Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
Vom Netzwerk:
herausschinden und euch damit aus dem Staub machen?“
    „Nein, Genosse Major, bestimmt nicht!“
    „Wie auch immer, seit diesem Vorfall wird die Organisation vor Ort von der Polizei überwacht. Wir können uns nicht mehr frei bewegen in der Stadt. Unser Kontaktmann in Deutschland musste sich euretwegen absetzen, er hat zum letzten Mal Geschäfte mit uns gemacht. Mir bleibt keine andere Wahl, als dich zu bestrafen, doch du darfst dich weiter zu uns zugehörig fühlen. Wir werden sehen, wozu du noch zu gebrauchen bist, wenn Mitja mit dir fertig ist. Tut mir leid, mein Junge, aber so läuft das Spiel.“
    Weber füllte Wasser in seine Sprühflasche, gab noch ein paar Tropfen einer grünen Substanz dazu und schüttelte das Ganze kräftig durch, bevor er nun mit seinem Nebelritual fortfuhr.
    „Sie haben doch nach der Beisetzung von Esther Lüdersen auch noch mit einigen Trauergästen gesprochen, Anna.“
    Er drehte das fleischblättrige Ungetüm auf der Fensterbank zur Sonne.
    „War jemand darunter, der eine enge Beziehung zu Esther hatte?“
    „Kam mir nicht so vor. Ich glaube, außer ein paar ehrenamtlichen Mitarbeitern von der Obdachloseninitiative sind die meisten Leute nur wegen Alfons Lüdersen gekommen.“
    „Ist das Adressbuch der Frau inzwischen aufgetaucht?“
    „Ihr Mann hat es noch nicht gefunden.“
    Anna überlegte, wie sie Weber sagen sollte, was sie auf dem Herzen hatte. Am besten war immer noch, direkt damit herauszurücken.
    „Tom liegt mir mit einem verlängerten Wochenende in den Ohren. Meinen Sie, ich könnte am Freitag freinehmen?“
    „Ich denke, das lässt sich machen.“
    „Und wenn sich etwas Neues ergibt? Dann stehen Sie mit der ganzen Arbeit allein da.“
    Weber sah Anna prüfend an.
    „Wo soll es überhaupt hingehen?“
    „Nach Dänemark, in die Nähe vom Ringköbing Fjord. Liegt direkt an der Nordsee, schöne Gegend.“
    Anna hatte plötzlich den salzigen Geruch des Meeres in der Nase. Sie spürte den feinen Sand zwischen ihren Zehen und sah die scheinbar unendliche Weite des Strandes vor sich. Unter anderen Umständen hätte sie sich wirklich gefreut.
    Olaf Maas nahm den Telefonhörer in die Hand und wählte. Vor ihm lag die Kopie des Zettels, der Alfons Lüdersen wichtig genug gewesen war, um ihn in seinem Schreibtisch einzuschließen. Er trommelte mit den Fingerspitzen auf die Tischkante, als sich nach dem vierten Läuten endlich eine Frau mit einem Schweizer Akzent meldete.
    „Guten Tag, Sie sprechen mit Monika Ziegler von der Zürcher Nationalbank. Womit kann ich Ihnen behilflich sein?“
    Er legte auf. Gedankenversunken traktierte er die Fingernägel seiner rechten Hand mit den Zähnen. Dann wählte Olaf Maas die Nummer noch einmal.
    „Torsten Lüdersen, guten Tag, es geht um das Konto meines Vaters Alfons Lüdersen.“ Er versuchte wie der wohlerzogene Sohn eines reichen Geschäftsmannes zu klingen. „Er hat mir aufgetragen, das Geld, welches sich auf dem Konto mit der Nummer 450 763 89 befindet, abzuheben. Er liegt zurzeit nach einem Autounfall im Krankenhaus, seit dem plötzlichen Tod meiner Mutter ist er nicht mehr er selbst.“ Olaf Maas machte eine dramatische Pause. „Können Sie mir sagen, um welche Summe es sich handelt? Ich überlege, einen Begleitschutz zu engagieren, wenn es sehr viel Geld ist.“
    Die Frau schwieg.
    „Hallo?“
    „Es tut mir leid, wir dürfen am Telefon grundsätzlich keine Auskünfte erteilen. Sollte Ihr Vater ein Konto bei uns unterhalten, suchen Sie uns bitte mit einer notariell beglaubigten Vollmacht auf, und wir werden sehen, was wir für Sie tun können.“
    „Ich kann hier im Moment unmöglich weg. Ich bitte Sie doch wirklich nur um eine unerhebliche Auskunft.“
    „Das mögen Sie so sehen, aber ich bedaure, Herr Lüdersen. Ihr persönliches Erscheinen ist unumgänglich.“
    „Aber es ist doch richtig, dass mein Vater ein Konto bei Ihnen besitzt, oder?“
    „Auch dazu darf ich keine Auskunft geben. Sie sollten noch einmal bei ihm nachfragen.“
    „Mein Vater ist seit gestern nicht mehr ansprechbar.“
    „Ich kann Ihnen in dieser Angelegenheit nicht weiterhelfen.“ Die Frau klang mittlerweile etwas entnervt. „Ich habe ein Gespräch auf der anderen Leitung ...“ Sie legte auf.
    „Der Lüdersen hat ein Konto in dem Verein, das ist mal sicher.“
    Olaf Maas starrte auf seine abgebissenen Fingernägel und steckte die Hand in seine Hosentasche.
    Tom und Anna Greve saßen vor dem Kamin in Christensens Haus am Ringköbing Fjord.

Weitere Kostenlose Bücher