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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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wichtigen) Schönheitsschlaf gestört hatte, aber meine mädchenhafte Aufregung ließ sich nicht unterbuttern. Alex und ich. In meiner Wohnung. In der Nacht. Er hätte nicht in das tiefste, dunkelste Brooklyn herauskommen müssen, um mich anzurufen — das wäre auch einfacher vom Büro oder von sonstwo gegangen. Es war eine Geste von unleugbarer Bedeutung, eine Geste, die ich nicht ignorieren konnte. Ich lief ins Bad und aß Zahnpasta, ließ meine Brille auf den Küchentisch fallen und glitt hinaus, um die Tür zu öffnen. (Wir haben in Brooklyn keine elektronischen Türöffner. Und auch kein Kabelfernsehen.)
    Alex wartete schon, mit einem hinreißenden Lächeln. Sein Haar war durcheinander und hing überall in seinem Gesicht herum. Die Straßenlampe hinter ihm ließ seinen Kopf im Licht scheinen, und ich dachte eine Sekunde lang, ich würde sterben. Er sagte: »Was für eine Überraschung, dich hier zu treffen.«
    Ich nahm meine sexy Stimme an. »Komm herauf. Ich koch’ uns einen Tee.«
    »Bist du erkältet?«
    »Nein, du Idiot.« Ich drehte mich um und stampfte die Treppe hoch. Meine sexy Stimme funktionierte so gut wie ein Mückenspray. Ich trug immer noch meinen Outhouse- Outfit. Alex ging hinter mir her, und ich wurde plötzlich verlegen. Ich bekämpfte das Bedürfnis, mein Hinterteil mit den Händen zu bedecken. Wir kamen in meine Wohnung, und Otis, der Schuft, sprang voller Begeisterung in Alex’ Arme. Und die Leute behaupten, Tiere hätten kein Erinnerungsvermögen. Er küßte ihr kleines Gesicht, und sie stießen ihre Köpfe gegeneinander. Ihr besonderes Spiel. Ich fühlte, wie mir flau wurde, und es wurde mir klar, daß ich noch nicht bereit war, so bald schon mit dieser Vertrautheit umzugehen. Außerdem wurde ich gerade von einer irrationalen Eifersucht auf meine Katze überschwemmt.
    Ich sagte: »Stell dich dahin.« Ich führte ihn hinter die Arbeitsfläche mitten in der Küche. Ich ging in die Mitte des Wohnzimmers, drei Meter entfernt. Eine sichere Entfernung. Ich fing nervös an, eine Melodie zu summen, die ich noch nicht einmal wiedererkannte.
    Alex sagte: »Ah, das >Fatto per la Notte di Natale<. Il Divino.«
    »Und deine Mutter trägt Knobelbecher.«
    »Nein, Wanda. Die Melodie, die du gesummt hast.«
    »Was ist mit der?«
    »Das Weihnachtsconcerto. In g-Moll.«
    »Seit wann weißt du irgendwas über klassische Musik?«
    »Ich hab’ das so aufgeschnappt. Hier und da.«
    »Vielleicht da, aber nicht hier.« Ich fragte mich, ob er das bei Flush gelernt hatte.
    Er kippte sich ein Glas Mescal ein. Ich konnte vom Lippenstift am Rand erkennen, daß es mein Glas war. Ich spürte eine irrationale Eifersucht auf den Tequila. Alex machte ein Ich-liebe-es-ich-hasse-es-Geräusch. Er goß sich ein zweites Glas ein und leckte vor Erwartung seine Lippen. Seine Halsmuskeln dehnten sich. Er öffnete den Mund, um den Feuerball zu schlucken, und ich dachte eine Sekunde lang, ich sei schon tot.
    »Hör auf damit«, bellte ich, und er schaute mich merkwürdig über den Rand des Glases an. »Ich meine, betrink dich jetzt nicht.«
    Er kippte den Schnaps hinunter, strich seine Haare zurück und sagte: »Es ist mir heute klargeworden, daß Strom Bismark nicht nur weiß, wer ich bin, sondern mich außerdem mit jeder Faser seines Wesens verabscheut.« Ich überlegte, warum es Strom überhaupt kümmern könnte, wer Alex war, geschweige denn, warum er einen Grund haben könnte, ihn zu hassen. »Er ist mir auf den Fuß getreten.« Alex hielt seinen Converse-Turnschuh hoch und zeigte auf eine nichtexistente Schramme.
    Ich hatte dazu nichts zu sagen. Alex rollte das Schnapsglas meditativ auf dem Arbeitsblock hin und her. Ich sagte: »Stell das endlich ins Spülbecken.«
    »Es ist nicht so, als ob Strom mein Held wäre oder so was — mir ist bewußt, daß er der Gesellschaft kein Freund ist«, sagte Alex. »Aber ich wollte ihn immer mal kennenlernen. Jetzt, wo ich das hinter mir habe, bin ich mir nicht sicher, was ich denken soll.«
    Ich sagte: »Erzähl mir alles, und laß nichts aus dabei.«
    »Wieso bist du angezogen?« fragte er.
    »Findest du das etwa anstößig?«
    Er zuckte mit den Schultern, als ob mein nichtnackter Zustand ihm vollkommen egal sei. Ich hatte gehofft, er würde enttäuscht sein. Er sagte: »Also, folgendes ist passiert: Du und Crutch seid gegangen, und direkt danach murmelte Crip irgendwelche seiner Flüche im Wildwestslang. Er schob mich beiseite und ging in sein Büro.«
    »Du gingst ihm

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