Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
ist«, klärte Meredith ihn auf.
KAPITEL 14
»Sie werden erwartet.«
Die Leiterin des Lewisham Retirement Home lächelte Jess Campbell und Sergeant Ginny Holding an, doch ihre Augen waren wachsam. Sie war eine Frau im mittleren Alter, stämmig gebaut, mit einem Namensschild am Revers und einer Brille, die sie an einer Schnur um den Hals trug.
Das Altersheim war ein freundliches, modernes und etwas nichts sagendes Gebäude mit großen Fenstern, durch die viel Licht ins Innere strömte, und einem Stück staubigem Rasen zwischen sich und der viel befahrenen Straße, an der es stand. Überall standen Blumen in Vasen, und an den Wänden hingen Bilder von fernen Landschaften, die den Bewohnern wahrscheinlich wenig bis gar nichts sagten. Ein großes Hinweisschild an einer Korktafel im Eingang erinnerte die Besucher, dass die fahrende Leihbücherei an diesem Tag herkam und dass sie bitte schön alle Bücher bereithalten sollten, die sie tauschen oder zurückgeben wollten. Über allem hing der Geruch nach Bohnerwachs, Desinfektionsmittel, gekochtem Gemüse vom Vortag und jene undefinierbare Aura von Alter und Krankheit. »Es ist keine richtige Leihbücherei«, erklärte die Leiterin gegenüber Ginny, die das Schild an der Korktafel gelesen hatte. »Einer der Bibliothekare bringt eine Auswahl von Büchern mit, groß gedruckte Sachen, Sie wissen schon, und setzt sich für eine Stunde in den Aufenthaltsraum.« Sie wandte sich an Jess. »Wenn ich vielleicht kurz mit Ihnen im Büro reden könnte, bevor Sie zu Dorothy gehen?«
Das Büro war wie alle Büros in derartigen Anstalten: ein übersäter Schreibtisch, ein Faxgerät, ein Computer mit Monitor und ein Aktenschrank. Die Leiterin zog zwei unbequem aussehende Stühle hervor und bot sie den beiden Beamtinnen an.
»Ich habe mit Dr. Freeman über Ihren Besuch gesprochen.« Sie zögerte, als erwartete sie einen diesbezüglichen Kommentar. Als keiner kam, schien sie ein wenig aus dem Konzept. »Dr. Freeman ist der Leiter der medizinischen Fürsorge unserer Bewohner.« Sie betonte die Worte und begleitete sie mit einem eindringlichen Blick.
»Wir haben unseren Besuchstermin über die zuständige Polizeistation vereinbart«, erklärte Jess, die sich nicht ausmanövrieren lassen wollte, was Referenzen und Vollmachten anging. Sie hatten außerdem mit den Stationen von Devon und Cornwall geredet, die für den Mord an Freda Kemp zuständig gewesen waren und die den Fall noch immer nicht endgültig abgeschlossen hatten. Doch Jess sah keine Veranlassung, das der Heimleiterin mitzuteilen.
»Oh?« Die Leiterin schien nicht so recht zu wissen, was sie von Jess’ Antwort halten sollte. Nach kurzem Überlegen tat sie den gegnerischen Anspruch auf Autorität ab. Außerhalb dieser Wände mochte die Polizei vielleicht für manche Dinge zuständig sein, doch hier im Heim herrschte Dr. Freeman, und sonst niemand.
»Wenn ich recht informiert bin«, begann sie forsch, »dann möchten Sie mit Dorothy über ihren Sohn sprechen. Steckt er in Schwierigkeiten?«
»Er ist in unsere Ermittlungen verwickelt, ja«, erwiderte Jess ausweichend.
»Dorothy liebt ihren Sohn über alles«, wurde sie von der Heimleiterin informiert. »Es wird sie sicherlich aufregen, falls er in Schwierigkeiten steckt.« Ihr Ton klang tadelnd, als trüge irgendwie Jess an allem die Schuld.
»Kommt er hin und wieder vorbei, um seine Mutter zu besuchen?« Diese Frage kam von Ginny Holding.
»Oh ja, sehr regelmäßig, einmal im Monat. Er wohnt nicht mehr in der Londoner Gegend, wissen Sie? Dorothy freut sich jedes Mal auf seine Besuche. Sie halten sie munter, verstehen Sie? Er ist alles, was sie hat. Und ich muss sagen, er verehrt seine Mutter.«
»Ist Mrs Pritchard fit genug, um uns zu empfangen?«, erkundigte sich Jess sinkenden Mutes. Sie waren doch wohl nicht den ganzen Weg hierher gefahren, um sich sagen zu lassen, dass Mrs Pritchard zu alt und gebrechlich war, um mit ihnen zu reden?
Die Heimleiterin schürzte die Lippen. »Physisch gesehen ja, physisch gesehen ist sie durchaus fit genug, auch wenn sie an einer schlimmen Arthritis leidet. Das ist auch der Grund, warum sie hier lebt. Sie käme kaum noch alleine zurecht. Sie ist nicht mal siebzig, wissen Sie, und die meisten unserer Bewohner sind ein ganzes Stück älter als sie. Dorothy tut mir wirklich Leid, weil sie in relativ jungen Jahren hierher kommen musste. Ich denke, sie hasst es, hier zu wohnen. Man kann ihre Frustration verstehen. Sie ist geistig noch absolut fit, und
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