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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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der schlaffen Bananenschale in der Hand. »Ich hatte dich nicht vor Ende Juli erwartet. Du hast gesagt …«
    »Ich weiß, was ich gesagt habe«, unterbricht er mich. »Aber ich wollte hier sein, wenn die zweite Ultraschalluntersuchung ansteht. Sie ist nächste Woche, richtig?«
    »Am Donnerstag.«
    Er holt seinen Terminkalender aus der Tasche und notiert sich die Details.
    »Aber warum …?« Meine Gedanken sind träge. Ich bin nicht aufnahmefähig.
    »Ich wollte einfach hier sein«, sagt er. »Ich habe schon so viel verpasst. Ich will nicht noch mehr verpassen.« Er wirkt entschlossen. Ich will nicht noch eine Frage stellen, die mit »Warum« beginnt und entscheide mich stattdessen für ein »Wie«: »Wie lange bleibst du?«
    »Was meinst du?« Er wirkt verwirrt. »Ich bin zurückgekommen, für immer.«
    »Warum?«
    »Das weißt du doch.« Er deutet mit dem Kopf auf meinen Bauch. Auf Ellen. Wenn ich sitze wie jetzt, kann man sie gut daran erkennen, dass der Stoff meines Blazers über meinem Bauch spannt. Ich öffne die Knöpfe und John schnappt nach Luft, als er die Schwellung erblickt und ihn die Wirklichkeit quasi mit der Keule einholt. Einen Moment lang sind wir beinahe wie eine richtige kleine Familie, umgeben vom süßen Duft nach frisch gemähtem Gras.
    »Ich bin zurückgekommen, um mich um dich und das Baby zu kümmern«, sagt er mit gekränkter Miene, als könnte er nicht glauben, dass ich nicht von selbst darauf gekommen bin.

    »Das wäre nicht nötig gewesen. Es geht mir gut. Es geht uns gut. «
    »Es ist meine Pflicht, und das weißt du auch.«
    »Ich dachte immer, ich weiß so einiges, aber ich wusste nicht, dass du mich verlassen würdest.«
    »Ich weiß. Ich …«
    »Was hat sich geändert?«, frage ich, obwohl ich die Antwort kenne.
    »Wir bekommen ein Kind«, sagt er, und seltsamerweise lächelt er dabei.
    »Aber du wolltest doch nie Kinder haben.«
    »Ich hatte es nicht geplant«, korrigiert er mich. »Aber jetzt, da ich Vater werde … naja … Ich habe darüber nachgedacht, und ich … habe nichts dagegen.«
    »Du hast nichts dagegen?«, wiederhole ich nicht eben freundlich.
    »Ich meine … ich habe mich mit dem Gedanken angefreundet. Ich bin sogar …« Er legt die Stirn in Falten, sucht angestrengt nach der richtigen Formulierung. »Ich freue mich darüber. Ich bin glücklich. «
    Ich sehe ihn an, versuche, ihn hinter all den Stichen und Narben und dem Sonnenbrand auszumachen, und stelle fest, dass er tatsächlich glücklich wirkt. Nicht ekstatischglücklich wie damals, als er in der landesweiten Schachweltmeisterschaft den zweiten Platz belegt hat, sondern zufrieden-glücklich. Er wirkt zufrieden.
    Eine Vision von Red Butler geistert mir durch den Kopf, und ich scheuche sie davon. Ich berge das Gesicht in den Händen, und ich muss wohl aufgestöhnt haben, denn John legt einen Arm um mich. Es ist so lange her, dass mich jemand berührt hat, dass ich beinahe schwach werde und mich an ihn lehne, um seinen vertrauten Körper zu spüren und seinen vertrauten Geruch einzuatmen.

    »Ich muss dir noch etwas sagen, John.« Meine Stimme ist lauter als nötig.
    »Hör zu, Scarlett, ich weiß, wir haben viel zu besprechen, und versteh mich nicht falsch, ich will, dass wir über alles reden, aber ich habe nur eine halbe Stunde für dieses Treffen eingeplant. Ich muss noch mit meinem ehemaligen Chef verhandeln, damit er mir meinen Job zurückgibt, und ich muss zu meiner Wohnung, damit wir möglichst bald wieder einziehen können. Was hältst du davon, wenn wir uns nach Feierabend zusammensetzen?«
    In mir beginnt es zu brodeln. Ich stehe auf. »Also, erstens werde ich nicht wieder bei dir einziehen.«
    »Nein, natürlich nicht. Jedenfalls nicht sofort, das ist mir klar.«
    »Und zweitens«, fahre ich fort, »habe ich für dieses Treffen überhaupt keine Zeit eingeplant, weil ich nämlich davon ausgegangen bin, dass du in irgendeinem dämlichen Kaff in Mittelamerika im Dreck herumwühlst.«
    »Südamerika«, korrigiert er mich, und weil es John ist, der das sagt, weiß ich, dass er es nicht so verdammt besserwisserisch meint, wie es klingt.
    »Du hast mich im Stich gelassen«, erinnere ich ihn, und er zuckt zusammen, als hätte ich ihn geschlagen.
    »Ach komm, Scarlett, im Stich gelassen ist doch etwas übertrieben, findest du nicht?«
    »Du hast mich im Stich gelassen«, wiederhole ich, »und jetzt kommst du auf einmal wieder angetanzt …«
    »Von antanzen kann keine Rede sein, Scarlett.« Stimmt. John

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