Und plotzlich ist es Gluck
entnehme der obersten Schublade meines Schreibtischs eine Tupperware-Dose.
»Sie kommt zu früh«, kann ich gerade noch sagen, dann übergebe ich mich in die Tupperdose (die Tüten von Fillys Freundin, der Stewardess, lassen auf sich warten), schließe den Deckel, verstaue den Plastikbehälter wieder in meiner Schublade und wische mir mit einem Taschentuch den Mund ab.
»Das ist ganz schön unappetitlich«, stellt Filly fest.
»Ich weiß, aber es geht immer so schnell, dass ich es nie und nimmer rechtzeitig aufs Klo schaffen würde. Und selbst wenn, wüsste es dank Eloise und Lucille spätestens zu Mittag die ganze Firma. Die beiden rennen ständig aufs Klo. Liegt wahrscheinlich an den Feigen, die sie sich ins Müsli schnippeln.«
»Es ist ziemlich irritierend zu wissen, dass eine Tupperdose voller Erbrochenem in der obersten Schublade steht. Dort hast du doch immer den Locher verstaut, den ich dir geschenkt habe.«
»Den habe ich noch, er ist bloß umgezogen«, sage ich und öffne die zweite Schublade, um es ihr zu beweisen. Der Locher ist eine Nachbildung des Opernhauses von Sydney und in den Farben der australischen Flagge bemalt. Dann
nehme ich wieder die Kopf-zwischen-den-Knien-Position ein – eine Empfehlung von Filly. Allerdings hat sie mir auch ans Herz gelegt, ich solle Akupressur-Armbänder tragen und Ingwerplätzchen, Jacobs Cream Cracker und Brennnesselsuppe essen, und all diese Maßnahmen haben lediglich bewirkt, dass ich noch öfter reihern musste.
Filly hat sich mittlerweile daran gewöhnt, mit meinem vornübergebeugten Rücken zu reden.
»Soll ich die beiden raufschicken?«
»Die beiden?« Ich spanne die Magenmuskeln an und mache eine Visualisierungsübung: Ich stelle mir vor, dass ich mich nicht übergebe. Das habe ich die letzten Tage ein paarmal ausprobiert, und die Erfolgsquote war nicht viel niedriger als bei den Armbändern und den Crackern und der Suppe.
»Hier.« Filly stellt mir ein Glas kaltes Wasser hin und taucht meine Finger hinein. »Das wird dir helfen.«
»Das bewirkt bloß, dass ich pinkeln muss.« Ich nehme die Finger aus dem Glas und lecke sie ab, obwohl Wasser zu den Lebensmitteln gehört, die ich nicht bei mir behalten kann. Was im Grunde genommen auf sämtliche Lebensmittel zutrifft – mit Ausnahme von Brokkoli seltsamerweise.
»Also, soll ich Sofia und ihrem Zukünftigen jetzt sagen, dass sie hochkommen sollen?«
»Okay«, hauche ich, mit einer Stimme, so schwach wie amerikanischer Kaffee.
»Dann wirst du dich aber aufrichten müssen«, sagt Filly mit ihrer strengsten Stimme und kommt auf mich zu. Ich öffne die Schublade mit der Tupperdose.
»Ich habe dich doch gebeten, ein anderes Waschmittel zu verwenden«, stöhne ich. »Von Persil wird mir schlecht.«
»Von allem anderen auch.« Da hat sie allerdings Recht.
»Aber bei Persil ist es besonders schlimm. Bitte, Filly,
es ist doch nur für ein paar Wochen. Danach sollte es besser werden.«
»Also gut, ich werde Brendan mal fragen, was für ein Waschpulver er nimmt.« Brendan hat in meinen Augen einen Wasch-Tick. Sobald Filly nach Hause kommt, reißt er ihr die Kleider vom Leib und stopft sie in die Maschine, ob sie nun schmutzig sind oder nicht.
»Danke«, kann ich gerade noch sagen, dann geht es wieder los. Der Behälter ist fast voll. Ich halte ihn Filly hin, mit derselben flehentlichen Miene wie Blue, wenn er möchte, dass ich sein Kistchen saubermache, was mittlerweile George übernommen hat. Laut Blues Tierarzt und unserem Hausarzt wird Ellen keinen Schaden davontragen, solange ich mich vom Katzenklo fernhalte.
»Vergiss es.« Filly hebt abwehrend die Hände und weicht zurück, als würde ich mit einer Schusswaffe auf sie zielen.
»Aber du bist ihre Taufpatin«, wimmere ich.
»Das ist Erpressung.«
Ich nicke. »Ich weiß.«
Filly verzieht das Gesicht, als ihre Finger mit dem Behälter in Berührung kommen, dessen Inhalt noch warm ist. »Versprich mir, dass du dasselbe für mich tun wirst, wenn meine Zeit gekommen ist.«
Ich nicke. Wenigstens ist mein Magen jetzt endlich völlig leer.
Filly geht zur Tür, wobei sie die Tupperdose mit ausgestreckten Armen vor sich her trägt. »Ich werde das hier nur rasch entsorgen, dann hole ich Sofia.«
Ich beuge mich vornüber, den Kopf zwischen den Knien.
»Los, geh dir die Zähne putzen, und mach um Himmels willen ein Fenster auf«, befiehlt Filly. »In diesem Büro riecht es wie auf einer Fähre nach einer stürmischen Überfahrt. «
Ich hebe den Kopf und
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