Und plotzlich ist es Gluck
eine überaus seltsame Beziehung«, bemerkt Elliot.
»Es kann durchaus vorkommen, dass Hunde und Katzen
Freundschaft schließen«, belehrt ihn Filly, die gerne stets das Beste in jeder Kreatur sieht, egal ob Mensch oder Tier.
»Ja, normale Katzen«, sagt Elliot, »aber wir reden hier von Blue.«
Red meldet sich zu Wort, ehe ich meine Zeitung zusammenrollen und ihm damit eins überziehen kann.
»Blue ist ein äußerst liebenswertes Geschöpf. Es dauert bloß eine Weile, bis er sich an manche Leute gewöhnt hat.«
»Wie lange?«, fragt Elliot und betrachtet den einen Tag alten Kratzer, der seinen Unterarm ziert.
»Du kannst Al Pacino hierlassen, wenn du zu Hugo gehst«, sage ich, zu Red gewandt. »Hugo fürchtet sich ein bisschen vor ihm. Außerdem habe ich einen Beutel Hundefutter besorgt. Ich gebe ihm dann sein Abendessen.«
»Du hast Hundefutter besorgt?«
»Äh, ja, als ich neulich für Blue Nachschub gekauft habe. Nur für etwaige Notfälle.«
»Danke«, sagt er. »Das ist nett von dir.«
»Keine Ursache«, erwidere ich, obwohl ich das sonst nie sage.
Er lächelt noch einmal in die Runde, Filly und Elliot lächeln zurück, als könnten sie nicht anders, dann ist er weg, und der Raum wirkt im Nu ein bisschen ordentlicher.
Die beiden mustern mich verwundert. »Keine Ursache? «, fragen sie wie aus einem Mund.
»Psst! Er wird euch noch hören!«, zische ich.
»Ihr geht sehr … höflich miteinander um«, stellt Elliot fest und runzelt verwundert die Stirn.
»Naja, er ist immerzu hier«, erkläre ich. »Es ist schier unmöglich, sich einem Menschen gegenüber konstant feindselig zu verhalten, wenn man ihn ständig um sich hat. Es ist anstrengend.«
»Irgendwie ist er ganz süß, nicht?« Diese wenig hilfreiche Bemerkung kommt von Filly.
»Er ist eine männliche Schlampe«, erinnere ich sie.
»Ach, richtig«, sagt sie, als hätte sie das völlig vergessen. »Aber eigentlich wirkt er gar nicht wie ein typischer Schürzenjäger, oder?«
Ich mustere sie wortlos aus schmalen Augen, und sie ist klug genug, das Thema fallenzulassen.
Später lädt uns Elliot zum Mittagessen in Avoca ein.
Plötzlich erhebe ich mein Glas.
»Ich möchte euch etwas sagen«, beginne ich, was mir ihre volle Aufmerksamkeit einträgt.
»Ja?«, fragt Elliot. Filly nickt bloß und wartet ab.
»Also …« Jetzt komme ich mir dämlich vor. »Ich wollte mich mal bei euch beiden bedanken«, sage ich, erstaunt über mich selbst.
»Wofür?«, fragen sie unisono und mustern mich so perplex, als hätte ich gerade gefragt, wie spät es ist.
»Dafür, dass ihr mir eine so große Stütze seid … und … ihr wisst schon …« Ich verstumme.
Filly und Elliot wechseln einen Blick und sagen: »Das sind die Hormone«, wieder wie aus einem Mund. Ich möchte ihnen widersprechen, möchte ihnen sagen, dass ich sie liebe, aus vielen verschiedenen Gründen. Ich möchte ihnen sagen, wie glücklich ich mich schätze, dass sie für mich da sind. Dass sie meine Freunde sind.
Natürlich sage ich nichts dergleichen. Doch als sie mich ansehen, lächle ich, und ich glaube, sie wissen, was mir durch den Kopf geht.
31
John ruft nicht zurück und schickt auch keine weitere SMS mit einem Smiley. Stattdessen taucht er höchstpersönlich auf. Am Montagmorgen. Unangekündigt und völlig überraschend, wie ein verlorengegangenes Gepäckstück, nachdem man längst die Hoffnung aufgegeben hat, dass man es je zurückbekommen wird.
Seit ich mich morgens nicht mehr übergeben muss, betrete ich das Gebäude von Extraordinary Events International wieder durch den Vordereingang statt durch den Notausgang im Hinterhof.
Es ist halb sieben Uhr morgens. Ich bin seit fünf wach, obwohl ich erst um zwei ins Bett gegangen bin, und auch das nur pro forma. Meine Schlaflosigkeit verschlimmert sich, wenn tags darauf ein wichtiges Ereignis ansteht. Und heute ist der Tag, an dem ich mich um die neue Stelle bewerbe, bei Simon und den anderen Vorstandsmitgliedern. Ich finde es schrecklich, dass ich diesen Job so dringend brauche. Dass ich ihn unbedingt haben will. Nachdem ich den Wagen geparkt habe, überprüfe ich meinen Puls und komme beim Zählen kaum mit. Mein Atem geht flach, und ich spüre das panische Schlagen meines Herzens. Es flattert, als wäre ein Vogel in meinem Brustkorb gefangen.
Ich hole Blue aus seinem Käfig und schiebe Fillys gelbes Stück Schnur durch sein Halsband. Er reagiert mit einem halbherzigen Katzenbuckel, und auch sein Fauchen ist leiser als
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