Und jeder tötet, was er liebt
Fred tauschten amüsierte Blicke.
„Guter Mann, was glauben Sie, wie unser Dienstplan für die nächsten Tage aussieht. In dieser Woche wird das nichts mehr.“
„Deshalb hat uns der Chef ja auch jetzt noch losgejagt“, übernahm Olaf Maas, „obwohl wir schon Feierabend haben. Er meinte, Sie als Gewerbekunden verdienten eine bevorzugte Behandlung – aber Sie sind der Boss.“
„Mir hat niemand etwas gemeldet. Ich weiß ja überhaupt nicht, wo Sie hin müssen.“
„Ins Büro von einer Frau Schulte.“
Warum hatte die Chefsekretärin nichts von einer Reparatur erwähnt? Sie war sonst sehr gewissenhaft. Der Pförtner unternahm einen letzten Versuch, die Entscheidung auf jemand anderen abzuwälzen, und wählte Frau Schultes Privatnummer. Er ließ es lange vergeblich klingeln und kratzte sich am Kopf.
„Gut“, meinte er schließlich, „ich zeige Ihnen den Weg.“
Nacheinander betraten sie das Büro der Sekretärin und sahen sich um. Fred Brohne hatte den Hauptstecker am Schreibtisch ausgemacht und zog ihn nun in einem unbeobachteten Moment heraus.
„Ist doch gar nichts kaputt“, sagte der Pförtner, als er das Deckenlicht einschaltete.
„Lassen Sie es uns hier versuchen.“
Olaf Maas betätigte den Knopf für die Schreibtischlampe, sie blieb dunkel. „Aha, da haben wir es.“ Er schaltete den Drucker und das Faxgerät ein, nichts geschah. Fred Brohne öffnete den Servicekoffer. „Dann wollen wir mal.“
„Gut, ich gehe wieder nach unten. Wenn Sie mich brauchen, wählen Sie die Eins.“
Erleichtert zog der Pförtner von dannen.
Das Büro von Alfons Lüdersen lag nur durch eine Wand getrennt direkt hinter dem Vorzimmer der Sekretärin. Leise öffneten sie die Tür. Fred blieb im Eingang stehen, während sich Olaf Maas auf die Suche machte. In einem Wandschrank entdeckte er einen Safe.
„Pst“, winkte er Fred Brohne herbei.
„Ein nagelneuer Safe, dazu brauchen wir schweres Gerät. Wird uns nichts übrig bleiben, als noch einmal wiederzukommen. Wir warten draußen, bis der Wachdienst da ist. Dann können wir gleich auskundschaften, wie die arbeiten. Lass uns verschwinden.“
„Moment noch.“ Olaf Maas wendete sich dem Arbeitstisch von Lüdersen zu. Eine der drei Schreibtischschubladen war verschlossen.
„Kannst du die aufmachen?“
„Nichts leichter als das.“ Mit geübtem Griff öffnete Fred Brohne die Schublade. „Aber wir müssen uns beeilen, der Pförtner könnte jeden Augenblick zurückkommen.“
In dem Fach befand sich ein Schlüsselbund mit einer Vielzahl unterschiedlicher Schlüssel, einige Papiere und der Terminkalender von Alfons Lüdersen. Olaf schlug die laufende Woche auf. Unter dem heutigen Datum stand eine unterstrichene Notiz, die ihn sehr interessierte: „Unterlagen (E.) zur Bank bringen.“ E. wie Esther? Olaf Maas blätterte in den Papieren. Auf einem losen Zettel war eine Telefonnummer und eine weitere Zahlenreihe aufgeschrieben worden, die nach einer Kontonummer aussah. Außerdem drei DIN-A4-Blätter mit irgendwelchen Kostenaufstellungen.
„Olli, mach hin!“
„Ja, gleich.“ Er blätterte die anderen Zettel durch und stutzte, als er auf eine ihm gut bekannte Handschrift stieß.
„Lieber Alfons“, stand da und es gab keinen Zweifel: Diesen Brief hatte Esther geschrieben. Olaf Maas schaltete das Faxgerät ein, kopierte den Brief, das Blatt mit der Telefonnummer und die anderen Zettel mit den Zahlen, dann schob er die Unterlagen wieder ordentlich ins Fach zurück und schloss die Schreibtischschublade. Das Schloss war nur leicht beschädigt, mit etwas Glück würde Lüdersen nicht einmal merken, dass er Besuch gehabt hatte.
Am Abend hatte Olaf Maas es sich auf seinem Sofa gemütlich gemacht. Er steckte sich eine Zigarette an und begann zu lesen.
Lieber Alfons,
ich habe dich in den vergangenen Wochen mehrfach auf die Zahlen für das letzte Geschäftsjahr angesprochen. Leider hast du bisher keine Zeit gefunden, mit mir darüber zu sprechen, doch für mich ist es sehr wichtig, ich muss mir einen Überblick verschaffen. Du weißt, ich habe Pläne und dafür brauche ich Geld. Aus der Aufstellung, die du mir gegeben hast, geht hervor, dass wir im letzten Jahr weniger Gewinn erwirtschaftet haben als die Jahre zuvor. Wie ist das möglich, Alfons? Allein der Neubau des Stadions muss sich doch positiv auf unsere Geschäftslage ausgewirkt haben. Ich will für den Aufbau der Stiftung keine Sachwerte beleihen oder etwas verkaufen. Also lass uns reden, sag mir
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