Und jeder tötet, was er liebt
ein, was die Polizisten bisher über das Leben von George Raimov in Erfahrung gebracht hatten. Was allerdings nach wie vor niemand wusste: Wer stand hinter dem Verbrechen an Esther Lüdersen? Wer hatte diesen Mord in Auftrag gegeben? Anna nahm Weber den Filzstift aus der Hand und schrieb den Namen Alfons Lüdersen in das Zentrum der Tafel. Er war und blieb für sie der Hauptverdächtige. Langsam entwickelte sie eine geradezu manische Besessenheit, ihn zur Strecke bringen zu wollen.
„Was haben wir sonst noch?“, meldete sich Günther Sibelius zu Wort.
Weber malte nun ein großes Fragezeichen direkt neben Alfons Lüdersens Namen, so weit wie möglich in das Zentrum der Tafel.
„Was soll das? Habe ich mich verschrieben?“
„Jemand muss den Mord an Esther Lüdersen beauftragt haben, aber ich glaube nicht, dass ihr Ehemann dahintersteckt. Für diese unbekannte Person steht das Fragezeichen.“
Olaf Maas war das nächste Opfer. Günther Sibelius zeichnete einen Pfeil zu Alfons Lüdersen, weil Maas etwas von ihm gewusst, ihn möglicherweise auch erpresst hatte. Umgekehrt markierte Anna einen Pfeil zurück, denn auch für diesen Mord konnte Lüdersen nach ihrer Überzeugung die Verantwortung tragen. Dann zog sie noch einen Verbindungsstrich von Olaf Maas zu Esther Lüdersen, schließlich wäre er ohne seine Bekanntschaft mit ihr wohl kaum ermordet worden.
„Ich habe das Gefühl, Ulrike Homberg sagt nicht die Wahrheit, aber warum? Bin gespannt, wie Sie beide diese Frau beurteilen werden.“
Zwischen den Eintrag „Mafia“ und den Namen von Alfons Lüdersen schrieb Anna nun „Holger Maiwald“.
„Er ist das Bindeglied gewesen, der Vermittler.“
Lukas Weber notierte unter den Namen von George Raimov die Worte: „weiterer Täter und Entführer Esther Lüdersens – Identität unbekannt“.
„Eigentlich ist es auch nicht so wichtig, seinen Namen zu kennen. Wahrscheinlich ist er ein ebenso kleines Licht wie Raimov gewesen. Bei den ersten Problemen wird er liquidiert werden wie sein Kollege, vielleicht ist das sogar bereits geschehen. Bleibt festzuhalten, dass es sich bei dem Verbrechen an Esther Lüdersen um einen Auftragsmord handelte und, wie Maiwald aussagte, der Auftrag dazu aus unserer Stadt gekommen ist.“
Webers Vortrag wurde durch den Straßenlärm fast übertönt. Er ging zum Fenster, um es zu schließen. Unten auf der Straße vor ihrem Haus wälzte sich wieder einmal die Blechlawine des allmorgendlichen Berufsverkehrs.
„Der Nächste auf meiner Liste ist Udo Lanz.“ Günther Sibelius schrieb den Namen unten an die Tafel.
„Des Mordes verdächtig?“
Weber überlegte, ob er Wesentliches in Bezug auf den Sportverein verpasst hatte.
„Wir werden ihn des Betruges überführen, und es könnte sein, dass er sich Alfons Lüdersen durch die Entführung seiner Frau gefügig machen wollte. Dieser Mord könnte ein Versehen gewesen sein, Sie selbst haben diesen Gedanken vorhin ausgeführt. Lanz hat sich mit den falschen Leuten eingelassen, und so ist ihm die Sache aus den Händen geglitten.“ Er schaute sich die Namen an und sagte: „Ich glaube, das war’s. Oder fehlt sonst noch jemand?“
„Ja.“ Nun schrieb Anna „Martin Kuhn“, den Namen ihres Dienststellenleiters, an die Tafel. „Ich glaube, dass Kuhn auf irgendeine Weise mit unserem Hauptverdächtigen wie auch mit Udo Lanz verstrickt sein könnte.“
„Wohlgemerkt Ihres Hauptverdächtigen, Frau Greve“, widersprach Weber kopfschüttelnd. „Spekulationen sind keine ausreichende Beweisgrundlage für eine Mordanklage.“
„Wer außer Lüdersen hatte ein ernst zu nehmendes Motiv, Kollege? Sie wollen doch sicher nicht wieder den alten Reimers ins Feld führen, oder?“
„Vielleicht sollten wir noch einmal ganz von vorn beginnen.“
Lukas Weber ließ sich von Annas entnervtem Aufstöhnen nicht irritieren. „Ich glaube, wir haben die Fragmente dieses Falles an irgendeiner Stelle falsch zusammengefügt. Vielleicht müssen wir den Täter ganz woanders suchen. Zum Beispiel im Umfeld von Esther Lüdersen, aber dafür müssten wir es überhaupt erst einmal kennen.“
„Tja, da scheint nicht viel gewesen zu sein. Wir haben das Adressbuch von Frau Lüdersen durchforstet“, übernahm Günther Sibelius, „und sind nur auf zwei Frauen gestoßen. Die eine ist eine Bekannte aus der Schulzeit. Diese Beziehung allerdings eine Freundschaft zu nennen, würde nach deren eigenen Angaben zu weit führen.“
Sibelius berichtete, dass die Frauen
Weitere Kostenlose Bücher