Und nehmen was kommt
sie an der Bar sitzt und den Geschmack von Champagner auf der Zunge hat, möchte sie am liebsten kotzen. Wiederholt schon mußte sie deshalb den Chef bitten, sie doch früher heimgehen zu lassen, ihr sei nämlich furchtbar schlecht. Sorry, Monika, das ist leider kein Wohltätigkeitsinstitut, gibt er ihr eines Tages ärgerlich zu verstehen, entweder du arbeitest zu den vereinbarten Terminen ordentlich, oder du brauchst gleich gar nicht mehr kommen.
Da reißt es ihr heraus, sie sei schwanger. Die Miene des Chefs verfinstert sich weiter. Laß es wegmachen, sagt er dann ruhig, knapp und unmißverständlich. Nicht allein wegen dem Job, Monika, ich kann dir nur raten, laß es wegmachen. Und er erteilt ihr Hausverbot, bis das Kind aus ihr heraußen sein würde, so oder so. Jetzt kann sie nicht mehr aus, sie muß es Joe beibringen. Der reagiert betroffen, gar nicht aufbrausend, der erste Tag ist der beste, meint er dann bestimmt, was sollen wir mit einem Kind? Monika hört seine Worte durch einen Tränenschleier, und weil sie enttäuscht ist, furchtbar enttäuscht, wird ihr mit einem Mal klar, sie hätte es trotz allem gerne ausgetragen.
Joe holt sich umgehend zuhause bei den Eltern Verstärkung. Auch die reden auf Monika ein wie auf ein krankes Pferd, die Mutter allerdings nur, weil die Männer sie gehörig unter Druck gesetzt haben. Am Geld soll es jedenfalls nicht scheitern, deutet der Vater Großzügigkeit an. Daß Joe ausgerechnet ihn eingeweiht hat, diese miese, schleimige Figur, von der er sich nicht und nicht abnabeln kann, macht Monika wütend und fassungslos. Wieder einmal verschwören sich alle gegen sie, stellt sie fest, gegen sie und gegen das Kind, das längst verloren hat. Nein, unter keinen Umständen will sie auch nur eine einzige lumpige Krone von Joes Vater annehmen. Stattdessen greift sie auf das Angebot des Clubbesitzers zurück, ihr eine Klinikadresse zu nennen und die Kosten der Abtreibung über die Firma abzurechnen.
Für Joe ist das alles eine lästige Episode, Monika hat schwer daran zu kiefeln. Mit ihrem Verdienst lebt er weiter unbekümmert über seine Verhältnisse. Wenn Monika wieder nicht weiß, wovon sie die nötigsten Lebensmittel bezahlen soll, klopft sie manchmal bei seiner unscheinbaren, warmherzigen Mutter an, die gelernt hat, zu schweigen und zu dulden, sie mit viel Zuneigung behandelt und ihr eine warme Suppe, einen Eintopf vorsetzt, während ihr Sohn inzwischen unermüdlich von Lokal zu Lokal zieht, nicht selten in weiblicher Begleitung. Neuerdings macht er sich nur noch wenig Mühe, damit hinter dem Berg zu halten. Monika werden einschlägige Geschichten zugetragen, mit Frauen von früher und frisch angelachten, während sie die Nächte über mühselig das Geld dafür verdient, das sie am nächsten Morgen prompt und vollständig abliefern muß.
Als er einmal, kurz nach ihr, bei Sonnenaufgang stockbetrunken, aber beschwingt heimkommt und nicht nur das Parfum, sondern auch penetrant den Intimgeruch einer anderen Frau verströmt, mit der er womöglich noch vor einer Stunde geschlafen hat, platzt Monika der Kragen. Sie schreit ihn nieder, beschimpft ihn, ein charakterloses Arschloch zu sein, ein schmieriger Weiberheld, der Frauen bloß als lebendiges Spielzeug betrachte und sich aus Bequemlichkeit daneben eine der abgehangenen Eroberungen eine Zeitlang als Putzfetzen und Geldscheißer halte. Worin er sich von einem hundsgewöhnlichen Zuhälter unterscheide, solle er ihr einmal erklären. In ihr aber habe er sich getäuscht, sie werde ihn verlassen, und zwar auf der Stelle.
Für den Moment hat es Joe die Stimme verschlagen. Noch nie hat er sie einen Monolog dieser Art abliefern gehört, noch nie hat ihm eine Frau mit einer solchen Wucht ins Gesicht geschleudert, was er nur zu gut selbst weiß, was er, wenn er, selten genug, nüchtern ist, an sich verachtet, wofür er sich haßt. Und dafür wird sie jetzt büßen, wie noch nie ein Weib gebüßt hat. Er fühlt einen unbändigen Zorn aufsteigen, als der Schock sich zu legen beginnt, er nimmt wahr, wie Monika wahrnimmt, daß sein perplexer Gesichtsausdruck sich in Sekundenschnelle verändert hat, wie sie sich vergeblich in Sicherheit zu bringen sucht, wie er sie gerade noch an den Haaren erwischt, dann nimmt er nichts mehr wahr, weil er besinnungslos auf sie eindrischt, und als sie schon auf dem Boden liegt, keine Abwehrbewegungen mehr macht, sich nicht mehr rührt, vielleicht gar schon tot ist, tritt er weiter ein auf sie, und das Blut
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