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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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heilen Hand und zerrte sie mit. Sie winkte Crips Blubberei ab und ließ sich von mir herausführen. Alex blieb als Versicherung da. Wir gönnten uns eine Taxe nach Brooklyn. Ich betete, daß Shlomo zu Hause sein möge. Ich hatte recht gehabt, daß Crutch mir im Endeffekt vertrauen würde — manche Frauen brennen einfach darauf, mal alles auspacken zu dürfen, aber die Informationen müssen eben erst mal aus ihnen herausgeprügelt werden. Es muß für Crutch eine nette Abwechslung bedeutet haben, mal von einer Frau geschlagen zu werden. Ich spürte ein Schaudern. Ich dachte an Strom und mich vorige Nacht und an manche der Dinge, die wir zusammen getan hatten. Ich fragte mich, ob man mich auch zwingen mußte, den Leuten zu vertrauen. Das Taxi kostete elf Ohren inklusive Trinkgeld. Ich achtete darauf, mir eine Quittung geben zu lassen.
    Santina, frisch aus dem Bett geholt und blonder als sonst, zündete meinen Herd an. Sie stellte Wasser für einen Tee auf und sagte: »Betty hat die Kosmetikerinnenschule abgebrochen. Es ist mir egal, wie sehr sie dir geholfen hat, ich weigere mich strikt, ihr das Zeugnis auszustellen.« Sie hängte Kräuterteetüten in zwei Dartmouth-Becher. »Was ich für einen Tag hatte. Ich organisiere gerade einen Boykott vom koreanischen Deli. Fünfzig Cents für einen Banane? Verschon mich damit. Ich hab’ ihnen gesagt, sie sollten fünfundzwanzig nehmen und sich bedanken. Die hatten Nerven — haben mich rausgeschmissen.« Sie kratzte sich unter dem Kinn. »Deine Haare sehen scheußlich aus«, sagte sie.
    Crutch war oben mit Shlomo und ließ sich ihren kaputten Finger reparieren. Ich sagte: »Ich bin gestern gebumst worden.«
    »Wenn’s nicht von meinem netten Jungen dem Banker war, dann will ich kein Wort drüber hören.«
    »Es war klasse.«
    »Kein Wort«, warnte sie.
    »Das Mädchen da oben ist seine Frau.«
    »Hör mir mal zu, Fräulein >Kein-Kind-von-Traurigkeit<, hörst du mir zu? Ich hab’ heute keine Zeit für so was. Diese Koreaner bereiten mir solche Kopfschmerzen. Ich halt’s mit mir selber nicht mehr aus, ich bin einfach so brillant mit bürgerlichem Ungehorsam.«
    »Ich hab’ Scheiße gebaut, Santina. Ich vermute mal, das hier bedeutet, daß ich in die Hölle muß.«
    »Diese Sache mit dem gebrochenen Finger? Ist das ein neuer Trend? Jetzt verstehe ich den Begriff: sich einer Mode unterwerfen.«
    »Ich hab’ ihr den Finger gebrochen. Wir sind in einem illegalen Kasino in der East Village in eine Schlägerei geraten.« Sie goß Wasser ein und reichte mir einen Becher. Der Tee war zu heiß, um ihn gleich zu trinken. Ich blies Dampf weg.
    Sie nahm mit Hingabe Schlückchen für Schlückchen. »Ich will es nicht hören«, befahl sie. »Du erfindest das alles, um mich zu beunruhigen. Ich weiß, daß du das tust. Also kannst du genau jetzt damit aufhören, Fräulein >Überbordende-Übertreibung<. Und zieh dir endlich diese Kleider vom Leib. Du siehst billiger aus als eine Obdachlosenbleibe.«
    Es gab ein sanftes Klopfen an der Tür. Ich brüllte: »Herein.« Crutch kam im Zickzack herein und stolperte fast, als Otis zwischen ihre Knöchel flitzte. Die Schiene und der Verband an ihrem Finger sahen aus wie meine, nur größer. Sie war barfuß und netzbestrumpft. Als sie sich wieder gefangen hatte, richtete sie ihre Augen auf mich. Ihr Blick verriet den sanften Zauber von Valium, und sie sagte: »Heißt du wirklich Wanda?«
    »Das hier ist Santina. Kannst du dich erinnern? Shlomos Verlobte.«
    Crutch zog gelangweilt ihre Korsage hoch und bot nicht ihre Hand an. »Sie haben einen sehr netten Mann«, sagte sie.
    »Verlobter, Liebes«, verbesserte sie Santina.
    »Hat er einen großen?«
    Santi schnaubte (ihre Art, Amüsiertheit zum Ausdruck zu bringen) aus den Tiefen ihres rundlichen Bauches. »Und wie. Und er geht großzügig mit ihm um.«
    »Mit seinem ist mein Mann auch großzügig«, sagte Crutch. »Allerdings nur mit anderen Frauen.« Sie schüttelte ihre Haare aus und fing immerhin nicht an, wieder zu schluchzen, wofür ich dankbar war. Ich fragte sie, ob sie sich hinlegen wolle, und sie sagte nein, es ginge ihr gut. Die Unterhaltung pausierte. Ich suchte mein Hirn ab nach etwas Richtigem, das man sagen könnte, kam aber auf nichts. Außerhalb ihres Elementes schien Crutch verwundbar. Ich fühlte einen Stich an Schuldgefühlen. Unsere Augen trafen sich, ihre waren dunkelblau, und dann huschten meine verlegen wieder weg. Santina sah eine Gelegenheit, zu Hilfe zu kommen, wofür sie

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