Und manche liebe Schatten steigen auf
bewahrheitete sich auch, als man nach Mendelssohns Tode wiederholte Versuche machte, das Werk auf den Bühnen einzubürgern.
Zu Anfang des Jahres 1830 wurde Mendelssohn die Professur der Musik an der Berliner Universität angetragen, doch lehnte er den Ruf ab und empfahl an seiner Statt den ihm befreundeten A . B . Marx , der die Wahl annahm. Im Mai 1831 zog Mendelssohn nach Italien. Auf der Reise kehrte er wieder in Weimar ein, wo Goethe ihn vierzehn Tage zu fesseln verstand. Der Altmeister ließ ein Bildnis des geliebten jungen Freundes für sich anfertigen, beschenkte ihn mit einem Bogen seines Manuskriptes vom Faust und gab ihm schließlich drei Empfehlungen nach München mit. Hier machte er u. a. die Bekanntschaft der damals sechzehnjährigen Klavierspielerin Delphine von Schauroth , welcher er später sein Klavierkonzert in G-moll zueignete, jenes, von Jugendfeuer übersprudelnde, in den Ecksätzen glänzend, im langsamen Mittelsatze schwärmerisch gehaltene Werk, welches gerade durch seine Vorzüge dem Schicksal anheim gefallen ist, „abgedroschen“ zu werden, und nur einiger Ruhe bedürfte, um wieder vollkommen richtig gewürdigt zu werden. Dass übrigens das Konzertstück von Weber großen Einfluss auf die Gestaltung dieses Konzertes ausgeübt hat, ist nicht zu verkennen; doch ist jenes mehr al fresco gearbeitet, dieses namentlich hinsichtlich der Behandlung des Orchesters viel feiner ausgeführt. Über Salzburg, Wien und Graz ging es nach Florenz, dann nach Rom, wo er lange verweilte; doch wollen wir ihn auf dieser Reise nicht ferner begleiten, weil des Künstlers weit verbreitete, ebenso geistreiche als liebenswürdige „Reisebriefe“ uns dessen überheben; nur das mag hier erwähnt werden, dass während dieser Zeit einige der bedeutendsten Werke Mendelssohns entstanden, teils ihren endgültigen Abschluss fanden, nämlich die Ouvertüre „Die Hebriden“, „Die erste Walpurgisnacht“, die Symphonie in A-moll, das viel zu wenig gekannte achtstimmige Chorstück „Mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen“ und das liebliche, ebenfalls zu selten gehörte Ave Maria für Tenor Solo, Chor und Orgel. Die drei erstgenannten Werke erfuhren später allerdings noch manche Überarbeitung. „Die Hebriden“ bilden mit der Sommernachtstraum-Ouvertüre und „Meerestille und glückliche Fahrt“ eine Trias, die allein dem Schöpfer derselben den Ruhmeskranz sichert. Die Rückreise erfolgte über Florenz, Genua, Mailand, Chamounix und durch die Schweiz, in der er aber zumeist unter argem Wetter zu leiden hatte. So kam er in Interlaken infolge anhaltenden Regens und fast unpassierbarer Wege – die Wasser flossen schwarz und schokoladenbraun – in einem derartigen Zustande an, dass er in dem Wirtshause, auf das er sich wie ein Kind gefreut hatte, sehr unfreundlich empfangen und abgewiesen wurde. So musste der arme, ermüdete Wanderer wieder nach Unterseen zurückkehren. Jetzt findet man beim Aufgang zum Hardenberg, an den sich die eine Seite des Höhenweges lehnt, auf einem Bogen, welcher den Eingang zum Park überspannt, die ersten Takte von Mendelssohns Chor: „Wer hat dich, du schöner Wald“ schön korrekt in Ölfarbe gemalt, und auf der Höhe einen Pavillon, in dem auf einer Tafel die sieben Jahreszahlen von Mendelssohns Anwesenheit in Interlaken gewissenhaft verzeichnet sind! - Über Lindau ging die Reise nach München, wo Mendelssohn ein Konzert zum Besten der Armen veranstaltete, in welchem er zum ersten Male sein G-moll Konzert spielte. Dann fuhr er über Stuttgart, Heidelberg, Frankfurt und den Rhein entlang nach Paris. Hier trug er in einem Conservatoire-Konzerte das Beethovensche G-Dur Konzert vor und dirigierte die Sommernachtstraum-Ouvertüre. Zwei Todesnachrichten brachten ihn hier in die trübste Stimmung, die von seinem geliebten Jugendfreunde Eduard Rietz, für den er sein Oktett geschrieben hatte, und die seines so hochverehrten Goethe. „Goethes Verlust ist eine Nachricht, die einen wieder so arm macht“, schreibt er. In London, wohin er sich nun begab, warteten seiner ebenso reiche Ehren wie große Anstrengungen. Hier war es, wo am 18. Mai 1832 „Die Hebriden“ zum ersten Male aufgeführt wurden. Auch hier ereilte ihn eine trübe Botschaft, die vom Hinscheiden seines alten Lehrers Zelter.
Den Winter 1832 bis 1833 verlebte Mendelssohn wieder in Berlin, wo durch den Tod Zelters die Stelle des Direktors der Singakademie erledigt war. Ohne sich direkt um diese Stellung
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