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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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zu
    sagen.«
    »Ich komme mit dir«, sagte er.
    »Teufel auch.«
    »Ich bin ein freier Mensch. Ich kann hingehen, wo immer ich will.«
    »Wenn du dein Abschlußzeugnis für die zweite Klasse kriegst, ruf mich mal an.«
    Ich schlüpfte in meine Stelzen. Es waren die einzigen Schuhe, die gerade greifbar waren.
    Alex durchquerte das Zimmer und verringerte damit den Sicherheitsabstand auf Null. Er schob mich auf die Couch hinunter und setzte sich auf mich. Er hatte zugenommen. Ich versuchte, ihn wegzuschieben, aber ohne Erfolg. Ich hatte vergessen, wie stark er war. »Wovor hast du Angst?« fragte er.
    »Wie kommst du auf die Idee, ich könnte Angst haben?«
    »Du machst gerade das O-Gesicht.« Meine Augen und mein Mund werden rund, wenn ich nervös werde. Es ist meine Art, auf die Dinge zu reagieren.
    Ich knurrte: »Wie kannst du es wagen, zu glauben, du würdest mich so gut kennen?«
    »Ich wage es.«
    »Dann weißt du auch, wie wütend ich jetzt bin.«
    »Auf mich?« Ich nickte lebhaft. »Ich bin doch auf deiner Seite.«
    »Strom weiß jetzt, daß wir miteinander arbeiten.«
    »Ist das ein Problem?«
    »Also zum einen, Loverboy, bist du eine Verdachtsperson.«
    »Und du nicht? Die neue Freundin des Mannes, der dein Herz gebrochen hat, ist tot?«
    »Das ist lächerlich.«
    »Nicht lächerlicher, als daß ich sie umgebracht haben soll.«
    »Ich bezweifle, daß Strom das auch so sieht.«
    Eine Stimme vom Flur sagte: »Er kümmert sich einen Scheiß um euch beide. Er will nur sein Geld wiederhaben.«
    Es war Crutch, die aufgestanden war. Der Stuhlknall mußte sie geweckt haben. Ich hatte sie in der ganzen Aufregung vergessen. Alex sprang von meinem Schoß herunter. Er hatte auch vergessen, daß wir nicht allein waren.
    Er sagte etwas zu laut: »Ich hoffe, ihr beiden Wildkatzen habt euch wieder vertragen.« Sie gähnte. Ich beobachtete, wie seine Augen eine Rundfahrt auf Crutch in meinem roten Einteiler unternahmen. Er hatte ihn schon mal an mir gesehen und konnte jetzt nicht verbergen, daß er den Unterschied unserer Figuren sehr wohl registrierte. Zum überhaupt ersten Mal spürte ich eine erdrückende Abneigung gegen Alex. Nicht aus irgendwelcher irrationaler Eifersucht heraus. Es hatte mit seiner Begutachtung einer sparsam bekleideten weiblichen Form zu tun — meiner oder Flushs oder Crutchs: eine Inspizierung, die mit einem Blitz des Abwinkens oder des Akzeptierens endete. Er schien Crutch abzulehnen. Sie war ihm eindeutig zu alt.
    Ich sagte: »Crutch, geh wieder zu Bett.«
    »Ist mit Crip alles in Ordnung?« fragte sie, und ich fragte mich, ob sie das wirklich interessierte.
    Alex sagte: »Es geht ihm gut. Mach dir keine Sorgen.« Der Mann übernahm mal wieder die Kontrolle.
    »Ich muß gehen. Alex, bleib hier und paß auf Crutch auf.«
    »Ich brauche keinen Bewacher«, insistierte sie.
    »Ich habe ein schleichendes Gefühl, daß du doch einen brauchst. Sorry. Ich will dich damit nicht beunruhigen.«
    Alex fragte: »Wohin gehst du?«
    »Weg.«
    »Ich komme mit. Crutch kann rauf zu Santina gehen.«
    »Santina steht nicht auf unserer Lohnliste, und ich würde lieber einen Badeanzug einkaufen gehen, als zusammen mit dir in eine Taxe zu steigen.«
    Alex runzelte die Stirn — vorgetäuschte Besorgnis. Ich spürte eine Welle des Abscheus. Ich sagte: »Warum versuchst du nicht ein einziges Mal, mir zu helfen, anstatt mir dauernd weh zu tun?«
    »Es ist deine Show«, sagte er kalt. Crutch gähnte, streckte sich und ging zurück in mein Schlafzimmer. Alex sah ihr zu, wie sie ging. Die Hinterklappe klaffte auf, und man sah ihren Hintern. Wir waren wieder allein, und Alex kam langsam auf mich zu — ich konnte erkennen, daß er mir etwas sagen wollte, von dem er dachte, daß es wichtig sei.
    Diese Chance gab ich ihm nicht. »Ich ruf dich an«, sagte ich und machte die Biege.
    Ich weinte im Taxi. Keine Wimperntusche lief. Ich trage sie nie; ich bin keine Wimperntuschenfrau. Meine Tränen waren mehr durch die Frustration verursacht als durch irgend etwas anderes. Das Alex-und-Strom-Vernichtungsteam verwüstete mein Herz, und es fiel mir auf, daß ich einen Freund brauchte. Eine Freundin vielmehr. Jemanden, der mich nicht aufs Kreuz legte oder reinlegte. Santina war prima, aber sie bemutterte einen zu sehr. Ich brauchte jemanden, der schwesterlicher war. Ich fragte mich, wie man es in dieser kaltherzigen Stadt anfing, Menschen kennenzulernen. Herzschmerz-Hauptstadt der Welt. Ich versuchte, über den Fall nachzudenken. Ich

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