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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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meiner Kumpels heißt Flocke«, bekannte Claudius freimütig. »Wäre das nix für ihn?«
    »Nee, nicht dreckig genug.« Ich spürte, dass ich nicht drum herumkommen würde, Claudius mit Lorenz bekannt zu machen. »Aber mach ihm den Vorschlag doch mal selbst!«
    Ich hätte erwartet, dass er kurz zögern würde, doch Claudius folgte mir ohne Einwände. Lorenz kniff die Augen zusammen, als würde die Sonne ihn blenden, und grinste dann. »Wen schleppste denn da mit?«
    »Das ist Claudius.« Woher er kam, verschwieg ich.
    »Und wo haste den aufgegabelt?«
    Tja, sollte ich ihm wirklich die Geschichte erzählen?
    »Er hat mir eine Kassette zurückgebracht, die ich im Zug verloren hatte.« Das erschien mir unverfänglich, wenngleich ich ahnte, dass Lorenz sich damit nicht zufriedengeben würde.
    »Das meinte ich nicht.« Lorenz wandte sich direkt an Claudius. »Wo kommste her aus Berlin? Ich hab dich in der Gegend noch nie gesehen.«
    »Amerikanischer Sektor«, erklärte Claudius, bevor ich ihn davon abhalten konnte. »Zehlendorf.«
    Lorenz bekam den Mund nicht mehr zu. Er schüttelte den Kopf, starrte Claudius an, als hätte er eine Erscheinung, dann sagte er: »Ey, du kommst echt aus dem Westen?« Jetzt strahlten seine Augen auf einmal, als hätte er den Weihnachtsmann um die Ecke kommen sehen. »Mann, dass ich das noch erlebe!«
    Claudius schaute ein wenig ratlos drein. Solche Freude über sein Auftauchen hatte er wohl noch nie erlebt. Doch das da vor ihm war Lorenz. Lorenz, der die Lehrer heute mit einem Anzug überrascht hatte.
    »Bei Lorenz musst du aufpassen, der macht gern Witze«, warnte ich ihn vorsorglich. »Glaub mir, nicht mal ich weiß manchmal, ob er mich verscheißert oder nicht.«
    »He, ich verscheißere dich nie, Milka!«, protestierte Lorenz.
    Jetzt hätte ich ihn erwürgen können. Er nannte mich Milka vor Claudius. Claudius, der aus dem Westen kam, sicher mehr als genug Milka in seinem Leben gegessen hatte und der sich wahrscheinlich darüber kaputtlachen würde, dass mich jemand so nannte. Es war genauso schlimm, als würde man jemanden »Zetti«, »Bambina« oder »Schlager Süßtafel« nennen. Ich wette, damit hätte Claudius sicher nichts anfangen können.
    »Wieso hast du diesen Spitznamen?«, fragte Claudius mich ruhig lächelnd. »Weil du so süß bist?«
    Mir wurde schwindelig, aber so richtig. Hatte er mich eben süß genannt? Was war denn das? Seit wann fand mich wer süß? So süß wie Milka-Schokolade?
    Claudius sah mich verwirrt an. Lorenz prustete los. Mir war heiß und kalt zugleich.
    »Quatsch!«, platzte es aus mir heraus, denn wie sollte ich mich anders wehren? »Das ist nicht mein Spitzname. Den hat mir dieser Blödmann da bloß verpasst!«
    Jetzt lachte Lorenz so heftig, dass sein Iro sich wieder unter der Cremepomade löste.
    Claudius wurde rot. »Entschuldige, ich wollte nicht …«
    »Ist nicht deine Schuld«, entgegnete ich mit einer wegwerfenden Handbewegung und funkelte Lorenz böse an. Der kriegte sich immer noch nicht ein.
    »Komm, gehen wir dahin, wo weniger Affen lachen.«
    Nicht mal meine Beleidigung brachte Lorenz dazu aufzuhören. Kurzerhand packte ich Claudius’ Arm und zog ihn mit mir. Erst an der nächsten Hausecke wurde mir bewusst, was ich getan hatte. Ich hatte Claudius angefasst. Einfach so. Und er hatte keine Anstalten gemacht, den Arm wegzuziehen oder sonst irgendwie Widerstand zu leisten.
    Erschrocken über mich selbst ließ ich ihn los. Glücklicherweise war Lorenz uns nicht nachgelaufen.
    »Entschuldige«, sagte ich nun, während meine Wangen wie Feuer glühten.
    »Wofür denn?«, wunderte sich Claudius. »Ich hatte nichts dagegen, dass du mich mitnimmst.«
    »Aber ich hab dich angefasst, ohne dich zu fragen.« Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Claudius lachte.
    »Sag mal, darf man das nicht in der DDR ?«, fragte er. »Ist doch klar, dass man sich mal anfasst, wir leben doch nicht mehr im Mittelalter.«
    Da hatte er recht und mir war es auf einmal furchtbar peinlich. Für was für ein Mauerblümchen musste er mich halten! Panisch suchte ich in seinem Blick nach einem Anzeichen dafür, dass er mich doof fand, doch er sah mich einfach nur freundlich und offen an.
    »Warum bist du denn eigentlich wieder hier?«, fragte ich schließlich, um das unangenehme Schweigen zu vertreiben.
    »Hatte nichts Besseres zu tun«, entgegnete er.
    »Wirklich nicht? Was ist mit Kino? Ihr kriegt die guten Filme doch immer gleich.«
    »War mir zu langweilig. Du gefällst mir

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