Und Jimmy ging zum Regenbogen
ein Dutzend Gestaposchweine beschwört!
Sie kommen doch immer in Paaren! Wo ist der andere? Wo? Ich erledige auch ihn noch. Und ich war nie hier, Schluß! Ob Flemming mir glaubt oder nicht, ist egal. Er wird mich auf alle Fälle schützen, denn er ist geil auf mich, Gott sei Dank so geil, daß er mich nicht verlieren möchte, um nichts in der Welt. Ich habe mir schon immer die richtigen Herren ausgesucht in diesem Dritten Reich. Sollte Herr Landau unschuldig sein und der Gestapokerl (oder die Gestapokerle, mein Gott!) mich verfolgt haben und heimlich durch einen Hintereingang in den Laden gekommen sein, dann ist das Pech für die Steinfeld und Herrn Landau. Ich könnte ihnen dann nicht helfen, und ich würde ihnen nicht helfen.
Das alles dachte Nora Hill, während sie ihren letzten Satz sprach. Sie öffnete dabei ihre Krokodilledertasche und entnahm ihr Jacks Pistole. Valerie Steinfeld sah sie entsetzt an, aber sie sagte kein Wort. Alles, was geschah, geschah viele Male schneller, als man es berichten kann. Die Pistole, die Jack Cardiff Nora mitgab, war eine automatische Smith & Wesson, Baujahr 1940, Kaliber 6.35. Nora fühlte sich plötzlich unendlich froh darüber, daß Jack ihr die Waffe praktisch aufgezwungen hatte. Diese Pistole sollte sie Flemming zeigen, ja, und nun mußte sie es sogar tun! Denn sie brachte nicht nur falsche Nachrichten, wie schon seit langem, sondern auch die frohe, wenn auch erlogene Botschaft, daß vermutlich ein britischer Agent mit ihr in Verbindung treten werde. Das hatte sich Jack Cardiff ausgedacht. Zu meinem Schutz, dachte Nora, die Pistole am Lauf packend, weil er mich liebt und so besorgt um mich ist.
»Du begibst dich zusätzlich in Gefahr mit dieser Mission«, hatte Jack gesagt, »und dann wollte ich schon längst, daß du eine Pistole in Deutschland hast.«
Die Walther, die man Nora jedesmal zur Verfügung stellte, wenn sie in Lissabon ankam, mußte sie vor dem Abflug (Munition war gezählt) beim Militärattaché der deutschen Botschaft wieder abliefern. Die Nazis wünschten nicht, daß außer ihnen Menschen mit Pistolen in Deutschland herumliefen.
Jack Cardiff hatte eine Lösung gefunden.
»Flemming erzählst du, der Agent sei ein Verräter, der ein britisches Netz auffliegen lassen will. Er wird dich irgendwann, an einem bestimmten Wochentag, in einem bestimmten Restaurant oder Café ansprechen. Suche dir Tag und Ort aus. Der Mann wird ein Erkennungszeichen verlangen. Und selber eines vorweisen. Dieselbe Waffe, dasselbe Kaliber, dasselbe Baujahr, die gleiche Seriennummer im Einschlagstempel und ein volles Magazin. Er wird freilich nie auftauchen, dieser Mann. Aber so hast du das Recht und sogar die Pflicht, in Deutschland eine Waffe bei dir zu tragen – ständig!«
Ich werde den Kerl da vor dem Durchbruch natürlich nicht erschießen, dachte Nora Hill. Nur niederschlagen. Mit der flachen Seite des Griffs. So wird man später nie beweisen können, daß meine Pistole das Werkzeug war.
Damit duckte sie sich und sprang vor. Valerie hatte das Licht draußen abgedreht, als sie in den kleinen Raum getreten waren. Infolgedessen konnte Nora nun kaum etwas erkennen – nur einen hellen Fleck, das Gesicht dieses Kerls.
Der weiße Fleck war das einzige, was Nora einen Anhalt bot. Sie ließ die Hand, die den Lauf von Jack Cardiffs Pistole hielt, vorsausen und schlug so fest zu, wie sie nur konnte, oben und seitlich. Sie wollte eine Stirnseite treffen. Die Stirnseiten waren das sicherste, das hatte sie schon zweimal festgestellt. Jetzt stellte sie es zum drittenmal fest. Der weiße Fleck rutschte weg. Etwas gurgelte. Stürzte. Der Kerl. Jemand schrie auf. Valerie Steinfeld. Danach war es totenstill.
Nora Hill rannte los, durch den Gang raste sie in den Verkaufsraum hinaus, die Pistole dabei noch in der Hand, eines zweiten Gegners gewärtig. Sie rannte so schnell, daß sie gegen den alten Bären beim Eingang stieß. Er schwankte. Nora Hill hatte die Tür erreicht und riß die Klinke herunter. Die Tür ließ sich nicht öffnen, so sehr Nora Hill an ihr rüttelte. Die Tür war versperrt.
37
»Was ist los, Georg? Ich habe gesagt, daß ich nicht gestört werden darf!« Nora Hill hatte sich wütend im Sessel aufgerichtet und starrte ihren Liebhaber an, der nach kurzem Klopfen das Wohnzimmer des Appartements betreten und Noras Erzählung jäh unterbrochen hatte. Auch Manuel war hochgefahren.
Nora Hills Diener, Vertrauter und Vertreter drehte verlegen an einem Knopf seiner
Weitere Kostenlose Bücher