Und morgen in das kühle Grab
stand eine Vase mit frischen Blumen.
»Bitte setzen Sie sich«, sagte Mr. Gomez. Er selbst blieb
stehen.
»Mr. Gomez, wie lange haben Sie hier gearbeitet?«,
fragte ich.
»Seit Mr. und Mrs. Spencer – ich meine die erste Mrs. Spencer – vor zwölf Jahren geheiratet haben.«
Zwölf Jahre, und jetzt eine Frist von weniger als einer
Woche! Mein Gott, dachte ich. Am liebsten hätte ich
gefragt, wie viel Lynn ihnen als Abfindung gezahlt hatte,
aber ich traute mich nicht – noch nicht.
»Mr. Gomez«, sagte ich, »ich bin nicht hergekommen,
um mir das Haus anzuschauen, sondern weil ich mit Ihnen
und Ihrer Frau reden möchte. Ich bin Journalistin, und ich
arbeite an einer Reportage über Nicholas Spencer für die Wall Street Weekly. Mrs. Spencer ist darüber informiert,
dass ich an der Geschichte schreibe. Ich weiß, dass die
Leute einige üble Dinge über Nicholas sagen, aber ich
möchte versuchen, absolut fair zu sein. Darf ich Ihnen ein
paar Fragen über ihn stellen?«
»Einen Moment, bitte, ich möchte meine Frau
dazuholen«, sagte er. »Sie ist oben.«
Während ich wartete, warf ich einen raschen Blick durch
den Bogendurchgang auf den hinteren Teil des Raums.
Dort befand sich der Essbereich, dahinter die Küche. Ich
hatte den Eindruck, dass das Cottage ursprünglich als
Gästehaus gedacht war und nicht als Wohnung für
Bedienstete. Alles wirkte gediegen und teuer.
Ich hörte Schritte und lehnte mich wieder in den Sessel
zurück. Dann erhob ich mich, um Rosa Gomez zu
begrüßen, eine hübsche, etwas dickliche Frau, deren
geschwollene Augen verrieten, dass sie geweint hatte.
»Setzen wir uns doch«, schlug ich vor und war sofort
beschämt. Schließlich war dies ihr Haus gewesen. Es war
nicht weiter schwierig, ihnen etwas über Nicholas und
Janet Spencer zu entlocken. »Sie waren ein so glückliches
Paar«, sagte Rosa Gomez, und ihr Gesicht strahlte bei
diesen Worten.
»Und als Jack geboren wurde, war es, als ob er das
einzige Kind auf der ganzen Welt sei. Es ist so schwer zu
glauben, dass beide Eltern tot sind. Es waren so
wunderbare Menschen.«
Die Tränen, die in ihren Augenwinkeln geglitzert hatten,
begannen zu fließen. Sie wischte sie unwillig mit dem
Handrücken weg.
Sie erzählten mir, dass die Spencers das Haus wenige
Monate nach ihrer Hochzeit gekauft hatten und dass sie
kurz darauf ihre Anstellung bekamen. »Damals wohnten
wir im Haupthaus«, sagte Rosa. »Es gab dort eine sehr
nette Wohnung auf der anderen Seite der Küche. Aber als
Mr. Spencer wieder geheiratet hat, wollte Ihre Schwester
…«
»Stiefschwester«, hätte ich am liebsten
dazwischengerufen. Stattdessen sagte ich: »Entschuldigen
Sie, dass ich Sie unterbreche, Mrs. Gomez, aber ich muss
zur Erklärung sagen, dass der Vater von Mrs. Spencer und
meine Mutter erst vor zwei Jahren in Florida geheiratet
haben. Technisch gesehen sind wir Stiefschwestern, aber
wir stehen uns nicht nahe. Ich bin als Journalistin hier,
nicht als Verwandte.«
Es war nicht meine Absicht, Lynn in den Rücken zu
fallen, aber ich musste unbedingt die Wahrheit von diesen
Leuten erfahren, ich wollte mich nicht mit höflichen,
sorgfältig überlegten Antworten zufrieden geben.
Manuel Gomez blickte zuerst seine Frau, dann mich an.
»Mrs. Lynn Spencer wollte nicht, dass wir im Haupthaus
wohnen. Ihr war es lieber, wenn die Hausangestellten in
getrennten Wohnungen lebten. Sie überzeugte
Mr. Spencer mit dem Argument, dass es fünf Gästezimmer
im Haus gäbe und dass das mehr als genug sei, um alle
Gäste unterzubringen, die sie je beherbergen würden. Er
war ebenfalls angetan von der Idee, dass wir in das
Cottage ziehen sollten, und wir selbst waren
hochzufrieden, dieses wunderbare Haus für uns haben zu
dürfen. Jack lebte natürlich damals schon bei seinen
Großeltern.«
»Hatte Nicholas Spencer einen guten Kontakt zu seinem
Sohn?«, fragte ich.
»Aber ja«, sagte Manuel prompt. »Aber er war sehr viel
auf Reisen und wollte Jack nicht einem Kindermädchen
überlassen.«
»Außerdem wollte Jack, als sein Vater wieder geheiratet
hat, nicht mit Mrs. Lynn Spencer zusammenleben«, sagte
Rosa mit fester Stimme. »Er hat mir einmal erzählt, er
glaube nicht, dass sie ihn besonders gern habe.«
»Das hat er Ihnen gesagt?«
»Ja. Vergessen Sie nicht, dass er uns von Geburt an
kennt. Wir hatten ein sehr inniges Verhältnis zueinander.
Für ihn gehörten wir zur Familie. Aber er und sein Vater
…« Sie musste bei dem
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