Und plotzlich ist es Gluck
zusammengebrochen bist«, mischt sich Sofia ein. »Sie ist zusammengebrochen«, wiederholt sie, zu Filly, Bryan und Dympna gewandt, damit nur ja keiner denkt, sie hätte den Krankenwagen wegen nichts und wieder nichts gerufen.
Dympna beugt sich über mich, ohne sie zu beachten. »Also, hatten Sie Schmerzen?«
Es kommt mir vor, als wäre der heutige Morgen schon ziemlich lange her. Dann erinnere ich mich. »Ja«, sage ich. »Krampfartige Schmerzen.«
»Im Unterleib?«
»Ja.«
»Hier?« Sie legt mir die Hand auf den Bauch, knapp über dem Schambein, und ich nicke. »Kann es sein, dass Sie schwanger sind?«, fährt sie fort, etwas forscher nun, und schreibt etwas auf ihr Klemmbrett.
»NEIN!«, stoßen Filly und Bryan wie aus einem Munde hervor und grinsen dann verlegen, wie man es tut, wenn man an einem öffentlichen Ort Aufmerksamkeit erregt hat, und es gibt wohl keinen öffentlicheren Ort als den Korridor der Notaufnahme an diesem Dienstagmorgen.
»Äh … nun …«, stottere ich. Ich kann doch unmöglich eine Krankenschwester anlügen. Was hätte das auch für einen Zweck? Aber die Wahrheit ist zu kompliziert, zu chaotisch, und ich bin beim besten Willen noch nicht bereit, sie laut hinauszuposaunen. Vor allem vor Publikum.
Mein Problem löst sich in Sekundenschnelle, und zwar in Gestalt einer wahren Fontäne, die sich – völlig unangekündigt – aus meinem Mund ergießt. Dympna zaubert aus einer Vordertasche ihrer Schürze blitzschnell eine Nierenschale hervor, mit der sie mein Erbrochenes auffängt. Es ist offensichtlich, dass sie dergleichen nicht zum ersten Mal erlebt, trotzdem kann sie ein zufriedenes kleines Lächeln nicht unterdrücken. Sie stellt die Schale auf einem Wägelchen neben mir ab, weil sie weiß – noch ehe ich es weiß –, dass ich noch nicht fertig bin.
Während ich würge, informiert Filly die Schwester flüsternd und doch unüberhörbar: »Ihr Freund hat sie verlassen. Vor ein paar Wochen.«
Dympna wirkt verwirrt. »Und …?«
Sie wartet ab.
»Scarlett würde niemals ungeplant schwanger werden, müssen Sie wissen. Sie tut nie etwas ungeplant«, erläutert Bryan.
»Sie ist nämlich Hochzeitsplanerin.« Sofia muss natürlich auch ihren Senf dazugeben. »Genauer gesagt, meine Hochzeitsplanerin.«
»Oh«, sagt Dympna. »Ich dachte, Sie wären Angehörige von Scarlett.«
»Das sind wir«, behauptet Filly lauter als nötig. Sie befürchtet offenbar eine kollektive Ausweisung.
»Ich bin ihr Cousin«, bestätigt Bryan, und fügt, als Dympna eine buschige Augenbraue hebt (sie sieht nicht so aus, als hätte sie schon einmal einen Schönheitssalon von innen gesehen), hinzu: »Ihr Cousin ersten Grades.«
»Und ich bin praktisch ihre Schwester.« Filly streckt kämpferisch das Kinn nach vorn.
»Und wie gesagt, sie plant meine Hochzeit«, sagt Sofia, obwohl das eigentlich selbst für ihre Ohren nach einem ziemlich dürftigen Grund klingen muss.
Dympna setzt einen Punkt hinter ihr Gekritzel. Sie sieht aus, als wäre sie zu einem Entschluss gekommen. Wir recken alle den Hals, gespannt darauf, was sie uns sagen wird.
»Also gut, Scarlett, ich mache mich jetzt auf die Suche nach einem Bett für Sie, und dann führen wir einige Untersuchungen durch, ja?« Dympnas Optimismus ist bewundernswert – ein Bett in einem irischen Krankenhaus aufzutreiben, ist in etwa so unwahrscheinlich wie die Begegnung mit einem Dodo oder die Sichtung eines freien Sitzplatzes im Pendlerzug nach Dublin am Montagmorgen. Noch ehe wir sie nach der Art der Untersuchungen fragen können, erscheinen zwei hagere alte Männer rechts und links von meinem Krankenhausbett und beginnen mich wortlos durch den Korridor zu schieben.
»Bryan, Sie können Scarlett begleiten, wenn Sie wollen«, sagt Dympna und schenkt Filly, die mit einer Hand am Bettgestell neben uns hertrottet, ein freundliches, aber bestimmtes Lächeln.
»Los, komm mit!« Sofia legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Wir gehen in die Kantine und spielen Russisches Roulette mit dem Krankenhausessen.«
Filly lässt langsam die Hand sinken und lächelt mich an, allerdings vergeht ihr das Lächeln, als sich Sofia bei ihr unterhakt und hinzufügt: »Wir können ja über meine Hochzeit reden. Das wird dich ablenken.«
Ich höre, wie sich das Geklapper ihrer Stöckelschuhe entfernt und muss beinahe grinsen, wenn ich an Fillys Schicksal denke. Bryan ergreift mit seinen warmen, weichen Fingern meine kalte Hand. Er erwähnt mit keinem Wort, dass ich doch angeblich
Weitere Kostenlose Bücher