Und plötzlich warst du wieder da
hereingefallen war. Anscheinend war sie in dem ganzen Restaurant die Einzige, die nicht eingeweiht gewesen war. Am liebsten hätte Nadia sich hinter Lucas verkrochen.
Als hätte er ihre Gedanken erraten, rückte er auf ihrer Bank ein Stück näher und zog Nadia eng an sich. Dann ergriff er ihre Hand und zog sie auf seinen Oberschenkel. Nadias Atem ging schneller, als sie seine Wärme und seine starken Muskeln durch den Stoff der Hose hindurch spürte. Sie wollte die Hand zurückziehen, ließ es dann aber lieber, um nach der ersten Blamage nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Inzwischen waren die Akteure vollzählig versammelt und strebten der Bühne zu, die hinter einem geschlossenen Vorhang vorher nicht zu sehen gewesen war.
„Wie konnte ich denn übersehen, dass das hier ein Theater ist?“, flüsterte Nadia Lucas zu.
„Du hast nichts übersehen, weil es nichts zu übersehen gab. Alles hier ist wie in jedem anderen Restaurant.“ Er sprach leise in ihr Ohr. Sie bekam eine Gänsehaut, als seine Lippen ihr Ohr berührten. Im nächsten Moment zuckte Nadia zusammen. Er hatte sie zärtlich ins Ohrläppchen gebissen! Sie merkte, dass er sie erregte, aber es wurde ihr zu viel. Vorsichtig versuchte sie, sich von ihm loszumachen.
„Sitz still, und genieß das Schauspiel“, flüsterte Lucas ihr zu, während er sie fest an seiner Seite hielt.
Nadia war früher häufig im Theater gewesen. Wenn es auf dem Broadway eine besondere Premiere gab, war sie dafür extra nach New York geflogen. Lucas hatte diese Möglichkeit damals natürlich nicht gehabt. Dafür hatten sie sich in der Umgebung von Miami Vorstellungen von Amateurschauspielern gemeinsam angesehen. Etliche fanden unter freiem Himmel in Parks statt. Am meisten hatte Nadia es genossen, auf einer Decke zu sitzen, von Lucas umarmt zu werden und sich das Stück anzusehen. Ihre augenblickliche Lage in diesem Theater-Restaurant erinnerte sie sehr daran. Vielleicht zu sehr. Nadia gab sich Mühe, der Handlung des Kriminalstücks zu folgen, um herauszubekommen, wer denn nun den Gast am Nachbartisch „umgebracht“ hatte.
Der Vorhang fiel. Es war Pause.
Lucas hob ihre Hand, die er immer noch hielt, und führte sie an seine Lippen. Ein Wonneschauer durchrieselte Nadia, als er ihre Hand küsste. Ihre Blicke trafen sich, und wieder flammte Verlangen in ihr auf.
„Gefällt es dir?“, fragte er.
Jetzt wäre die Gelegenheit, von ihm abzurücken, überlegte sie. Die meisten der anderen Gäste waren ins Gespräch über das Gesehene vertieft, einige nutzten die Pause und gingen nach draußen. Aber Nadias Körper schien ihr nicht zu gehorchen. Anstatt auf Abstand zu gehen, kuschelte sie sich gemütlich an Lucas und meinte: „Es ist großartig. Da hast du dir eine tolle Überraschung ausgedacht.“
Lächelnd ließ er ihre Hand los und strich ihre eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei fiel Nadias Blick auf das Zifferblatt seiner Armbanduhr. Sie hatte völlig vergessen, auf die Zeit zu achten. Es war bereits halb zwölf. Wenn sie sich nicht beeilte, war sie zu spät in ihrer Wohnung.
Mit einem Ruck richtete sie sich auf und sagte: „Es tut mir leid, aber ich muss los. Augenblicklich.“ Im nächsten Moment war sie aufgesprungen und strebte zwischen den Tischen hindurch dem Ausgang zu. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, den stimmungsvollen Abend auf diese Weise zu beenden. Aber hier standen ihre Erbschaft und die ihrer Brüder auf dem Spiel.
In der Eingangshalle hatte Lucas sie eingeholt. „Was ist los? Ist dir schlecht geworden oder so etwas?“ Er sah sie besorgt an.
Seine Anteilnahme rührte sie. Trotzdem scheute Nadia sich, ihm reinen Wein einzuschenken. Vor allem war ihr unangenehm, dass sie sich wie ein kleines Kind behandeln ließ, dem man vorschrieb, wann es zu Hause sein musste. „Lucas, bitte lass mich gehen. Es ist wichtig. Wenn du dir das Stück zu Ende ansehen willst, ist das völlig okay. Ich kann mir ein Taxi nehmen. Aber jetzt muss ich los – sofort.“
„Ich dachte, es macht dir Spaß?“
„Das tut es auch. Es ist fantastisch. Trotzdem muss ich mich beeilen.“
„Ich fahr dich nach Hause. Aber dann musst du mir auch erzählen, was so dringend ist.“
„Lucas, können wir das bitte auf dem Weg erledigen? Ich erkläre es dir, versprochen. Aber bitte, bitte lass uns jetzt schnell losfahren.“
Lucas winkte den Geschäftsführer heran, sprach kurz mit ihm und drückte ihm zwei oder drei Geldscheine in die Hand. Dann kehrte er zu
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