Und manche liebe Schatten steigen auf
bekannt. Hat er mit der Schöpfung dieser Anstalt sich selber ein Denkmal gesetzt, so setzte er in demselben Jahre durch eigene Kraft und aus eigenen Mitteln auch ein Denkmal für Johann Sebastian Bach . Nachdem er am 23. April desselben Jahres vormittags 11 Uhr ein Konzert, bestehend aus lauter Kompositionen des von ihm so hochverehrten Meisters, veranstaltet hatte, fand die feierliche Enthüllung des vom Professor Bendemann entworfenen und vom Bildhauer Knaur ausgeführten Denkmals statt. Dieser Feier wohnte auch ein Enkel Bachs, ein Greis von 84 Jahren nebst Frau und zwei Töchtern bei. Ermangelt das Denkmal auch der Großartigkeit, so ist es doch als Geschenk eines Einzelnen an die Stadt Leipzig artig genug. Obwohl Mendelssohn sich in Berlin niemals recht heimisch fühlte und sich immer wieder nach seinem geliebten Leipzig zurücksehnte, so konnte er doch endlich den Wünschen des preußischen Königs nicht länger widerstehen und siedelte somit 1843 definitiv nach Berlin über, „mit Weib und Kindern, und Stühlen und Tischen und Flügel und jeglichem anderen Ding“, wie er selbst schreibt. Doch schon im August 1845 nahm er seinen festen Wohnsitz wieder in Leipzig, nachdem er an den König das Gesuch gerichtet hatte, sein Gehalt bis auf 1000 Taler herabzumindern und ihn dagegen von bestimmten Leistungen und von der Verpflichtung, in Berlin zu wohnen, zu entbinden. Der König ging darauf ein, und Mendelssohn stellte sich nun insoweit wieder der Gewandhaus-Direktion zur Verfügung, als er sich bereit erklärte, die Konzerte zunächst mit Gade abwechselnd zu dirigieren. In diesem Jahre, am 13. März, hatte Ferdinand David das Violinkonzert seines Freundes aus der Taufe gehoben. Wir fühlen uns der Pflicht, es zu preisen, gänzlich überhoben, können uns aber nicht versagen, ein darauf bezügliches Scherzwort Robert Schumanns anzuführen, welcher mit seinem freundlichen Lächeln zu dem trefflichen Interpreten sagte, als er geendet: „Siehst du, lieber David, das ist ja das Violinkonzert, welches Du immer komponieren wolltest!“ Ein anderes prophetisches Wort von Schumann sei hier gleich angereiht. Seinen ersten Bericht über den Paulus schloss er nämlich mit den folgenden Worten: „Wie Beethoven einen Christus am Ölberg geschrieben und auch eine Missa solemnis , so glauben wir, dass, wie der Jüngling Mendelssohn ein Oratorium schrieb, der Mann auch eines vollenden wird.“ Und dieses Oratorium des Mannes war der „Elias“. Das Verhältnis des Elias zum Paulus scheint uns durch Schumanns Worte vortrefflich charakterisiert, und deshalb wäre es müßig, an diesem Orte die beiden überaus populären Oratorien ihrem Werte nach miteinander zu vergleichen. Mag dem einen der Elias reifer erscheinen, so dem anderen vielleicht der Paulus jugendlicher und spontaner. Seien wir zufrieden, dass wir uns an beiden erbauen können! Der Schöpfer beider Oratorien hat gehofft, ihnen noch ein drittes beigesellen zu können, doch ist der „Christus“, den er plante, ebenso wie die Oper „Loreley“, unvollendet geblieben. Im Jahre 1846 ging Mendelssohn nach Lüttich, um dort sein für die 600-jährige Feier der Einführung des Fronleichnamsfestes komponiertes „ Lauda Sion “ aufzuführen, und von dort eilte er zu dem deutsch-flämischen Sängerfeste nach Köln, für welches er den später so berühmt gewordenen „Festgesang an die Künstler“ nach Schillers Worten „der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben“ komponiert hatte. Nach kurzem Aufenthalte in Leipzig reiste er wieder nach England, um die erste Aufführung seines „Elias“ auf dem großartigen Musikfeste in Birmingham zu leiten. Alle diese Anstrengungen und Aufregungen mögen seine Gesundheit schon damals schwer erschüttert haben; denn von da an fühlte er sich oft ermattet und angegriffen, wie er das zuvor nie gekannt hatte. Er beteiligte sich zwar noch im Winter 1846 an der Direktion der Gewandhaus-Konzerte, leitete am Osterfeiertage 1847 seinen „Paulus“ in der Pauliner Kirche zu Leipzig und drei Aufführungen seines Elias in Exeter Hall in London, aber dann nahte sich ihm leise, leise der Tod, nachdem er vorher noch den Schmerz hatte erleben müssen, auch seine geliebte Schwester Fanny von dieser Erde scheiden zu sehen. Seine Gattin mochte ahnen, dass er seiner Schwester bald nachfolgen werde, und bat ihn wiederholt, sich zu schonen, wenn er allzu rastlos schrieb. „Ich muss die Frist benutzen, die mir noch gegeben
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