Und ploetzlich sind sie 13
mit den Worten: „Bist du verrückt? Weißt du nicht, dass Leute aus unserer Familie immer ertappt werden?“
Die Jugendlichen, die ertappt werden, können sich glücklich schätzen. So unerfreulich die Situation auch war, aber dieses Mädel wird nie wieder etwas stehlen.
Jugendliche lernen allzu oft nur aus schlechten Erfahrungen oder unklugen Entscheidungen – sei es ein zu rasch verschicktes fragwürdiges Foto oder ein unüberlegter Kommentar bei Facebook, den plötzlich die ganze Welt lesen kann. Wäre es nicht wunderbar, wir könnten unseren Kindern eine „Werte-und-Weisheitspille“ verabreichen und auf diese Weise moralische Überzeugungen, Charakterstärke und die Fähigkeit zu guten Entscheidungen in sie einpflanzen? Leider gibt es keine solche Pille. Und nicht wenige Eltern glauben, sie könnten ihre eigenen Werte und Überzeugungen weitergeben, indem sie für ihre Kinder Ziele vorgeben und ihnen ihre eigenen Überzeugungen einhämmern.
Dieses Zielesetzen beginnt meist schon in dem Moment, in dem wir unser Baby zum ersten Mal im Arm halten. Unwillkürlich fragt man sich: „Wie wird die Zukunft dieses Kindes sein?“ Und automatisch setzen sich in Eltern Ziele für das Leben dieses Kindes fest. Wir möchten eine Warnung aussprechen: Ist es realistisch, Ziele für einen anderen Menschen vorzugeben? Nur, wenn Sie eine totale Enttäuschung vorprogrammieren wollen!
Ein Ziel ist etwas, das man selbst aus eigener Kraft erreichen kann. Anders gesagt: Ihre Ziele sollten nur Ihren eigenen Einsatz erfordern, um sie zu erreichen. Sie können sich etwa zum Ziel setzen, morgens um sechs Uhr aufzustehen, und wenn Sie entschlossen genug sind, dieses Ziel zu erreichen, werden Sie es auch schaffen. Wenn Sie allerdings dasselbe Ziel für Ihren 15-jährigen Sohn vorgeben, haben Sie letztlich wenig Einfluss darauf, ob das Ziel erreicht wird. Denn Sie können nur das eigene Handeln und die eigenen Grundeinstellungen verändern, aber nicht das von anderen. Das bedeutet: Sie können sich das Ziel setzen, Ihren Kindern ein gutes Beispiel zu geben, aber Sie haben wenig Einfluss darauf, dass Ihre Kinder diesem Beispiel auch folgen.
Es ist deshalb viel realistischer, davon zu sprechen, was wir uns für unsere Kinder wünschen. Wenn wir Wünsche äußern statt Ziele vorzugeben, vermindert das den äußeren Druck, verstärkt aber zugleich die persönliche Verantwortung. Wenn Sie Wünsche äußern, drücken Sie dadurch auch aus, dass Sie Ihr Kind lieben und ihm zutrauen, selbst gute Entscheidungen zu treffen.
„Was wünschen Sie sich am meisten für Ihr Kind?“ Als wir diese Frage in einem Elternseminar stellten, erhielten wir Antworten wie die folgenden:
• „Dass wir eine gute Beziehung zueinander aufbauen und behalten und gut im Gespräch bleiben können.“
• „Dass meine Tochter einen Ehepartner findet, der ähnliche Werte vertritt, und dass ihr die Familie wichtig bleibt.“
• „Dass unsere Kinder sich ein eigenes Urteil in Glaubensfragen bilden – und natürlich wünschen wir uns, dass sie sich für den Glauben entscheiden.“
• „Dass mein Kind ein verantwortungsbewusster Erwachsener wird, der seinen Beitrag für die Gesellschaft und für diese Welt leistet.“
• „Dass unser Sohn lernt, gute Entscheidungen zu treffen und eigene Überzeugungen zu entwickeln und zu vertreten.“
Was sind Ihre Wünsche für Ihr Kind? Was würden Sie aufschreiben, wenn Sie in 25 Worten benennen sollten, was Ihnen als unverzichtbar für das Glück Ihrer Kinder erscheint?
Eine Freundin sagte uns: „Wenn meine Kinder 90 Prozent meiner Werte und Überzeugungen übernehmen, dann hätte ich das Gefühl, dass ich meinen Job gut gemacht habe.“ Unsere Kinder sind keine Klone. Sie werden Wege gehen, die wir nicht gehen, und Erfahrungen machen, die wir nicht machen. Das Leben verläuft vorwärts, nicht rückwärts.
Khalil Gibran schrieb: „Versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.“ Sie können sich bemühen, Ihre eigenen Werte und Glaubensüberzeugungen weiterzugeben. Aber behalten Sie dabei stets im Blick, dass die Fackel, die Sie Ihren Kindern weiterreichen, in ihrem Leben anders leuchtet als in Ihrem eigenen. Erwarten Sie keine Kopien. Sonst kommt es rasch zur Enttäuschung über die Entscheidungen Ihrer Kinder. Und Enttäuschung belastet Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern enorm.
Auf einer Familienkonferenz erzählte eine Teilnehmerin die folgende Erfahrung: „Wir machten uns große Sorgen
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