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Und so verlierst du sie

Und so verlierst du sie

Titel: Und so verlierst du sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junot Díaz
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Arbeit bei der Transactions Press beschäftigt. Aber freitags und samstags rief ich abends an, wenn ich in den Clubs niemanden gefunden hatte. Wir redeten, bis sich das Schweigen ausdehnte und du schließlich fragtest: Soll ich vorbeikommen?
    Ich sagte dann ja, und während ich auf dich wartete, erklärte ich den Jungs, es ist nur Sex, wisst ihr, im Grunde gar nichts. Dann bist du gekommen, mit Kleidung zum Wechseln und einer Pfanne, damit du uns Frühstück machen konntest, und vielleicht mit Keksen, die du für deine Klasse gebacken hattest. Wenn die Jungs am nächsten Morgen in die Küche kamen, warst du da, in einem meiner Shirts, und am Anfang haben sie sich nicht beschwert, weil sie dachten, du würdest irgendwann einfach verschwinden. Und als sie etwas sagten, war es schon recht spät, oder?

    Ich weiß noch: Die Jungs haben mich im Auge behalten. Zwei Jahre sind keine Kleinigkeit, dachten sie, obwohl ich die ganze Zeit nichts Festes daraus gemacht habe. Aber das Verrückte war, dass es mir gutging. Ich fühlte mich, als wäre der Sommer in mich gefahren. Den Jungs habe ich erzählt, es sei die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Man kann nicht sein Leben lang weiße Mädchen vögeln.
    In manchen Gruppen war das mehr als selbstverständlich, in unserer nicht.
    In diesem Joyce-Seminar hast du nie etwas gesagt, aber ich habe ständig geredet, und einmal hast du mich angesehen, und ich habe dich angesehen, und du bist so rot geworden, dass es sogar dem Dozenten aufgefallen ist. Du warst ein Whitetrashmädchen aus der Nähe von Paterson, das sah man schon an deinen geschmacklosen Klamotten, und du warst oft mit Niggern ausgegangen. Ich habe gesagt, du wärst versessen auf uns, und du meintest wütend, Nein, bin ich nicht.
    Warst du aber doch irgendwie. Du warst das weiße Mädchen, das Bachata getanzt hat, das der Studentinnenverbindung für Latinas beigetreten ist, das schon dreimal in Santo Domingo war.
    Ich weiß noch: Du hast mir angeboten, mich in deinem Civic nach Hause zu bringen.
    Ich weiß noch: Beim dritten Mal habe ich angenommen. Unsere Hände haben sich zwischen den Sitzen berührt. Du wolltest mit mir Spanisch reden, und ich habe dir gesagt, du sollst es lassen.
    Heute ist die Stimmung gut. Ich sage, Wir könnten mit den Jungs abhängen, und du schüttelst den Kopf. Ich will die Zeit mit dir verbringen, sagst du. Vielleicht nächste Woche, wenn es mit uns noch hält.
    Mehr können wir uns nicht erhoffen. Dass wir uns nichts an den Kopf werfen, nichts sagen, an das wir noch Jahre denken würden. Du beobachtest mich, während du dir mit einer Bürste durch die Haare fährst. Jedes ausgerissene Haar ist so lang wie mein Arm. Du willst nicht loslassen, aber auch nicht verletzt werden. Keine tolle Situation, aber was soll ich sagen?
    Wir fahren rauf nach Montclair, fast allein auf dem Parkway. Alles ist still und dunkel, und auf den Bäumen schimmert der Regen von gestern. An einer Stelle, gleich südlich der Orange-Städte, führt der Parkway durch einen Friedhof. Tausende Grabsteine und Kenotaphe auf beiden Seiten. Stell dir mal vor, sagst du und zeigst auf das nächstgelegene Haus, du müsstest hier wohnen.
    Was man da träumen würde, sage ich.
    Du nickst. Die Albträume.
    Wir parken gegenüber vom Landkartenhändler und gehen in unseren Buchladen. Obwohl das College in der Nähe liegt, sind wir die einzigen Kunden, wir und eine dreibeinige Katze. Du setzt dich in einen Gang und fängst an, die Kartons zu durchstöbern. Die Katze stürzt sich sofort auf dich. Ich sehe mich in der Geschichtsabteilung um. Außer dir habe ich noch nie jemanden getroffen, der es in Buchläden so lange aushält wie ich. Ein neunmalkluges Mädchen, wie man es nicht jeden Tag findet. Als ich zu dir zurückkomme, hast du deine Schuhe ausgezogen und knibbelst an den Schwielen vom Laufen, während du ein Kinderbuch liest. Ich lege dir die Arme um die Schultern. Flaca, sage ich. Deine Haare wölken auf und bleiben an meinen Bartstoppeln kleben. Ich rasiere mich für niemanden oft genug.
    Es kann funktionieren, sagst du. Wir müssen es nur zulassen.

    In diesem letzten Sommer wolltest du irgendwohin, also bin ich mit dir nach Spruce Run gefahren; wir waren beide als Kinder da. Du konntest dich daran erinnern, in welchen Jahren, sogar in welchen Monaten du dort warst, meine genaueste Erinnerung war Damals, als ich klein war.
    Sieh dir mal die Wilden Möhren an, hast du gesagt. Du hast dich aus dem Fenster in die

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