Und Jimmy ging zum Regenbogen
der Tresorwand ein Dreiviertelkreis aus Silber angebracht. Das Viertel links oben fehlte. In das silberne Band waren Zahlen eingraviert. Die erste Zahl lautete 00. Dann folgten neun eingeritzte Striche und danach die Zahl 10. Das ging so weiter rund um den Konus bis zu der Zahl 90. Sie befand sich am Ende des Dreiviertelkreises. Der Konus besaß einen aufgemalten kurzen schwarzen Strich. Er befand sich ganz oben am Rande des Knopfes.
»Nullnull, zehn, zwanzig, dreißig und so weiter sind die Einrastpunkte für die Zahlen null, eins, zwei, drei und so weiter«, hatte der Professor erklärt. »Der Konus läßt sich nach rechts und nach links drehen, normal und um etwa fünf Millimeter herausgezogen. Die siebenstellige Kombination ist nun in unregelmäßiger Folge zusammengesetzt aus Zahlen, die man durch Rechtsdrehen, Linksdrehen, normales Drehen oder gezogenes Drehen des Konus einrasten lassen muß. Kommt man dabei nur einen einzigen Strich über die Zahlenmarke hinaus, dann sperrt sich augenblicklich das Gesamtsystem, und alle Arbeit war umsonst.«
»Was macht man dann?« hatte Mercier gefragt.
»Dann muß man die Sperre wieder lösen.«
»Wie?«
»Indem man alle Bewegungen nach rechts und nach links, normal oder gezogen, die man ausgeführt hat, umgekehrt vornimmt, bis das Schloß im Leerlauf steht.«
»Das bedeutet, man muß sich jede einzelne Drehung genau merken!«
»Darum ist es nötig, sich dauernd Notizen zu machen. Harmlos, wenn man gleich zu Beginn einen Fehler begeht. Aber bei der sechsten oder der siebenten Zahl bedeutet das schon arges Pech.«
»O Gott.«
»Sagen Sie noch nicht zu früh o Gott! Das ist erst der Anfang. Hat man tatsächlich endlich die ganze siebenstellige Kombination, dann öffnen sich nur die kleinen Türchen an der Tresorwand, sie lassen sich beiseiteschwenken …«
Je ein solches Türchen aus Stahl, einen Zentimeter hoch, drei Zentimeter breit und acht Zentimeter lang, befand sich über dem Konus und unter dem chromblitzenden Steuerrad.
»Hinter diesen Türchen erblicken wir dann zweimal zwei Öffnungen, die in den Tresor hineinführen. In je einer Öffnung steckt ein Arretierschlüssel – zwanzig Zentimeter lang etwa. Diese Arretierschlüssel lassen sich, wenn die Kombination eingestellt ist, herausziehen. Nun muß man den Tresor oben und unten aber auch noch aufsperren, die beiden Schlösser oben und unten öffnen.«
»Wie?«
»Das werden Sie schon sehen«, hatte der Professor gesagt. »Sind auch sie entsichert,
dann
erst kann man das Steuerrad bewegen! Durch eine Drehung heben sich armdicke Stahlbolzen, die in der Decke, in der Seite und im Boden der Tresorwand stecken, aus ihren Vertiefungen und gleiten in die Panzerplatte zurück. Danach zieht man an dem Steuerrad, und der Tresor öffnet sich.«
»Und Sie glauben … Ich meine … Das trauen Sie sich wirklich zu?«
Anton Sirus hatte Mercier nur stumm angesehen ..
Nun steckte er sich die geschwungenen Bügel des Stethoskops in beide Ohren und preßte den Gummipfropf am Ende des langen roten Schlauches dicht neben den Konus und den Zahlenkreis. Er sagte dabei: »Von jetzt an muß ich um absolute Ruhe bitten.«
Mercier saß reglos. Er wagte kaum zu atmen.
Durch das Stethoskop, dachte er, hört der Professor nun, viele Male verstärkt, wie ein Arzt, der das Herz oder die Lunge eines Patienten untersucht, alle Geräusche in der Tresorwand, besonders bei dem Kombinationsschloß. Dem Einrasten gehen gewiß solche Geräusche voraus. Sirus kennt die Bedeutung jedes einzelnen. Er weiß, wann er auf dem rechten Weg ist, wann Gefahr droht, wann er weiterdrehen kann, wann er schnellstens zurückdrehen muß. Mercier starrte zu dem Professor hinüber.
Dessen edle, schlanke Finger hatten begonnen, den Konus zu bewegen, Millimeter um Millimeter gezogen, normal, stockend, pausierend, vor und zurück, je nach den Geräuschen zweifellos, die er über das Stethoskop empfing, Mercier fühlte, wie seine Hände feucht wurden. Der Professor arbeitete methodisch. Er hatte zuerst den Konus nach rechts gedreht, also zur 10 und endlich bis zur 20. Nun drehte er nach links, zur 90 und zur 80. Immer wieder zögerte er, immer wieder korrigierte er. Um Bruchteile von Millimetern bewegte der Konus sich unter seinen Fingern.
Ich hoffe, ich halte das durch, dachte Mercier.
Der Professor arbeitete ohne Anzeichen von Nervosität. Nach 26 Minuten drehte er sich plötzlich um und nahm die Bügel des Stethoskops aus den Ohren.
»Eingerastet«,
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