Und kurz ist unser Leben
starten sollte.
Paris...
Vor langer Zeit hatten er und
Yvonne Flitterwochen in Paris gemacht: jede Menge Liebe, jede Menge Sex, jede
Menge Sightseeing, jede Menge Essen und Wein. Zwei volle Wochen, obgleich er
damals schon gewusst hatte, dass eine Woche eigentlich gereicht hätte.
Inzwischen wusste er nur zu
gut, dass es durchaus möglich ist, sich sogar im Beisein einer Geliebten zu
langweilen, und in Paris hatte er begriffen, dass selbst die Gesellschaft einer
frisch angetrauten Ehefrau ein wenig ermüdend werden kann. Ein- oder zweimal
hatte er den Eindruck gehabt, dass auch Yvonne ähnliche Gedanken hegte,
besonders an dem Abend, als sie ganz unverhohlen lange Blicke mit einem
schnurrbärtigen Franzosen wechselte, der wie Proust aussah. Hinterher, auf
ihrem Zimmer, hatte er sie eine kokette Hure genannt, und sie hatte ihn böse
angefunkelt und gesagt, sie würden — so oder so — ein verdammt gutes Paar
abgeben.
Solche Probleme würde er mit
Maxine nicht haben. Zweieinhalb Tage waren gerade richtig. Und sie war eine
Klassefrau — Juraprofessorin aus Yale, zweiundvierzig, geschieden, ein bisschen
zu sexbesessen, ein bisschen zu füllig und sehr, sehr aufregend.
Als sie endlich auftauchte, zog
sie ein Monstrum von Koffer hinter sich her.
«Du bist spät dran», sagte er
halb wütend, halb erleichtert und reihte sich sofort in die kleine Schlange der
First Class-Passagiere ein.
«Hast du meine Nachricht nicht
bekommen? Ich habe die ganze Zeit versucht...»
«Übers Handy?»
«Es hat nicht funktioniert. Ich
glaube, du hast vergessen...»
«Verdammter Mist.» Harrison
holte sein Mobiltelefon aus dem Jackett, tippte eine Zahlenkombination ein und
noch eine und wiederholte: «Verdammter Mist. So langsam hab ich genug von diesen
blöden Handys...»
«Und du hast vergessen, dass
wir abgemacht hatten...»
«Entschuldige. Sag, dass du mir
verzeihst.»
Er sah auf ihr kantiges Gesicht
mit dem ausgeprägten Kinn hinunter, auf das seidige, dunkelbraune Haar mit der Ponyfrisur,
die sanften Augen, in denen es feucht schimmerte, vielleicht, weil sie sich so
abgehetzt hatte, vielleicht wegen seiner unverdient schroffen Begrüßung,
vielleicht aber vor allem deshalb, weil seine Liebe nur auf die Wellenlänge
leiblicher Lust eingestellt war, die ihn so häufig umtrieb. Andererseits war
der Kurzurlaub ihre Entscheidung gewesen, die sie bestimmt nicht zu
bereuen brauchte. Sie war gern mit ihm zusammen, er war intelligent, amüsant,
belesen, sah noch immer gut aus, war noch immer toll im Bett, und — ja — er war
reich.
Sie mochten beide nichts sagen,
während sie an den Schalter heranrückten — ein Phänomen, das man häufig bei
Menschen findet, die in einer Schlange stehen, als brauchten sie ihre
Konzentration voll und ganz für das, was da vorn abzuwickeln war.
«Bei Stokenchurch war ein
Unfall, und ich hab versucht...»
Liebevoll fuhr er mit der Hand
durch ihr seidiges Haar. «Vergiss es, Schatz.»
«Wir saßen eine halbe Stunde
fest, und einer der Fahrgäste hat uns einen wunderschönen Raubvogel gezeigt.
Einen Roten Milan.»
«Das kannst du mir später
erzählen.»
Vor ihnen stand nur noch ein
Mann im Geschäftsanzug.
«Was haben wir für Plätze?»
«Die besten.»
«Und die besten Tickets...?»
«Schscht! Für dich ist das
Beste gerade gut genug. Und warum auch nicht? Schau mich an: keine Ehefrau,
keine Kinder, die mich erpressen könnten, keine Probleme im Job, nichts, wofür
ich in den nächsten Tagen Geld ausgeben müsste — bis auf dich. Ich bin ein
reicher Mann, Schatz, das weißt du doch.»
«Ihre Tickets, bitte?»
Die liebenswürdig lächelnde
junge Dame überprüfte die ordnungsgemäß ausgestellten Flugscheine.
«Die Pässe, bitte?»
Die junge Dame überprüfte die
ordnungsgemäß ausgestellten Pässe.
«Raucher?»
«Nichtraucher.»
«Fenster-Mitte? Mitte-Gang?»
«Mitte-Gang.»
«Gepäck?»
Frank Harrison hievte den
großen Koffer auf das Band. «Nur der eine?»
«Ja.»
«Sie wissen, wo die Lounge
ist?»
«Ja.»
«Einen guten Flug, und viel
Spaß in Paris.»
Er reichte ihr ein Glas
Champagner, und sie stießen an. «Auf einen wunderbaren gemeinsamen Kurzurlaub. Ritz, wir kommen!»
Er beugte sich vor und gab ihr
einen langen begehrlichen Kuss auf den weichen ungeschminkten Mund. Er schloss
die Augen. Sie schloss die Augen.
«Mr. Harrison?» Jemand hatte
ihm auf die Schulter getippt. «Mr. Frank Harrison?»
«Was...?»
Vor dem kleinen Tisch stand ein
uniformierter
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