Und Jimmy ging zum Regenbogen
hatte Nora für die Heimfahrt benötigt.
Die Tür zum Wohnzimmer mit dem breiten Kamin, in welchem ein fröhliches Feuer brannte, öffnete sich. Chauffeur Albert Carlson trat ein. Elektrisches Licht brannte bereits und ließ Carlsons hageres, hungrig wirkendes Gesicht mit den stechenden Augen und den zusammengewachsenen Brauen fahl und gespenstisch wie einen Totenschädel erscheinen.
»Ah, Carlson. Was gibt’s?« Nora warf ihren Mantel über einen Sessel.
Der Chauffeur trug Zivil. Er starrte sie schweigend an.
»Carlson! Was wollen Sie?«
»Dich«, sagte er heiser.
Sie sah ihn gleichmütig an.
»Haben Sie den Verstand verloren? Scheren Sie sich raus! Los!«
»Aber ich denke doch nicht daran«, sagte Carlson, näherkommend. Nora hatte schnelle Reaktionen. Sie fuhr herum und griff nach einem Telefonhörer. Ehe sie abheben konnte, hatte er ihr auf die Hand geschlagen.
»Das läßt du sein, kapiert?«
»Ich wollte …«
»Die Torwache beim Parkeingang anrufen, ja.«
»Nein, Konrad.« Konrad war der Diener.
»Der ist nicht da, Puppe.« Er stand jetzt dicht neben ihr. Sie wollte zurückweichen, doch er hielt eisern ihre Hand fest. »Es ist überhaupt niemand da. Das ganze Personal hat Ausgang bis Mitternacht. Der Chef kommt erst spät. Ich soll ihn abholen um neun. Nur die Torwache ist da – und das Tor ist weit weg. Wir haben Zeit genug … Kein Mensch ist im Haus … nur wir zwei …«
Seine Augen hatten einen glasigen Ausdruck.
Nora war immer weiter vor ihm zurückgewichen. Jetzt stieß sie gegen eine Wand. Er legte eine Hand auf ihre Brust.
»Lassen Sie das, oder ich schreie!«
»Schrei doch.« Carlson grinste. »Schrei doch, du Hure! So laut du willst! Hört dich kein Mensch bis zum Parktor.«
»Nehmen Sie die Hand weg!«
Als Antwort riß er das Oberteil des braunen Jackenkleides auf. Nur ein schwarzes Seidenhemd bedeckte noch Noras Brüste. Sie zeichneten sich deutlich durch den dünnen Stoff ab.
»Das ist ja eine Wucht!« Er streichelte und kniff beide Brüste über der schwarzen Seide. »Warum immer nur für den Chef? Warum nicht auch für mich?« Er preßte seinen Körper gegen den ihren, sie fühlte seine Erregung.
»Sie … Sie … ich werde das Herrn Flemming erzählen …«
»Einen Dreck wirst du erzählen, du Nutte. Weißt du noch, wie du diese Steinfeld zum erstenmal getroffen hast? In der Buchhandlung, dann in der Stephanskirche?« Er fuhr dauernd mit einer Hand über ihre Brüste, mit der anderen hielt er ihren Arm fest. Sie erstarrte vor Schrecken.
»Kannst dich noch genau erinnern, was?«
»Keine Ahnung …«
»Keine Ahnung, sagt sie! Hast mich also wirklich nicht gesehen?«
»Sie waren das? Das war nicht nur …« Nora biß sich auf die Lippe.
»Einbildung von diesem Buchhändler, wolltest du sagen, wie?« Er lachte, und wieder traf sie sein Atem. »Jetzt hast du dich aber schön verquatscht. Nein, das war keine Einbildung! Den blauen Mantel und den Homburg habe ich immer getragen, wenn ich hinter dir her war …« Er kniff eine Brustwarze.
Sie schrie leise auf.
»Immer?«
»Immer, ja«, sagte Carlson. »Seit einem Jahr.«
»Aber warum?«
»Weil ich dich ficken will. Halt bloß das Maul, ja? Damals wußte ich noch nicht genug. Inzwischen habe ich mich erkundigt über diese Steinfeld. Bin auch ihr nach. Zu einem Anwalt namens Forster. Aufs Amtsgericht in Währing. Da habe ich dämlich getan und ein paar Fragen gestellt. Führt einen Prozeß, die Dame. Abstammung von ihrem Balg. Daß das kein Halbjud ist. Der Steinfeld, ihr Mann, ist nämlich ein Jud. Sitzt in England.«
»Das ist nicht wahr!«
»Klar ist es wahr. Habe meine Freunde. Hier und dort. Auch im Justizpalast. Und wo warst du heute? Im Prater! Wieder mit der Steinfeld. Allein im Waggon wart ihr, und gequatscht habt ihr, die ganze Zeit …«
»Das ist doch Irrsinn!«
»Gar kein Irrsinn. Du bist dauernd in Lissabon. Dorthin kann er Nachrichten kommen lassen, der Jud. Die kriegst du. Gibst sie hier in Wien weiter. Der Rückweg ist derselbe. Hat mich eine Weile gekostet, bis ich das alles zusammen hatte. Jetzt ist es soweit. Zieh dich aus.«
»Was … was?«
»Los! Genug gequatscht! Ich will dich jetzt haben. Ich muß dich haben. Ich bin verrückt nach dir. Seit dem ersten Tag. Du, du hast mich behandelt wie Dreck, als wäre ich überhaupt kein Mann …«
»Das ist nicht wahr!«
»… aber jetzt sieht alles anders aus. Ich halte auch das Maul, wenn du mich drüber läßt. Sonst erzähle ich dem
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