«
    »Niemand ist ein absoluter Strom. Das ist erfunden. Es ist Bullshit.« Da hatte sie einen Punkt. Es fiel mir ein, daß genau das einen Teil seiner Faszination ausmachte. Er ist ganz Selbstdarsteller, der aber selber eigentlich nicht wirklich etwas darstellt. Er ist ein Machwerk seiner eigenen Phantasie. Eine selbstgeschaffene Legende. Kein Wunder, daß er sein Image so angestrengt verteidigt.
    Aber ich konnte nicht verstehen, warum Crutch ihn dermaßen zu beschützen schien. Sie wurde in einem Großmüllverfahren weggeworfen. Keine sitzengelassene Frau mit einem Minimum an Selbstachtung verfügt über solche Mengen an Mitleid. Ich unternahm den Versuch, sie aus der Defensive zu locken, und wechselte das Thema (obwohl mich das fast umbrachte). Ich sagte: »Also hat Crip dich nach dem Tod deiner Mutter eingestellt.«
    »Nicht direkt danach. Strom sagte ihm, er könne sich nicht noch ein Gehalt leisten. Ich wurde wütend. Crip erzählte dauernd, wie schwerreich dieser Strom-Typ war, daß der Bürosafe vor lauter Cash schon aus den Fugen brach. Ich konnte es einfach nicht glauben, wie verdammt geizig der Typ war, wenn er so reich sein sollte. Aber die Reichen sind immer die Geizigsten. Ich beruhigte mich, und einen Monat später rief Crip an. Eins der Mädchen machte ihm Schwierigkeiten und ob ich hinkommen könnte? Ich sagte, Teufel auch, na klar. Er sagte, es wäre einfacher, wenn niemand wüßte, daß wir Cousin und Cousine sind, also taten wir so, als wären wir miteinander befreundet. Deswegen nennt er mich Crutch. So nennt er alle seine Freundinnen.«
    »Und wie heißt Crip in Wirklichkeit?«
    »Was meinst du?«
    »Wie, was meine ich?«
    »Crip Beluga ist sein richtiger Name.« Das konnte ich nun nicht glauben. Ich fragte mich plötzlich, ob ihre ganze Story Gewäsch war. Ich muß zweifelnd ausgesehen haben, denn sie seufzte und machte sich daran, Crips merkwürdigen Spitznamen zu erklären. »Er wurde mit solchen O-Beinen geboren, daß seine Eltern dachten, er würde niemals normal gehen können. Also nannten sie ihn Crip. Ich vermute mal, das klingt ziemlich krank.«
    »Nein, durchaus normal.« In meinen Augen hatte er keine O-Beine.
    »Das wuchs sich aus«, führte Crutch weiter. »Seine Beine sind jetzt völlig gerade. Seine Mutter hat ihm einen Komplex drüber geschenkt, obwohl niemand sonst das überhaupt bemerkt hat. Sie sagte immer, er ginge, als wäre er gerade von einem Pferd gestiegen.«
    »Diese Cowboygeschichte.«
    »Bingo.«
    »Erstaunlich.«
    »Es ist halb psychopathisch. Mittlerweile bin ich es gewöhnt. Es erscheint mir fast normal. Jedenfalls, ich ging da rein und fing an, zu arbeiten. Das Mädchen, das ihm Kopfschmerzen bereitete, entpuppte sich als Flush. Er schien sie loswerden zu wollen. Ich weiß nicht, warum. Ich sah Strom am zweiten Abend zum ersten Mal und bekam fast einen Herzinfarkt. Er sah genau so aus wie früher, als ob er nicht einen Tag älter geworden wäre. Ich habe mich auf den ersten Blick wieder in ihn verliebt, genau wie damals als Teenager. Er kam auf mich zu, und ich war schockiert, wie er reagierte.«
    »Intensive Leidenschaft? Schreiender Streit? Vorgetäuschte Indifferenz?« fragte ich.
    »Er hat mich nicht wiedererkannt. Er hat mich sogar angemacht. Er sagte, er hätte einen größeren Schwanz als Crip und daß ich ihn in dieser Nacht noch ausprobieren sollte.«
    »Der Scheißkerl.« Das meinte ich ernst. »Dann hast du ihm deine Tätowierung gezeigt.«
    »Ich habe sein Angebot angenommen, und er hat sie selber entdeckt. Er wurde wütend und fragte, wie ich ihn ausfindig gemacht hätte. Er war überzeugt, daß ich hinter seinem Geld her war. Er sagte, er hätte sich schon vor Jahren von mir scheiden lassen sollen. Was für ein Alptraum sei das überhaupt, daß ich auftauchte? Vergiß das Geld, sagte er. Vergiß die Ehe. Ich sagte:

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