Und stehe auf von den Toten - Roman
Treppe vor sich. Es war ihr, als ob sie frische Luft spürte, einen Hauch nur, aber immerhin. Der Modergeruch ließ ein wenig nach, und ihre Lungen weiteten sich.
Am Ende der Treppe gabelte sich der Gang; beide Arme wurden von Öllämpchen nur notdürftig erhellt. Cäcilia wählte den rechten. Der frische Luftzug verlor sich, und wieder versperrte ihr eine große Tür den Weg. Sie war verschlossen,
aber mit einem groben Riegel, der von ihrer Seite zu betätigen war. Cäcilia schob den Holzbolzen zur Seite und öffnete die Tür. Vor ihr lag ein hoher, mit Dämpfen angefüllter Raum. Auf der gegenüberliegenden Seite loderte ein Feuer in einem Kamin. In der Mitte stand ein riesiger Tisch, auf dem sich die verschiedensten Gläser, Kolben, Flaschen und Schüsseln tummelten. Rechts von dem Tisch qualmte ein halbhoher Glutofen, über dem an einer Vorrichtung eine seltsame bauchige Flasche mit sich verjüngendem, gebogenem Hals befestigt war. In dem Kolben brodelte, erhitzt von der Glut des Ofens, eine grüngoldene Flüssigkeit, die stickige Dämpfe in den Raum quellen ließ. Wie bei einem Apotheker, dachte Cäcilia. In einem langen Glas auf dem Tisch, das mit einem Korken und Siegellack abgedichtet war, befand sich eine rote Flüssigkeit. Blut?
Und inmitten dieser Hexenküche entdeckte sie ihn. Er stand mit dem Rücken zu ihr und kam ihr seltsam vertraut vor. Während sie ihn wie gebannt anstarrte, drehte er sich plötzlich ruckartig um. Stahlblaue Augen blickten sie an: Es war ihr Prinz.
47.
G raf Stamitz und die Gräfin höchstpersönlich empfingen am nächsten Morgen die kleine Abordnung, die aus Cavalcanti, ein paar Sbirren - unter ihnen Stronzio -, Prospero, Valenti, Velloni und Pepe bestand. Der Graf, im goldverzierten blauen Justacorps und mit wallender Allongeperücke auf dem Kopf, wünschte ihnen viel Glück. Sie sollten nur anständig suchen, er sei nicht interessiert an Parasiten. Die Gräfin war in ein streng korsettiertes Kleid gewandet und trug eine hohe Perücke, deren weißblondes Haar mit Goldketten verziert war. Sie lachte Valenti spöttisch an. »Ach Graf, haben wir diese kleine Durchsuchung Ihnen zu verdanken?«
»Ich fürchte, ja«, antwortete Valenti mit einer Mischung aus Verlegenheit und Ärger, die Prospero hellhörig machte.
»Weißt du, Berthold, der Graf Gonzaga ist ein großartiger Reiter. Für einen Priester hat er beachtliche Talente.«
»Nun, ich glaube, auch die dickste Soutane der Welt kann einen Gonzaga nicht verstecken«, bemerkte Stamitz maliziös.
»Ich will ihm Leonidas schenken, er hat sich den Hengst wirklich verdient«, fügte die Gräfin hinzu.
Prospero sah, wie Valenti rot anlief. Er beschloss, dem Wortwechsel, der Valenti so offensichtlich peinlich war, ein Ende zu setzen. »Ich schlage vor, Präfekt, dass Sie mit den oberen Gemächern und wir mit dem Keller beginnen. In der Mitte treffen wir uns dann.«
»Wir sind einander noch nicht vorgestellt wurden«, wandte sich die Gräfin an Prospero Lambertini, wobei sie wie ein beleidigtes kleines Mädchen einen Schmollmund
zog und ihn mit spöttischem Blick fixierte. Dieser Spott war nicht klug, sondern lediglich provozierend. Außerdem nahm Prospero in ihrem selbstsicheren Blick etwas wahr, das alles verdarb, auch wenn man es leicht hätte übersehen können: Laszivität.
»Gnädige Frau, ich bin Prospero Lambertini, Mitarbeiter der Rota«, erwiderte er höflich, aber reserviert.
»Ah, superb. Sind Sie mit der Heiligsprechung von Großtantchen beschäftigt?«, fragte sie mit Kleinmädchenstimme.
»Wenn Sie möchten, dass wir damit schnell vorankommen, dann lassen Sie mich jetzt bitte anfangen, damit ich mich baldmöglichst um die selige Elisabeth kümmern kann, Gräfin.«
Ihre Miene fror ein. Das musste sie als Unhöflichkeit auffassen, und es war auch so gedacht gewesen. Prosperos Gehirn arbeitete unterdessen fieberhaft. Die Frau des Gesandten war also eine Bartaszoly und eine Verwandte des Kaisers. Wieder ein Steinchen zu einem Mosaik, das sich in seinem Kopf einfach nicht zu einem Bild zusammenfügen wollte.
»Wo hält sich eigentlich Ignaz von Poelschau auf. Ich hätte ihm gern ein paar Fragen gestellt«, wandte sich der Hilfsauditor an den Gesandten.
»Wessen wird er denn verdächtigt?«, kam Maria Konstanza von Stamitz ihrem Gatten zuvor.
»Einen Verdacht gegen ihn gibt es nicht, aber viele offene Fragen«, beschied Prospero sie kurz, dann blickte er den Grafen an. Der räusperte sich.
»Ich habe ihn seit
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