Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Strange grübelte
eine Weile vor sich hin. Dann traf er seine Entscheidung. «Fahren Sie hin und
klopfen Sie ihn raus.»
    «Könnten wir ihn nicht heute
mal in Ruhe lassen?», fragte Lewis schüchtern. «Im Augenblick kann er
schließlich nicht viel tun. Und Sie auch nicht.»
    «Hm. So ganz Unrecht haben Sie
ja nicht...»
    «Warum gehen Sie nicht wieder
auf den Golfplatz?»
    «Weil — weil der andere sich
jetzt ins Fäustchen lacht, Lewis.»
    «Ich denke, Sie hatten zwei
Punkte Vorsprung.»
    «Hab ich das gesagt?»
    Strange wählte noch einmal
dieselbe Nummer.
    Der Anschluss war belegt.
    Er stand auf und bestätigte:
«Im Augenblick können auch Sie nicht viel tun. Also, ab nach Hause zu Setzei
und Fritten.»
     
    Während Strange und Lewis
dieses Gespräch führten, stand Deborah Richardson mit schief gelegtem Kopf in
dem kleinen Raum hinter der Küche und überlegte, ob sie wirklich gut beraten
gewesen war, für ihre Waschküche dieses Braun zu wählen. Zwei der neu
verputzten Wände hatten seit mehreren Wochenenden ihren ersten Anstrich, der
sie je nach Lichteinfall an Brombeermarmelade oder an Blut erinnerte.
    Das musste anders werden.
    Das Telefon läutete.
    Nach dem sechsten Läuten
meldete sie sich.
    Es dauerte eine Weile, bis sie
mit den ungewöhnlich komplizierten Anweisungen klargekommen war.
    Als sie es geschafft hatte, war
sie plötzlich regelrecht aufgeregt. So aufgeregt wie noch nie.
     
     
     
     

Kapitel
45
     
    Nunquam
ubi sub ubi!
    (Never
wear underwear —
    «Trage
niemals Unterwäsche».
    Engl.
Sprachspiel, das sich aus der Übersetzung Never where under where ergibt.)
     
    Nachdem er die Tür
abgeschlossen hatte, äußerte sie sich sofort — wenn auch ein wenig nervös —
lobend über die gepflegte Atmosphäre der Junggeseflenwohnung und horchte dabei
mit halbem Ohr auf ein Liebesduett aus einer Oper, auch wenn sie keine Ahnung
hatte, aus welcher es sein mochte, blieb eine Weile vor einem Druck des Milchmädchens stehen, obschon sie den Namen Vermeer gerade zum ersten Mal gehört hatte,
betrachtete mit großen Augen die vielen Bücherregale an drei Wänden und nahm —
auch wenn sie selbst keine besonders gute Hausfrau war — die dünne Staubschicht
auf dem CD-Spieler und den dickeren grauen Belag auf den Scheuerleisten zur
Kenntnis.
    Auf dem gläsernen Couchtisch
standen neben einer gekühlten Flasche Champagner zwei blitzblanke Gläser auf
Untersetzern.
    Auf seine höfliche Aufforderung
hin nahm sie Platz, wobei der Saum des Minikleides sich bis zu den schwarz
bestrumpften Schenkeln hochschob, als sie lässig die langen Beine übereinander
schlug. Als er den Draht des Champagnerkorkens löste, drehte sie den Kopf weg
und hielt sich die Ohren zu.
    «Nicht nötig», sagte er. «Ich
bin Fachmann.»
    Er hielt die Flasche schräg,
drehte den Korken energisch, zog nur ganz leicht — und schon war er draußen. Er
schenkte die beiden Gläser voll, setzte sich ihr gegenüber, hob sein Glas und
sagte: «Cheers!»
    Komischer Ausdruck, dachte sie.
Er war offenbar mit seinem Wortschatz ein Vierteljahrhundert vor ihr stehen
geblieben. Aber das konnte ihr schließlich egal sein.
    Sie nahm einen Schluck
Champagner und noch einen und sagte sich, obgleich sie keine Ahnung von Bruts
und Crus hatte, dass es wohl ziemlich teures Zeug war.
    «Haben Sie den extra zur Feier
des Tages gekauft?»
    «Nein. Ich hab ihn bei einer
Tombola gewonnen.»
    Sie nahm noch einen Schluck und
goss den Rest in einem Zug herunter. «Toll.»
    Er beugte sich vor und schenkte
ihr nach.
    «Wollen Sie mich betrunken
machen?»
    «Es könnte die Atmosphäre ein
bisschen lockern.»
    «Was dagegen, wenn ich rauche?»
    «Nein. Ich mache mit.»
    «Sie haben es sehr kompliziert
eingefädelt, mich herzubringen...»
    «Haben Sie was gegen Taxis?»
    «...und was ich anziehen soll,
hat mir bisher noch keiner gesagt.»
    Er musterte ihr quer
gestreiftes braunweißes Kleid und zählte die Knopflöcher. Es waren sieben. Die
obersten drei spannten über dem Busen.
    «Ich mag Knöpfe. Irgendwo habe
ich gelesen, dass das Lieblingsverb von Philip Larkin war.»
    Sie glaubte in etwa zu
verstehen, was er gesagt hatte, und antwortete nicht. Langsam öffnete sie den
obersten Knopf. «Sie sind sich darüber klar, dass ich ein Honorar erwarte?»
    «Honorar? Zusätzlich zu dem
Taxi und dem Champagner?»
    Sie nickte und deutete auf die
Flasche. «Glauben Sie, dass eine reicht?»
    «Ich habe zwei in der Tombola
gewonnen. Die andere steht noch im

Weitere Kostenlose Bücher