Und nehmen was kommt
daß sie nicht glücklich ist, also stellt er eigene Probleme in die Auslage, und da ist sogar etwas Wahres daran. Ihm sei es in Wirklichkeit sehr unangenehm, dem Vater bei der Drecksarbeit behilflich sein zu müssen, eigentlich möchte er raus aus dem kriminellen Milieu, gesteht er ihr beim nächsten Treffen, das in einem Café stattfindet, weil er sicher gehen will, daß Olga nicht dabei ist. Und dann, mit einem tiefen Blick in ihre Augen, schiebt er geschickt die entscheidenden Sätze nach: Seit ich dir begegnet bin, Monika, kann ich kaum mehr schlafen. Glaub mir, ich habe schon viele Mädchen kennengelernt, aber du hast etwas angezündet in mir, von dem ich nicht gewußt habe, daß es überhaupt da ist.
Banal und wie aus dem Aufrißlehrbuch klingt das, aber nicht für Monika. So hat noch nie ein Mann mit ihr geredet. Das verwirrt sie. Ihrem unterentwickelten Selbstwertgefühl tut es gut, aber eine Zweierbeziehung kann sie sich trotzdem nicht vorstellen. Andererseits, alle bisherigen Versuche, zusammen mit Freundinnen ihrem scheinbar vorgezeichneten Weg eine andere Richtung zu geben, sind grandios gescheitert. Die Männerwelt hatte dafür kein Verständnis, und sie waren es naiv, falsch, viel zu sehr aus dem Bauch heraus angegangen. Ein Zweckbündnis mit einem Kerl hat sie bisher nie ernsthaft erwogen.
Während er über seine Musikvorlieben erzählt und davon, daß er ausgezeichnet koche, mustert sie ihn genau. Den ersten Eindruck aus dem Why not? jedenfalls muß sie revidieren, als brutaler Zyniker hat er sich nicht entpuppt. Und wo Olga recht hat, hat sie recht, gut ausschauen tut er zweifellos. Sie läßt ihn weiterreden, stellt ein paar belanglose Zwischenfragen, aber von sich gibt sie nichts preis, sie möchte ihn zappeln lassen und testen, ob er schnell wieder aufgibt, wenn sie nicht gleich hinschmilzt.
Er gibt nicht auf, spielt in den folgenden Tagen vielmehr das gesamte Repertoire vom Blumenstrauß bis zum Auf-Händen-tragen-Wollen durch, übrigens könne er ihr auch unvergleichlich günstig jede Menge Speed verschaffen. Die Treffen werden in eine Nachbarstadt verlegt, der Vater dürfe nämlich unter keinen Umständen Wind davon bekommen, meint Joe, er würde ihm den privaten Umgang mit einer Prostituierten nie erlauben. Seine Freundin vergißt er zu erwähnen.
Monika ist weiter vorsichtig, hält Abstand, bis er die Geduld verliert und ihr auf die Damentoilette eines Lokals folgt. Dort drückt er sie mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Grobheit an sich, will eine schnelle Nummer, muß sich jedoch damit begnügen, alle Stellen ihres Körpers mit der Hand inspiziert zu haben, nach denen ihm nicht nur der Sinn steht. Olga wird von Monika zwar nicht über den Stand der Dinge informiert, aber sie merkt natürlich, daß sich zwischen Joe und der Freundin etwas zusammenbraut. Die Distanz zwischen den beiden Frauen wächst, von der gemeinsamen Wohnung ist nun nicht mehr die Rede.
Auch das erhoffte Zweckbündnis mit Joe steht anfangs nicht wirklich unter einem guten Stern: Irgendwann haben die beiden endlich doch Sex, wie es die ersten Male abläuft, erinnert Monika fatal an ihren Berufsalltag, kann sein, daß es zum Teil auch an ihr liegt. Irgendwann kommt sie dahinter, daß er vom Vater streng kontrolliert und klein gehalten wird, nur wenig Geld zur freien Verfügung hat, daß er um einiges jünger ist, als sie gedacht hat, nämlich bloß ein Jahr älter als sie. Irgendwann erfährt sie durch Dritte von seiner Freundin, macht ihm eine große Szene, vergeblich versucht er, die Sache herunterzuspielen, sie läßt ihn stehen. Irgendwann gibt sie seinem Drängen nach, er will sich ausreden mit ihr. Von dieser Frau, die ihm nichts mehr bedeute, seit Monika in sein Leben getreten sei, habe er sich getrennt, beteuert er am Telefon. Es war falsch und gemein, nicht ehrlich gewesen zu sein, aber glaub mir, ich werde mich ändern, gib mir noch eine Chance.
Für die Aussprache nimmt sie sich einen Abend vom Club frei, die Geschäfte laufen ohnehin zäh seit einiger Zeit. Sie besteht darauf, zum Aufwärmen noch in eine Herna-Bar zu gehen, Aggressionen zu kanalisieren, am Billardtisch, an den Spielautomaten. Da geschieht das Unglaubliche, Joe gewinnt sechstausend Kronen. Etwas Besseres hätte ihm nicht passieren können, denn der unverhoffte Geldsegen hellt Monikas Stimmung beträchtlich auf, und als er vorschlägt, damit in einem wirklich guten Hotel zu übernachten, samt Dinner und Frühstück im Bett, ist sie
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