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Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall

Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall

Titel: Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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offen gestanden, einige unserer Mitbewohner …« Die Heimleiterin verstummte viel sagend.
»Dann erinnert sie sich also an Dinge, die sich vor fünfundzwanzig Jahren ereignet haben?«, fragte Jess vorsichtig.
»Oh, gütiger Himmel, ja! Fast alle unsere Bewohner erinnern sich an weit zurückliegende Dinge. Es sind die Ereignisse von letzter Woche, an die sie sich nicht mehr erinnern. Aber Dorothy gehört nicht zu dieser Kategorie. Ihr Verstand ist noch messerscharf. Sie ist wirklich nur hier bei uns, weil sie wegen ihrer Arthritis nicht mehr alleine zurechtkommt. Ich sollte Sie warnen – sie kann sehr offen sein.«
»Ich hoffe sehr, dass sie offen ist«, erwiderte Jess.
»Hmmm«, sagte die Heimleiterin zweifelnd. »Nun ja, wie ich bereits sagte, Dr. Freeman und ich sehen keinen medizinischen Grund, warum Dorothy nicht von Ihnen befragt werden sollte. Trotzdem, wir sind für ihr Wohlbefinden in unserem Heim verantwortlich. Wir möchten nicht, dass sie in irgendeiner Weise in Stress gerät. Falls sie Anzeichen von Stress zeigt, müssen Sie augenblicklich aufhören mit Ihrer Befragung, ist das so weit klar?«
»Selbstverständlich!«, antwortete Jess und bemühte sich, ihre Ungeduld zu verbergen.
Die Heimleiterin schien zu spüren, dass weitere Verzögerungen nicht willkommen waren. Sie erhob sich von ihrem Platz. »Dann kommen Sie bitte mit.«
Sie führte Jess und Ginny durch einen Korridor zu einem Aufzug. Sie fuhren hinauf in die erste Etage und durchquerten einen weiteren Korridor, bis sie vor der letzten Tür angekommen waren. Die Heimleiterin klopfte und öffnete.
»Dorothy, ich bringe Ihnen die beiden Polizisten, die mit Ihnen sprechen wollen.«
Jess konnte keine Antwort hören, doch es hatte wohl eine gegeben, denn die Heimleiterin fuhr fort: »Ich lasse Sie jetzt mit den beiden allein. Ich komme gleich wieder, um zu sehen, wie es Ihnen geht.«
Jess und Ginny wechselten Blicke. Um fair zu sein, sie hatten der Heimleiterin nicht den exakten Grund genannt, aus dem die Polizei mit Dorothy Pritchard reden wollte. Was auch immer die Leiterin oder der abwesende Dr. Freeman davon halten mochten, für Jess und Ginny war es immer noch eine Ermittlung in einem Mordfall, und Mrs Dorothy Pritchard (ehemals Travis) war ein Teil davon.
Der Raum, in den sie geführt worden waren, besaß mittlerer Größe und war mit angenehmen, traditionellen Möbeln ausstaffiert. Chintzstoffe und eine Tapete mit pinkfarbenen Rosenblüten und Vergissmeinnicht. Doch es war unerträglich stickig im Zimmer und eindeutig überheizt. Jess fühlte sich augenblicklich schlaff. Sie fühlte sich in der Falle, und ihr Blick ging automatisch zum Fenster. Es war dicht geschlossen. Das Zimmer lag zur Straßenseite hin, und der Ausblick zeigte eine geschäftige Hauptstraße jenseits des Rasens. Wenigstens hatte Mrs Pritchard, durch ihre Behinderung an dieses Heim gefesselt, lebendiges Leben zum Beobachten. Andererseits war der Verkehrslärm sicherlich ein Ärgernis und vielleicht der Grund, aus dem das Fenster geschlossen war. Im Zimmer standen nur wenige persönliche Dinge, darunter ein gerahmtes Porträt eines rundgesichtigen, freudlos dreinblickenden Jungen von ungefähr zwölf Jahren in Schuluniform. Sein Haar war streng gekämmt, und er starrte den Fotografen mit einem Blick an, in dem eine Spur von Aufsässigkeit zu erkennen war.
Mrs Pritchard saß zur Tür gewandt in einem Sessel. Sie besaß nicht viel Ähnlichkeit mit ihrem Sohn und war dünn und ausgemergelt, mit kurz geschnittenen grauen Haaren und tief liegenden Augen, die mit jener hungrigen Intensität auf ihre Besucher gerichtet waren, wie man sie bei Raubvögeln sieht, die ihre nächste Beute ausgemacht haben. Sie trug eine navyblaue Hose, unter deren Säumen geschwollene Knöchel zu sehen waren. Die Füße steckten in kastanienfarbenen Pantoffeln. Trotz der unbehaglichen Hitze im Raum trug sie einen grünen Wollpullover ohne jeglichen Schmuck. Nichtsdestotrotz hatte sie den Versuch unternommen, sich für ihren Besuch zu schminken. Der Versuch war nicht sonderlich erfolgreich verlaufen, im Gegenteil. Ihre Hände, knotig von der Krankheit, die sie ins Heim gezwungen hatte, ruhten auf den Armlehnen des Sessels. Die Applikation von Puder und Lippenstift war verständlicherweise wenig geschickt verlaufen. Ihre grell bemalten roten Lippen waren schmal und schief. Der Puder klebte in unregelmäßigen Flecken auf ihren Wangen und verklebte die Falten. Ihr gesamtes Gesicht, abgesehen von den Augen,

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