Und plotzlich ist es Gluck
meinen Laptop zu. »Unangenehm für mich? Und was ist mit dir? Und mit deiner Verlobten?«, fauche ich. Ich bin unbeschreiblich wütend. So wütend, dass ich kaum Luft bekomme.
»Es tut mir leid«, wiederholt er. »Ich hatte keine Ahnung, dass wir uns hier über den Weg laufen würden.«
»Was zum Teufel willst du damit sagen? Wir sind hier schließlich in meinem Büro.«
»Schon, aber ich wusste ja nicht …«
»Was? Sag bloß, Sofia hat mich nicht erwähnt. Ich dachte, sie erzählt dir alles, weil du ihr Verlobter bist?«
»Nein«, sagt Red. »Das heißt, ja, sie hat dich erwähnt, aber ich habe angenommen … Damals in der Bar, da dachte
ich …« Er verstummt. »Ehrlich gesagt habe ich dir damals nicht geglaubt, dass du tatsächlich Scarlett O’Hara heißt.«
Ich starre ihn an, und alles ist wie in meiner Erinnerung. Die feuerroten, widerspenstigen Haare, die ihm in allen Richtungen vom Kopf abstehen wie Heu. Die Augen, so grün wie ein St-Patricks-Day in Irland. Der allgemeine Eindruck von Nachlässigkeit, ja, Gleichgültigkeit.
»Mir ist schon klar, wie das alles aussieht«, sagt Red in die Stille hinein. »Aber …« Er bricht ab, und ich verfolge, wie er sich – vergeblich – bemüht, mit einer plausiblen Erklärung aufzuwarten. Nach einer Formulierung sucht, die die ganze Angelegenheit weniger anrüchig klingen lässt, weniger …
Die Tür wird aufgerissen. »Schäbig«, verkündet Sofia und marschiert herein. »Das ist es, Filly. Vier waagrecht. Schäbig, mit ae.«
Der Servierwagen rattert, als Filly ihn mit einer Hand über die Schwelle schiebt. Mit der anderen Hand hält sie sich eine zusammengefaltete Zeitung vor die Nase. »Ah, ja, stimmt«, sagt sie, den Blick auf das Kreuzworträtsel geheftet.
»Dann passt nämlich untreu in sieben senkrecht.« Sofia lässt sich mit einer überdimensionalen Teetasse und drei Stück Teegebäck auf dem Sofa nieder und lächelt uns der Reihe nach an, wobei ihre Mundwinkel beinahe die Ohren berühren, als sie bei Red angelangt ist. Sie packt zwei ihrer Schokoladenplätzchen aus und reicht sie ihm.
»Hier, hau rein, Süßer«, sagt sie. »Wir müssen dich vor der Hochzeit unbedingt noch ein bisschen mästen.« Sie blickt zu Filly und mir. »Ich meine, seht euch mal diese Hüftknochen an.« Damit greift sie nach dem Saum seines T-Shirts und hebt ihn an. »Sie stehen immer noch hervor
wie zwei Axtklingen, und das, nachdem ich ihn jahrelang mit Makkaroni vollgestopft habe. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu, oder?«
Ich presse die Lippen aufeinander und schüttle den Kopf. Es stimmt, sie stehen wirklich hervor wie Axtklingen. Ich erinnere mich deutlich daran.
Wieder ist es Filly, die mir zu Hilfe eilt, indem sie das Ruder herumreißt und das Gespräch in weniger gefährliche Gefilde steuert. »Also, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch«, sagt sie, wobei sie meinen übereifrige-Hochzeitsplanerinnen-Tonfall parodiert. »Zu eurer Verlobung«, schiebt sie hinterher, weil Sofia und Red erst einander und dann mich und Filly etwas ratlos mustern.
»Ach so, das meinst du.« Sofia kichert hinter vorgehaltener Hand. Red sagt nichts – er hat den Mund voll und kann nicht reden.
Ich habe mich endlich etwas gefangen. »Tja«, sage ich, »wir dachten da an einen Termin im August, und dazu passend das Thema ›Spätsommer‹. Gold- und Ockertöne …«
»Ocker?«, wiederholt Sofia mit gerunzelter Stirn.
»Ein etwas verbrannt wirkendes Orangegelb«, erklärt Red, bevor ich antworten kann.
»Und Taupe«, füge ich hinzu.
»Das ist ein helles Graubraun«, sagt er, zu Sofia gewandt, ehe sie danach fragt.
»Hm, ich weiß nicht recht«, sagt Sofia nachdenklich. »Eine verbrannt wirkende Farbe, das klingt nicht unbedingt ansprechend.«
»Es würde deine Haarfarbe toll zur Geltung kommen lassen.« Red macht sich an ihren Haaren zu schaffen und verpasst ihr eine provisorische Hochsteckfrisur, die sie rehäugig und verletzlich aussehen lässt. Dann blickt er sich suchend in meinem Büro um und deutet auf einen Umschlag
von exakt dem Ocker-Farbton, der mir vorschwebt. Als er mich fragend mustert, nicke ich und reiche ihm den Umschlag. Er hält ihn Sofia unter das Kinn.
»Perfekt«, stellt er fest. »Hast du zufällig …«
Ich öffne die dritte Schreibtischlade und entnehme ihr einen Spiegel. Er ist gerade groß genug, um Sofias Frisur, ihr Gesicht und den Umschlag zu zeigen.
»Siehst du? «, sagt Red, während ich ihr den Spiegel vorhalte.
»Mhmmmm …« Sofia
Weitere Kostenlose Bücher