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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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fest die Stäbe. Dann stemmte sie die Füße gegen das Gitter und hangelte sich langsam hoch. Es erforderte ihre gesamte Kraft. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sie erst die Hälfte überwunden. Jeder Muskel, jede Sehne schmerzte inzwischen vor Anstrengung. Nur ihr Geist blieb seltsam klar und frei, als ob die körperliche Anstrengung ihn öffnete. Ihre Kopfschmerzen waren auf einmal wie weggeblasen. Auch wenn ihr Vorhaben ihre Kräfte übersteigen mochte, sie gab nicht auf. Noch niemals hatte sie aufgegeben. In ihrer Kindheit hatten alle ihren Bruder für das Mädchen und sie für den Jungen gehalten, wenn sie in den Felsen herumkletterten, in denen die Etrusker ihre Gräber angelegt hatten. Geheimnisvoll, schwer zugänglich und schön schaurig waren diese letzten Ruhestätten des längst untergegangenen Volkes. Ihr Bruder begleitete sie nur auf diese Abenteuer, weil er von den Gräbern gelesen hatte und sie selbst in Augenschein nehmen wollte. Schon damals war seine wissenschaftliche Neugier nicht zu bremsen, nicht einmal von seiner eigenen Angst.
    Endlich war sie oben. Sie hatte sich nicht getäuscht, der Spalt existierte tatsächlich, aber er maß waagrecht nur vier Handbreit und ließ etwa eine Elle Freiraum bis zur buckligen
Decke. Es war möglich, sich hindurchzuwinden, aber es war auch lebensgefährlich, denn die Enden der Eisengitter waren unterschiedlich lang. Sie könnte natürlich steckenbleiben, aber weit größere Gefahr ging von den Spitzen der einzelnen Stäbe aus. Sie waren wie Lanzen, die sie aufspießen könnten. Die schnellste Variante, sich mit dem ganzen Körper seitlich darüber zu flanken, schied aufgrund der Schmalheit des Spaltes aus. Ihr würde nichts anderes übrigbleiben, als sich Stück für Stück der Länge nach durchzuschieben.
    Cäcilia dachte an das Mädchen, dessen Ermordung sie mitangehört, dessen Leiche sie anschließend gesehen hatte. Mehr als der Tod konnte ihr nicht zustoßen. Mit Hilfe rechnete sie nicht mehr. Also hielt sie den Kopf quer und schob ihn durch. Ein kleiner Jubel befiel sie. Der Kopf hatte das Gefängnis bereits verlassen. Der Hals bereitete keine Probleme. Jetzt kam das schwierigste. Die Arme und Hände mussten dem Kopf folgen, ohne dass sie abrutschte und sich dadurch aufspießte. Sie sandte ein Stoßgebet zum Himmel und atmete noch einmal tief ein. Dann umgriff sie mit der linken Hand den Stab noch fester, ließ mit der rechten vorsichtig los und schob den Arm durch die Öffnung. Dem rechten Arm folgte Stück für Stück der Oberkörper - wie gut, dass sie keine übermäßig große Brust besaß -, bis sie mit der rechten Hand den Gitterstab von außen umfassen konnten. Schweiß tropfte von ihrer Stirn, als sie langsam den linken Arm nachzog. Sie stellte sicher, dass ihre Füße genug Halt hatten, um nicht an den Gitterstäben hinabzugleiten, schob aus dem Becken heraus ihren Oberkörper vorwärts und kletterte gleichzeitig kopfüber nach unten. Jetzt nur nicht abrutschen, nicht abrutschen, sonst würde sie aufgespießt hier oben festhängen.

    Es gelang. Doch in dem Moment, in dem sich nur noch ihre Füße zwischen Decke und Gitter befanden, verließ sie die Kraft. Bevor sie wieder fest zugreifen konnte, sackte ihr Körper ein Stück ab und ihre Füße prallten auf die eiserne Querstrebe, die oben von Wand zu Wand um die Gitterstäbe herumlief. Beim Versuch, ihre Füße zwischen den Stäben hervorzuziehen, verlor sie das Gleichgewicht, machte ungewollt einen Überschlag und stürzte.
    Der unfreiwillige Salto war ihr Glück. Sie schlug nicht mit dem Kopf, sondern mit den Füßen auf und fiel vornüber auf die Knie. So kauerte sie eine Weile. Langsam kam der Schmerz, und mit ihm kehrte das Bewusstsein zurück. Sie setzte sich kurz auf den Po und schaute sich ihren rechten Fuß an. Der Spann blutete. Sie hatte ihn beim Sturz an dem Eisen aufgerissen. Aber sie hatte es geschafft. Sie hatte den Käfig überwunden. Euphorie durchflutete sie. Sie sprach leise ein kurzes Dankgebet, dann stand sie auf. Es führte nur ein Gang aus dem Verlies hinaus. Obwohl sie unheimliche Erinnerungen mit ihm verband, folgte sie ihm mangels Alternativen. Bald hatte sie den großen Saal mit den Fresken, den Feuerstellen und den Bädern erreicht. Er war nur spärlich durch ein paar Öllämpchen beleuchtet. So schnell es ging, durchquerte sie den Raum. An der gegenüberliegenden Seite befand sich eine schwarze Tür, die sich als unverriegelt erwies. Cäcilia erklomm die schmale

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