Und plötzlich warst du wieder da
für sich behielt. „Du bist einfach ein ganz ordinärer, kleiner Egoist, Lucas Stone. Und ich wünsche, dich nie wiederzusehen.“
Er starrte sie eine Weile an, sodass sie sich schon überlegte, ihre Drohung wahr zu machen und die Security zu rufen, auch wenn das wenig aussichtsreich war. Schließlich ging Lucas wortlos an ihr vorbei und verließ ihr Apartment.
Ihn so zu verlieren erschütterte sie fast noch mehr als damals, als sie glaubte, er wäre an den Folgen des Unfalls gestorben. Das wäre Schicksal gewesen. Jetzt war es, als hätte er sie wie ein Stück Abfall weggeworfen.
2. KAPITEL
Nicht, dass ihn die Trauer überwältigt hätte. Dennoch bedauerte Lucas Stone sehr, dass Everett Kincaid gestorben war. Denn es brachte ihn um die Gelegenheit, diesem Mann gegenüberzutreten, die Meinung zu sagen und sich zu rächen.
Aber war es wirklich so?
Immerhin gab es noch die beiden Brüder, Rand und Mitch Kincaid. An ihnen konnte Lucas auch jetzt noch ein Exempel statuieren und dem Kincaid-Clan zeigen, dass sie Lucas Stone zu Unrecht abgeschrieben hatten. Waren sie denn so viel besser als der Vater? Zu Nadias und seiner Hochzeit waren sie zwar erschienen, aber mehr als eine Art Leibgarde für ihre Schwester. Sie hatten ihn spüren lassen, dass er in ihren Augen kein standesgemäßer Ehemann für das behütete Nesthäkchen der Familie war.
Er hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde, und starrte auf die Tür, die Nadia ihm vor der Nase zugeknallt hatte. Was für ein Wiedersehen nach so vielen Jahren. Ein Stück reifer war Nadia geworden in dieser Zeit – und schöner. Das volle, leicht gewellte dunkle Haar und ihre faszinierenden grünen Augen waren genau, wie er sie in Erinnerung hatte. Er hatte die weichen Formen geliebt, die sie früher gehabt hatte. Aber diese festeren weiblichen Konturen hatten eindeutig noch mehr Sex-Appeal. Lucas erinnerte sich daran, wie seine Mutter gesagt hatte, dass Nadia zu den Frauen gehörte, die in jedem Alter ihre Schönheit behielten. Seine Mutter und seine beiden jüngeren Schwestern hatten Nadia verehrt – bis zu dem Tag, an dem die Nachricht gekommen war, Nadia wolle von Lucas nichts mehr wissen.
Dabei hatte Lucas keinen Grund, Nadia die Geschichte nicht zu glauben, die sie ihm gerade erzählt hatte. Die Ohnmacht, die Überraschung, der Schmerz in ihren Zügen, das alles konnte sie ihm unmöglich vorgespielt haben.
Ihren Vorwurf, sie verraten zu haben, indem er Kincaids Geld genommen hatte, konnte er verstehen. Trotzdem fand Lucas es ungerecht. Als der alte Kincaid an seinem Bett gesessen und seine Vorschläge unterbreitet hatte, war Lucas ihm hilflos ausgeliefert gewesen. Lucas hatte eine Heidenangst gehabt, nie wieder gehen und arbeiten zu können und seiner Familie nur noch eine Last zu sein. Aus dieser Panik heraus erschien ihm das Angebot damals als einzig möglicher Ausweg.
Was Lucas allerdings niemals glaubte, war das Märchen von Kincaids plötzlicher Wandlung. Im Angesicht des Todes soll ihn Reue gepackt haben, sodass er ihn und Nadia wieder zusammenbringen wollte? Wenn Everett das Zusammentreffen wirklich inszeniert hatte, dann aus purem Sadismus. So viel war Lucas klar.
Interessant war, wie der alte Fuchs herausgefunden hatte, dass Lucas hier der Hausherr war. Offiziell gehörte das Gebäude der Firma KingPin Electronics, und wohlweislich tauchte der Name Lucas Stone in dem Zusammenhang nirgends im Handelsregister auf. Hier hielt Lucas sich wie bei all seinen anderen geschäftlichen Beteiligungen diskret im Hintergrund. Seine jüngste Schwester nannte ihn deshalb scherzhaft „U-Boot“.
Lucas stellte sein Gepäck im Flur seines Apartments ab und war froh, nach unzähligen Nächten in Hotelbetten wieder daheim zu sein. Er ließ den Blick durch sein Wohnzimmer schweifen. Die gediegene Einrichtung war ein deutlich sichtbares Zeichen dafür, dass die Zeiten der Entbehrungen für ihn der Vergangenheit angehörten.
Es war schon erstaunlich, was Ehrgeiz und – er musste es zugeben – auch eine Portion Rachsucht an Energie freisetzen konnten. Sieben Jahre lang hatte er hart an seinem Aufstieg gearbeitet, bis er genug Kapital angehäuft hatte, um sich dem eigentlichen Ziel zu nähern. Seit dreieinhalb Jahren spielte er jetzt schon in Everett Kincaids Liga und mischte in dessen Branche mit. In dieser Zeit hatte Lucas sich darauf konzentriert, möglichst viele Zulieferfirmen und – betriebe der KCL-Reederei aufzukaufen. Er beherrschte diesen Markt nunmehr fast
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