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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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sowieso gemacht, er ist ja kein Idiot. Er wollte nur nicht mit der Tür ins Haus fallen, erst mal Vertrauen aufbauen. Sofort nach Elias zu fragen, hat das letzte Mal nicht funktioniert.
    »Du bist nicht der Typ, der Kindern etwas antut, oder, Robert?«, fragt Lorenzo jetzt vorsichtig.
    »Nein, natürlich nicht.« Robert Barsch klingt empört. Könnte allerdings gespielt sein. Der Kommissar hält jetzt ein Schild mit dem Wort SOCKE hoch. Ja, ja, schon klar. Maja hat ihm davon erzählt.
    »Was ist mit der blutigen Socke, die die Polizei gefunden hat?«, versucht Lorenzo vorsichtig zu bohren. Doch Robert lacht nur.
    Was soll das heißen? Dass es für ihn eine Lappalie ist, dass Elias verletzt ist? Oder dass die Socke keine Bedeutung hat? Statt zu antworten, fragt der Kerl etwas zurück. »Hat sich’s eigentlich gelohnt – ist es schön mit Maja?«
    Gelohnt. Damit meint er wohl, dass sie die neue Identität aufs Spiel gesetzt haben, um sich zu treffen. Lorenzo spürt, wie sein Gesicht noch heißer wird.
    »Was denkst du denn?«, schießt er instinktiv zurück. »Glaubst du, Maja hat gerade auch nur eine Minute Zeit für mich? Hier haben doch alle nur eins im Kopf, nämlich wie sie Elias zurückkriegen.«
    Wieder lacht Robert Barsch, diesmal klingt es fast mitfühlend. »Kann ich mir vorstellen«, sagt er. »Das war bei mir früher auch so. Die Mädels hatten leider alles Mögliche im Kopf, nicht nur mich. Nicht so toll, was?«
    Ist der Typ wirklich so locker oder tut er nur so?
    »Wir hätten gerne einen Tipp, was wir tun sollen, um Elias zurückzubekommen.« Lorenzo bleibt hartnäckig und Majas Mutter starrt ihn mit fiebrigem Blick an. Um sich weiter konzentrieren zu können, muss Lorenzo ihr den Rücken zudrehen.
    »Aber gerne doch. Wenn ihr wollt, können wir heute Nacht die Übergabe machen. Gegen dreiundzwanzig Uhr. Geht das klar?«
    »Da werden wir vermutlich noch nicht im Bett sein«, gibt Lorenzo trocken zurück. »Wo ist denn der Treffpunkt?«
    »Das gebe ich Lila kurz vor dem Treffen telefonisch durch. Es ist wichtig, dass sie allein kommt, dann passiert dem Jungen auch nichts. Verstanden? Allein .«
    »Verstanden«, wiederholt Lorenzo gehorsam. »Allein.«
    »Und du – halt die Ohren steif, okay?«
    »Okay«, sagt Lorenzo erstaunt und fügt spontan hinzu: »Robert ... sei bitte nett zu Elias, ja? Er ist erst sieben. Er kann nichts dafür.«
    Doch es kommt keine Antwort mehr, auf einmal ist die Verbindung weg.
    »Gut gemacht«, meint der Psychologe sichtlich erleichtert, und auch der Kommissar nickt ihm anerkennend zu. Majas Augen sagen sehr deutlich Danke und sogar Majas Freundin Stella lächelt, anscheinend hat er bei ihr gerade ein paar Punkte gut gemacht.
    Ganz langsam lässt sich Lorenzo in einen der Couchsessel sinken und atmet tief durch. Jetzt erst spürt er, wie sein Herz hämmert, und er merkt, dass sein Sweatshirt durchgeschwitzt ist. Wenigstens diesmal hat er keine Scheiße gebaut.
    »Barsch fühlt sich in dieser Situation wohl, das ist klar«, sagt der Psychologe nachdenklich. »Eine Zeit lang hat er jetzt fast unbeschränkte Macht über Frau Marquart, davon hat er vermutlich schon lange geträumt.«
    Während die anderen diskutieren, begibt sich Lorenzo erst mal zum Klo. Als er wieder zum Vorschein kommt, fängt dieser Kommissar – Tellkamp – ihn ab. »Was genau hat Barsch gemeint mit diesem Schlösserknacken?«
    »Das erzähle ich Ihnen vielleicht irgendwann mal«, erwidert Lorenzo, und er kommt sogar damit durch, der Kommissar zieht nur die Augenbrauen hoch. Zum Glück gibt es gerade wichtigere Dinge. Zusammen gehen sie zurück ins Wohnzimmer der Familie Findeisen, in der die Beamtin gerade eine Aufzeichnung des Gesprächs abspielt. Lorenzo hört seine eigene Stimme und staunt darüber, wie selbstsicher er am Schluss klingt. Doch noch viel wichtiger ist die Stimme von Robert Barsch und jede Nuance ihres Klangs.
    »Hören Sie diesen Hall?«, sagt Tellkamp nachdenklich zu Lila. »Der Kerl steht nicht in einer Kleingartenhütte, das ist ein großer Raum, jede Wette.«
    »Ist da nicht irgendein Motorgeräusch?«, mischt sich Stella ein. »Er ist in der Nähe einer Straße!«
    Tellkamp nickt grimmig. »Er hat uns mehr Anhaltspunkte gegeben, als er wollte. Wir kriegen den Kerl.«
    »Aber falls nicht«, mischt sich Lila ein. »Was ist mit einer kugelsicheren Weste für mich?«
    Lange sieht der Kommissar sie an, versucht wohl zu beurteilen, wie ernst sie es meint. Dann schließlich nickt er.

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