Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
»Außerdem hab ich Angst, Harry.« Das Geständnis verschaffte ihr kein Mitgefühl.
»Wovor musst du denn Angst haben?«, fragte er.
»Wie kannst du so etwas fragen? All diese schlimmen Dinge, die arme junge Lady … Liz Whittle war vorhin da und hat mir erzählt, was die Polizei macht. Sie ist untröstlich. Ich hab natürlich die Polizeiautos gesehen, die hier vorbeigekommen sind. Ich wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.«
»Aber es hat nichts mit uns zu tun«, brummte er. »Ich hab meinen Teil getan. Ich hab sie aus dem See gezogen und bin rauf zum Haus gegangen, um den Jenners Bescheid zu sagen. Vergiss es einfach mal für einen Moment, ja? Ich will es nämlich auch vergessen.«
»Es könnte aber etwas mit uns zu tun haben!«, beharrte sie und spielte mit Messer und Gabel vor sich, nahm sie vom Teller, wog sie in den Händen. »Vielleicht möchte Mr Jenner nicht mehr hier leben, nachdem seine Tochter gestorben ist, auf so grauenvolle Weise. Wenn er alles verkauft, was machen wir dann?«
»Ich arbeite für den nächsten Besitzer weiter, was sonst? Ich hab schon für den alten Mr Gray gearbeitet, und er starb keine achtzehn Monate später. Mr Jenner wollte, dass ich bleibe, als er das Anwesen gekauft hat.«
»Der nächste neue Besitzer möchte vielleicht nicht, dass du bleibst. Du weißt nicht, wer der nächste Käufer ist. Vielleicht ist es irgendeine Gesellschaft, die ein Altersheim aus dem Haus machen will oder ein Kongresszentrum. Vielleicht wird eine von diesen Firmen, die es inzwischen überall gibt, mit den Gartenarbeiten betraut.«
Die Faust des Ehemannes fuhr krachend auf den Tisch herab, dass das Geschirr klapperte. Der Salzstreuer fiel um und verschüttete Salz auf dem Tisch. Mrs Stebbings stieß einen leisen Schreckensruf aus, sammelte hastig eine Prise Salz und warf sie sich über die linke Schulter.
»Warum tust du so etwas? Das ist verdammter Aberglaube, weiter nichts!«
»Es bedeutet Unglück, Harry, Salz zu verschütten! Und das Unglück ist auf dem Weg hierher. Die junge Lady ist bereits im See ertrunken, und wenn Mr Tenner beschließt, das Haus zu verkaufen und wegzuziehen …«
»Herrgott noch mal, Frau! Warum zerbrichst du dir den Kopf über Dinge, bevor sie eingetreten sind? Warum sollte Mr Jenner das Haus verkaufen?«, brüllte Stebbings ärgerlich.
»Vielleicht nicht er, aber seine Frau.«
»Es ist doch immer das Gleiche mit euch Frauen!«, polterte er. »Wenn ein Argument nicht funktioniert, findet ihr ein neues. Es war Mr Jenners Tochter, die ertrunken ist, nicht die von Mrs Jenner!«
»Mrs Jenner ist trotzdem schrecklich aufgewühlt, ganz bestimmt ist sie das! Außerdem war sie in den letzten Wochen nicht mehr glücklich, auch nicht, bevor diese schlimme Sache passiert ist. Vielleicht ist sie es leid, hier draußen zu leben, und möchte zurück in die Stadt? Ich wage zu behaupten, dass sie sich langweilt. Und der Tod ihrer Stieftochter könnte die Sache entscheiden.«
Er starrte sie wütend an. »Wer hat dir das erzählt? Dass Mrs Jenner nicht mehr glücklich war in letzter Zeit?«
»Liz Whittle. Sie sagt, Mrs Jenner hätte sich merkwürdig verhalten, anders als sonst. Sie wäre gereizt gewesen, als hätte sie Probleme mit den Nerven.«
Stebbings verschränkte die mächtigen, knotigen Hände und starrte seine Frau finster an. »Dafür könnte es alle möglichen Gründe geben. Du sollst nicht mit Mrs Whittle tratschen!« Er richtete sich auf und verwarf das Thema. »Ich möchte jetzt endlich essen. Wo ist Darren?«
»Er ist oben auf dem Dachboden in seinem Arbeitszimmer. Ich gehe ihn rufen.«
»Nein, ich gehe.« Stebbings erhob sich. »Du bringst schon mal die Kartoffeln auf den Tisch.«
Er stieg die schmalen Stufen hinauf. Auf dem Absatz blieb er stehen und blickte nach oben. Die Luke in der Decke war geschlossen, doch eine Leiter am Rahmen zeigte den Weg hinauf auf den Dachboden.
»Darren!«, rief Stebbings. »Deine Mutter hat das Essen auf dem Tisch. Los, komm runter!«
Über seinem Kopf erklangen Geräusche. Schritte ließen die alten Holzbretter knarren.
»Ich komme!«, antwortete eine Stimme.
Stebbings machte kehrt, doch dann hielt er inne, kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe und kletterte auf der Leiter einige Sprossen in die Höhe, bis er mit den langen Armen die Klappe erreichen konnte. Er hob sie an, drückte sie zur Seite und zwängte sich durch die Luke auf den Dachboden hinauf.
Der Dachboden war zu einem zusätzlichen Zimmer ausgebaut. Stebbings’ Sohn saß
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