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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Steine.
    Er hatte das aufblitzende Licht zwischen dem vierten und fünften Tank gesehen und ging hinüber.
    Ein Fischerboot mit Navigationslichtern fuhr in den Hafen, der Motor tuckerte in der morgendlichen Stille. Über ihm kreischten die Möwen.
    Die Gerüche des Hafens stiegen ihm in die Nase – fauliger Tang, Öl, Rost, Sägemehl und brennender Asphalt. Er richtete den Strahl der Taschenlampe auf den Boden und dann wieder hoch zu den sechs zylindrischen Öltanks, die aus der Nähe viel größer wirkten.
    Er sah auf die Uhr. Noch etwa anderthalb Stunden, bevor er zur allmorgendlichen Besprechung fahren musste. Er leuchtete ins nasse Gras, suchte nach einem Fußabdruck, der vom Freitagmorgen zurückgeblieben war, oder irgendeinem anderen Hinweis.
    Dann entdeckte er eine Zigarettenkippe. Sie konnte von irgendjemandem stammen, dachte er. Dennoch, die Worte seines Freundes ließen ihn nicht los, hatten sich wie ein Mantra in seinem Kopf festgesetzt.
    Alle Möglichkeiten ausschließen.
    Er kniete sich hin und hob mit Hilfe einer Asservatentüte, die er vorsichtshalber mitgebracht hatte, die Kippe auf. In violetten Buchstaben war noch der Markenname Silk Cut zu lesen.
    Kurz darauf entdeckte er eine zweite. Dieselbe Marke.
    Eine einzelne Zigarettenkippe konnte ein Passant weggeworfen haben, zwei bedeuteten, dass jemand längere Zeit hier gestanden, vielleicht gewartet haben musste.
    Aber worauf?
    Wenn er Glück hatte, würde die DNA-Analyse etwas ergeben.
    Er schaute sich noch eine Stunde lang um, fand aber keine weiteren Hinweise. Trotz seiner nassen Schuhe fuhr er mit einem Gefühl der Zufriedenheit ins Büro.

48
    »DAS IST DOCH wohl ein Witz, oder?«, flehte Lynn.
    Sie war völlig erschöpft, nachdem sie eine schlaflose Nacht neben Caitlins Bett verbracht hatte. Im kleinen, schlecht eingestellten Fernseher oben an der Wand lief ein Zeichentrickfilm ohne Ton. Der Wasserhahn tropfte. Es roch nach pochierten Eiern, dünnem Kaffee und Desinfektionsmittel. Auf der Station wurde gerade das Frühstück ausgegeben.
    So fühlten sich vermutlich Gefangene, die die Nacht vor der Hinrichtung in ihrer Zelle verbrachten und auf eine Begnadigung in letzter Minute hofften.
    Das Licht war an- und ausgegangen. Ständige Unterbrechungen. Eine Untersuchung nach der anderen, Caitlin bekam Spritzen und Tabletten, man entnahm ihr Blut und andere Flüssigkeiten. Über ihrem Bett hing die Schnur für den Notruf. Daneben standen der leere Infusionsständer und die Sauerstoffpumpe, die nicht benötigt wurden.
    Caitlin war unruhig, konnte nicht schlafen, beklagte sich wieder und wieder, dass es sie jucke und dass sie Angst habe, sie wolle nach Hause. Lynn versuchte, sie zu trösten, ihr zu versichern, dass am nächsten Morgen alles wieder gut sein werde. Dass sie in drei Wochen das Krankenhaus mit einer nagelneuen Leber verlassen werde. Wenn alles gutginge, könnte sie Weihnachten zu Hause sein, zwar nicht im Winter Cottage, aber immerhin in ihrem jetzigen Zuhause.
    Es würde das schönste Weihnachtsfest aller Zeiten!
    Und nun stand diese Frau bei ihnen im Zimmer. Die Transplantationskoordinatorin Shirley Linsell mit ihrem rosigen Teint, dem langen Haar und dem geplatzten Äderchen im linken Auge.
    An diesem Morgen verhielt sie sich anders. Als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte sie positiv und freundlich gewirkt. Diesmal wirkte sie trotz aller Entschuldigungen kalt und distanziert. Lynn stand ihr gegenüber und funkelte sie zornig an.
    »Es tut mir furchtbar leid. So etwas kommt leider vor.«
    »Es tut Ihnen leid? Sie haben mich gestern Abend angerufen und gesagt, Sie hätten eine Leber, die perfekt passt. Und jetzt wollen Sie uns weismachen, Sie hätten sich geirrt?«
    »Man hatte uns mitgeteilt, dass eine Leber verfügbar würde, die gut geeignet wäre.«
    »Was bitte ist denn dazwischengekommen?«
    Die Koordinatorin wandte sich an Lynn und Caitlin. »Laut unseren Informationen sah es so aus, als könnten wir die Leber teilen. Die rechte Seite sollte ein Erwachsener erhalten und du die linke. Als unser Facharzt und sein Team losgefahren sind, um die Leber abzuholen, erschien sie ihnen auf den ersten Blick gesund und passend. Wir arbeiten mit einer Skala, die die Größe der Leber und das Körpergewicht berücksichtigt. Heute Morgen aber hat der leitende Chirurg, der die Transplantation durchführen sollte, das Organ näher untersucht und herausgefunden, dass es zu über dreißig Prozent aus Fett besteht. Daraufhin hat er

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