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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Verwandte — das heißt, inzwischen ist sie auch tot.»
    «Er wird seinen Weg machen.»
    «Kershaw? Kann man auch
verlangen. Schließlich hat er einen Abschluss in Geschichte. Mit Auszeichnung.»
    «Ein bisschen mehr als ich,
Sir.»
    «Ein bisschen mehr als ich,
Lewis.»
    Das Telefon läutete wieder.
    «Morse? Sie haben ihn ausreisen
lassen?»
    «Ja. Wir brauchen noch etwas
Zeit und mehr Beweismaterial, ehe wir ihn uns vornehmen können.»
    «Ganz meine Meinung», sagte
Strange überraschenderweise. «Sinnlos, ihn...»
    «Zum Tag der Abrechnung ist er
wieder da.»
    «Glauben Sie?»
    «Ich weiß es.»
    «Und inzwischen?»
    «Kann er sich noch mal
amüsieren: Küsse, Wein und Rosen. den Genüssen>... Sie kennen das Gedicht von Dowson, Sir?»
    «Blöde Frage. Natürlich.»
    «Ich glaube kaum, dass er mit
einer seiner anderen Frauen glücklich wird.»
    «Die hier scheint aber schwer
in Ordnung zu sein.»
    «Ich möchte wetten, dass er
trotzdem manchmal im Morgengrauen aufwacht, an die eine Frau zurückdenkt, die
er mehr als alle anderen liebte, und sich ziemlich elend fühlt.»
    «...krankend an einer alten
Leidenschaft...»
    «Genau.»
    «Sie meinen Yvonne?»
    «Nein, nicht Yvonne, Sir,
sondern Elizabeth. Elizabeth Jane Thomas.»

Kapitel
71
     
    Es
gibt wohl kein angenehmeres Ambiente als das Kino, in dem wohlriechend
desodorierte Leiber zusammenkommen, ihre Reißverschlüsse öffnen und miteinander
Umgang pflegen können.
    (Malcolm Muggeridge, The Most of Malcolm
Muggeridge)
     
     
    Sylvia Marsden, geb. Prentice,
wohnte vorübergehend bei ihrer Mutter in einer hübschen Doppelhaushälfte in
einer Wohnsiedlung von Witney. Ihre Mutter (Lewis hatte Morse und sich
telefonisch angemeldet) machte auf und führte sie ins Wohnzimmer, wo die dralle
Sylvia mit geöffneter Bluse dasaß, ein sehr junges Baby stillte und sich in
ihrem mütterlichen Tun nicht im Geringsten stören ließ. Eine Hand hatte sie um
die Brustwarze gelegt, an der das Kleine saugte.
    Morse lief verlegen im Zimmer
herum und heuchelte Interesse an den geschmacklosen Nippes, mit denen das
farbenfreudig tapezierte Zimmer vollgestellt war, während sich Lewis väterlich
lächelnd neben Mutter und Kind gestellt hatte und mit dem Rücken des rechten
Zeigefingers leicht über die runde Babywange strich.
    «Ein echter kleiner Schatz. Wie
heißt er denn?»
    «Es ist ein Mädchen, stimmt’s,
Susie, meine Süße?»
    «Ach ja, natürlich.»
    Morse lehnte es zunächst ab,
sich hinzusetzen, nahm aber dankend einen Kaffee an und begann, den Blick fest
auf das Fenster gerichtet, das auf den gepflegten Garten hinausging, mit seiner
Befragung.
    «Wir müssen noch ein, zwei
Dinge klären, Mrs. Marsden...»
    «Sie dürfen gern Sylvia sagen.»
    «Es geht um einen Ihrer
früheren Freunde...»
    «Um Simon, ich weiß. Sergeant
Dixon hat es mir gesagt. Er ist schrecklich nett, nicht? Und hat sich toll mit
Mum verstanden.»
    Morse, der sich den Grund dafür
denken konnte, nickte nur. «Es ist lange her, das ist mir klar...»
    «Aber nicht für mich. Sie meinen
doch den Abend, an dem Simons Mutter ermordet worden ist? So was vergisst man
nicht.»
    «Das freut mich, Sylvia. An dem
Abend also, dem neunten...»
    «Nein, das müssen Sie
verwechselt haben. Der Abend, an dem Mrs. Harrison ermordet worden ist, war der
achte, das weiß ich genau, weil ich da Geburtstag hatte. Simon ist mit mir ins
ABC in Oxford gegangen. Ein toller Film, über Stripper...»
    «Hat die Polizei Sie irgendwann
mal danach gefragt?»
    «Nein. Wozu?»
    Sylvia knöpfte die Bluse wieder
zu. Morse drehte sich zu ihr um, und Lewis konnte die Enttäuschung in seinem
Gesicht sehen.
    Mrs. Prentice, geb. Jones, die
offenbar von der Küche her interessiert zugehört hatte, brachte zwei Tassen
Kaffee. «Ich erinnere mich auch», erklärte sie ungefragt. «Wie Sylv schon
gesagt hat, war es ihr Geburtstag.»
    «Was hielten Sie von Simon,
Mrs. Prentice?», fragte Lewis.
    «Ich hatte ihn gern. Manchmal
kam er mit ins Haus, aber er war wohl ein bisschen... seine Schwerhörigkeit,
wissen Sie...»
    «An dem Abend ist er nicht ins
Haus gekommen?»
    «Nein. Ich erinnere mich noch
gut daran. Wie Sylv gesagt hat — so was vergisst man nicht. Ich hab ihn aber
noch gesehen, als er sie nach Hause brachte. Und ich hab gehört, wie die beiden
an der Tür miteinander geflüstert haben. Netter Junge. Du hättest es schlechter
treffen können, Sylv.»
    «Ich hab es besser getroffen,
Mum.»
    Offenbar

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