Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
könnte ich mir vorstellen, dass sie alles Geld bekommt, das sie haben will. Ihre schicken Klamotten kosten eine Menge, glaub mir. Ich frage mich, ob sie überhaupt arbeitet. Irgendeine Arbeit, und wenn es nur eine ehrenamtliche ist, bei einer Wohlfahrtsorganisation?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Fiona in einer Suppenküche steht oder saubere Kleidung an Bedürftige ausgibt«, sagte Markby. »Genau wie du denke ich weniger an die Gegenwart als an die Zukunft. Ich frage mich, wie die beiden Frauen, wie Alison und Fiona in Jeremy Jenners Testament bedacht sind.«
»Warte mal. Lass uns mal sehen, was wir bisher haben.« Meredith zählte die Punkte an den Fingern ab. »Angenommen, Jeremy hat Fiona Geld gegeben. Vielleicht fängt er allmählich an sich zu fragen, was sie damit macht? Vielleicht braucht sie das Geld für etwas, das sie ihm gegenüber nicht zugeben kann? Vielleicht braucht sie es für Drogen?«
»Möglich, aber wir haben keinen Grund zu dieser Annahme.« Draußen auf der Straße gab es genug von diesem Zeug zu kaufen, das wusste Markby. Er wusste auch, dass Dealer es auf die Kinder reicher Eltern abgesehen hatten. Sich eine Linie Koks reinzuziehen, bevor man auf eine Party ging, war bei vielen Kids und auch bei nicht ganz so jungen Leuten heutzutage Standard. Aber eine ernste Sucht? »Sie sieht nicht danach aus«, warf er ein. »Ich habe keinerlei Anzeichen entdecken können.«
»Okay.« Meredith akzeptierte seinen Einwand auf jene Weise, die bedeutete, dass sie ihre Bedenken lediglich vorübergehend beiseite schob. »Was hältst du davon: Jeremy Jenner betet seine Frau an. Er hat ihr mit ziemlicher Sicherheit genügend Geld hinterlassen, dass sie nach seinem Tod versorgt ist. Er hat ein schwaches Herz. Diese Hassbriefe sind Gift für ihn. Er könnte sterben, und dann könnte der Erpresser Alison direkt unter Druck setzen.« Sie zögerte. »Oder vielleicht geht es in erster Linie gar nicht um Geld. Der Schreiber hat bislang noch kein Wort von Geld erwähnt. Vielleicht will er Alison auch nur diskreditieren und sie leiden lassen. Vielleicht handelt es sich ja um Rache.«
»Rache wofür?«
»Dafür, dass sie Jeremy geheiratet hat?«
»Womit wir wieder bei Fiona wären, richtig?«
»Schön, dann sind wir eben wieder bei Fiona. In meinen Augen ist sie die Hauptverdächtige. Sie könnte angetrieben sein von Rache oder von Erpressung. Beides würde in ihrem Fall Sinn ergeben. Möglicherweise ist es beides.« Merediths Tonfall forderte ihn heraus, einen Fehler in ihrer Argumentation zu finden.
»Wie ist sie an die Einzelheiten der Gerichtsverhandlung gekommen? Die Jenners behaupten, weder ihr noch Toby irgendetwas davon erzählt zu haben, bevor diese Drohbriefgeschichte aufgeflogen ist.«
Markby spielte den Advocatus Diaboli. Wenn Meredith sich erst eine Theorie in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie schnell einen genialen Fall daraus konstruieren, das wusste er. In dieser Hinsicht hatten Amateure stets einen Vorteil gegenüber dem Profi, der an profane Dinge wie Fakten und Beweise gebunden war. Doch Meredith besaß einen scharfsinnigen, klaren Verstand, und selbst wenn es ihren Theorien manchmal an Fakten mangelte, so fehlte ihnen selten der logische Zusammenhang.
»Das ist doch nur eine theoretische Frage, das hast du selbst gesagt!«, entgegnete sie ungeduldig. »Du versuchst meine Ideen herunterzumachen! Lass mich deine hören!«
»Du möchtest wissen, ob ich sie verdächtige? Es ist zu früh, um etwas dazu zu sagen. Ich bin noch nicht so weit, dass ich mit dem Finger auf jemanden zeigen oder ihn als Verdächtigen ausschließen könnte. Das schließt nebenbei bemerkt deinen Freund Toby mit ein!«
»Was?« Entsetzt starrte sie ihn an. »Aber das ist doch lächerlich! Was für ein Motiv sollte Toby haben? Er war es, der mich gebeten hat, mit dir zu reden!«
»Sicher, das hat er. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand ein doppeltes Spiel spielt. Genauso, wie du selbst erst vor wenigen Minuten beim Tor gesagt hast, als Fiona uns angehalten hat. Was das Motiv angeht – sagen wir, er hat sich in Fiona verliebt, was du offensichtlich befürchtest. Männer tun aus Liebe die seltsamsten Dinge.«
Ein Unheil verkündendes Schweigen breitete sich im Wagen aus. Nach einer Weile bemerkte Meredith steif: »Das ist trotzdem lächerlich. Ich kenne Toby. Warum um alles in der Welt sollte er so etwas tun? Außerdem war er im Ausland. Alison hätte sich ganz bestimmt erinnert, wenn die Briefmarken chinesisch gewesen
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