Und keiner wird dich kennen
Olching irgendwo gefangen gehalten.«
»Gut bisher«, findet Lorenzo, und Stella fährt fort: »Meldet euch, wenn ihr irgendeine verdächtige Beobachtung macht oder den Entführer Robert Barsch seht. Bitte helft uns!«
»Kannst du posten, finde ich«, sagt Maja, auf einmal durchströmt sie wieder eine fiebrige Energie. Kann ja sein, dass das was hilft, dass sie irgendwelche Hinweise bekommen! Durch den Auftritt von HotPink & SunBurn ist sie an der Schule ziemlich bekannt geworden. Vielleicht wollen die Leute ihr und ihrem Bruder wirklich helfen. Jetzt müssen sie sich einfach überraschen lassen.
Schon nach wenigen Minuten sind Kommentare da.
Das ist unglaublich schlimm ... all meine Gedanken sind bei Finn, dir und deiner Mutter!, schreibt Ben. Ich halte die Augen offen und wünsche dir jetzt ganz viel Kraft, Alissa!
Sein Kommentar berührt Maja. Zum ersten Mal kommt ihr der Gedanke, dass nicht nur er neulich einen Fehler gemacht hat, sondern auch sie. Johanna hat ihr doch erzählt, dass seine letzte Liebe ihm das Herz gebrochen hat, das Mädel, das später in der Psychiatrie gelandet ist. War bestimmt ein Schock für ihn, damals. Wieso ist sie, Maja, nicht behutsamer mit ihm umgegangen? Sie hätte ihm wenigstens nachher mal erklären können, wie sie sich bei seinem Kuss gefühlt hat, was da schiefgegangen ist. Außerdem hätte sie unbedingt seine Hand loslassen müssen; so musste es ihm ja vorkommen, als wäre sie einverstanden, als wäre das ein Signal.
Jetzt laufen im Minutentakt weitere Nachrichten ein.
Natürlich suche ich mit, ist ja klar!!! Seid beide umarmt von eurer Jo! Das ist Johanna, wie süß von ihr.
Sogar Paloma schreibt: hab die news schon mit den anderen leuten von der freiw. feuerw. geteilt. wir unterstützen euch, halt durch, alissa!
»Paloma ist bei der Freiwilligen Feuerwehr?«, fragt Maja verdutzt.
»Schon seit Jahren«, meint Stella. »Sie sieht richtig schick aus in Schutzkleidung.«
Schon vierunddreißig Kommentare, kurz darauf vierzig.
Ob diese Aktion etwas bringen wird?
Das Flappen der Hubschrauber macht ihn nervös, doch sonst ist Robert zufrieden. Die Verhandlungen laufen bestens, und er hat es sogar geschafft, den DVD-Player provisorisch zu flicken – jetzt kann der Junge wieder nach Herzenslust Tom & Jerry schauen. Und wenn das Treffen heute Nacht klappt, dann geht es schon sehr bald in Richtung Süden! Zu blöd, dass er nicht daran gedacht hat, sich Amphetamine zu besorgen, die ihm helfen, wach zu bleiben. Könnte sonst passieren, dass er am Steuer einschläft. Muss er eben riskieren.
Gerade hat Robert sich ein Schinkenbrot gerichtet, da fangen seine Ohren ein verdächtiges Geräusch auf. Ein Motorengeräusch, das näher ist als die anderen zuvor. Und das jetzt verstummt. Rasch legt er das Brot beiseite und steht lautlos auf, geht hinüber zum Kind hinter die Folierollen und schaltet den Player aus. Stumm und fragend blickt der Kleine zu ihm hoch, aber Robert Barsch kann darauf jetzt nicht eingehen. Verdammt! Es kommt jemand. Natürlich hat er damit gerechnet, dass so etwas passieren könnte – schließlich gehört ihm die Scheune nicht. Aber in der Zeit, in der er sie observiert hat, ist nie jemand hier aufgekreuzt. Vielleicht sind das da draußen irgendwelche Neugierigen?
Er lauscht auf Stimmen, vergeblich. Sind es mehrere Leute? Jetzt hört er Schritte. Schwer zu sagen, wie viele Menschen es sind. Einer, zwei? Aber zwei würden miteinander reden. Mit einem allein kann er fertigwerden. Glatt und schwer liegt der Griff des Messers in seiner Hand, die Klinge glänzt im schwachen Licht, das durch Ritzen im Holz hereindringt. Fenster gibt es keine, auch das war ein Grund, warum er diese Scheune ausgewählt hat.
Jemand kratzt außen am Tor herum. Falls das der Besitzer der Scheune ist, dann ist ihm jetzt aufgefallen, dass sein Vorhängeschloss fehlt. Robert Barsch hat es mit dem Bolzenschneider entfernt, das war nicht leicht, aber auch kein größeres Problem. Leider war es unmöglich, stattdessen eine Attrappe anzubringen – von innen kommt er da nicht dran. Bei seinen gelegentlichen Ausflügen hat er am Tor der Scheune natürlich ein neues Vorhängeschloss angebracht – sein eigenes, das er von zu Hause mitgebracht hat.
Kann er sich aus dieser Situation irgendwie rausquatschen? Sich entschuldigen, vorgeben, dass er wohnungslos sei und nur einen Schlafplatz gesucht habe? Nein, das bringt nichts, erstens steht ja noch sein teures Auto hier und zweitens findet
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