Und plotzlich ist es Gluck
Zunge.«
»Hm.«
»Soll ich heute Abend zu dir kommen? Brauchst du moralische Unterstützung?«
»Ich dachte, du wolltest heute mit Grāinne ausgehen?«
»Sie hat Schluss gemacht.«
»Aber es lief doch so gut! Ihr hattet doch schon drei Dates, nicht?«
»Ja, aber …«
»Was ist passiert?«
»Ich glaube, es lag an meinem Klingelton.«
»Hast du etwa immer noch …?«
»Ja, Phyllis, die den Titelsong von Unten am Fluss singt.«
»Und, wie fand sie das?«
»Ganz nett.«
»Oh.«
»Ich könnte also kommen, wenn du magst.«
»Danke, Bryan, aber das ist nicht nötig. Ich schaffe das schon. Ich war nur etwas besorgt, als ich den Smiley gesehen habe, weil das so absolut untypisch für John ist.«
»Vielleicht hat er sich ja verändert«, sagt Bryan. »Vielleicht lernt er gerade, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen. «
»Lass uns von etwas anderem reden«, sage ich.
»Wie fühlst du dich? «, will er wissen.
»Diese Woche kann ich mit folgenden Symptomen aufwarten: zweimal Nasenbluten, einmal Zahnfleischbluten und einmal Sodbrennen nach dem Genuss eines Rancheros. «
»Alles im grünen Bereich«, sagt er, und ich höre den Stolz, der in seiner Stimme mitschwingt. Als wäre ich seine Musterschülerin. »Ich hatte allerdings keine Ahnung, dass du Rancheros magst.«
»Bislang mochte ich sie auch nicht.« Ich öffne die Schublade, die nun meinen Rancheros-Vorrat beherbergt, und entnehme ihr eine Packung. »Und Schlafstörungen«, füge ich hinzu.
»Die hast du doch immer«, wendet Bryan ein.
»Ja, aber jetzt habe ich einen triftigen Grund dafür.« Ich finde es schön, wenn es für alles einen triftigen Grund gibt.
Ich verspreche, ihn am nächsten Morgen anzurufen und ihm von meinem Telefonat mit John zu berichten, dann verabschieden wir uns und legen auf.
Ich sehe auf die Uhr. Es ist vierzehn Uhr und zweiunddreißig
Minuten (westeuropäische Zeit). Noch acht Stunden und achtundzwanzig Minuten bis zu meinem Gespräch mit John. Acht Stunden und achtundzwanzig Minuten, bis ich ihm von dem Baby erzählen werde. Dem Baby, das möglicherweise seines ist.
21
Das Telefon klingelt um exakt elf Uhr (westeuropäische Zeit). Ich sitze in der Küche, die Füße auf dem Herd, und versuche, Blue anzulocken, damit er auf meinen Schoß kommt und mich wärmt und tröstet. Vergeblich. Er kauert vor einer winzigen Öffnung in der Bodenleiste, wo einmal vor rund fünfzehn Jahren eine Maus erschienen ist. Er hat sie damals nicht erwischt und seither auch nie wieder eine dort gesichtet, doch das hält ihn nicht davon ab, sich auf die Lauer zu legen. Das liebe ich an ihm – seinen Optimismus.
Ich bin allein in der Küche. Maureen habe ich mit einer Wärmflasche, einem Glas Wein, ihrer Augenbinde, zwei Gurkenscheiben und der DVD-Geschenkbox von Dallas ins Bett verfrachtet. Oder war es Dynasty? Kann ich mir nie merken. Declan ist draußen in der Garage und betätigt sich heimwerkermäßig. Ich höre Hammerschläge und dazwischen einen gelegentlichen Aufschrei, wenn er auf seine Fingernägel statt auf die richtigen Nägel haut. George hat sich wie üblich in sein kleines Reich im Pförtnerhaus zurückgezogen, wo er vermutlich von Phyllis träumt. Seit ich denken kann, hat er eine Schwäche für sie, doch seine Schüchternheit hat ihn stets daran gehindert, ihr seine Gefühle zu offenbaren. Und Phyllis, die im Laufe der Jahre eine Reihe von Verehrern hatte, scheint nicht zu ahnen, was George für sie empfindet.
Ich lasse es dreimal klingeln, erst dann gehe ich ran.
John soll nicht denken, ich würde hier sitzen und auf seinen Anruf warten, obwohl ich genau das tue.
Ich räuspere mich.
Greife nach dem Telefon.
Hole tief Luft.
»Hallo?«
»Hallo, Scarlett«, sagt er, und seine Stimme klingt genau wie immer, was mich aus unerfindlichen Gründen überrascht. Einen Augenblick ist es so, als hätte es die vergangenen paar Wochen nie gegeben, als wäre er bloß im Büro und würde anrufen, um mich wissen zu lassen, dass er in einer halben Stunde nach Hause kommt, damit ich schon mal seine Heizdecke einschalten kann.
»Danke für den Rückruf, John«, sage ich.
»Keine Ursache.« Jetzt sind wir plötzlich zwei Fremde, die sich in einem Raum unterhalten, auf einer Party, auf der wir beide nicht sein wollen. Ich umklammere das Telefon und frage mich, wie ich anfangen soll. Er kommt mir zuvor. »Freut mich, dass du dich gemeldet hast«, sagt er.
»Ehrlich?« Damit hatte ich nicht gerechnet.
»Ja. Ich … Ich hatte in
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