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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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damit verbringen, sich gegenseitig das kostbare Baumaterial zu stehlen. Dabei riskieren sie allerdings schmerzhafte Schnabel- und Flügelhiebe des Vorbesitzers. Diese Gefahr haben die Weibchen auf Ross Island raffiniert umgangen: Sie bieten alleinstehenden Nestbesitzern Sex an und lassen sich dafür mit Steinchen belohnen, die sie dann zu ihrem eigenen Nistplatz schleppen.
    Make love, not war
    Bonobos setzen Sex allerdings nicht nur ein, um materielle Ziele zu erreichen. Auch für ihr soziales Zusammenleben spielt er eine entscheidende Rolle. »Sex ist der Kitt, der die Bonobo-Gesellschaft zusammenhält«, sagt Frans de Waal. Mit Geschlechtsverkehr festigen die Tiere Freundschaften, vermeiden Streit und beschwichtigen Konkurrenten. Und dank eines ausgefeilten Konzepts der sexuellen Versöhnung werden Konflikte in der Bonobo-Gesellschaft nur selten mit Gewalt ausgetragen. Möglicherweise hat Sexualität früher auch in der menschlichen Gesellschaft eine breitere Rolle gespielt als heute, spekuliert Frans de Waal. Moralische Vorgaben hätten dieses Verhalten dann aber stark eingeschränkt. Wie das ursprüngliche Liebesleben des Menschen ausgesehen hat, lässt sich daher nur noch schwer rekonstruieren.
    Ererbte Erfahrung: Angeborene Verhaltensweisen
    Menschen, so glaubt ein populäres Vorurteil, handeln nach ihrem freien Willen, benutzen ihren Verstand und lernen ständig, während Tiere nur von ihren Instinkten gesteuert werden. Doch je mehr sich Wissenschaftler mit dem Verhalten von Mensch und Tier beschäftigen, desto stärker gerät diese einfache Unterscheidung ins Wanken. Weder handeln Tiere immer nach einem starren Muster, noch ist der Mensch ein Ausbund an Rationalität. Gerade in seinen unbewussten Verhaltensweisen finden sich etliche angeborene Komponenten. Offenbar sind in den Genen noch immer Erfahrungen der Urmenschen gespeichert, die teils nützlich, teils aber auch inzwischen überflüssig oder sogar ärgerlich sind.
    Wenn einer brütenden Graugans ein Ei aus dem Nest kullert, rollt sie es mit dem Hals unter ihr wärmendes Gefieder zurück. Diese Rettungsaktion ist nicht die Erfindung eines besonders fürsorglichen Tieres: Jede Graugans würde so handeln. Deshalb gilt die Eiroll-Bewegung als Paradebeispiel für ein starres, angeborenes Verhaltensmuster. Ähnlich stereotype Verhaltensweisen legen auch Stichlinge an den Tag. Die Männchen dieser Fische haben zur Paarungszeit einen leuchtend roten Bauch. Diese Farbe löst bei allen Männchen Aggressionen aus, auf Weibchen wirkt sie dagegen ungemein anziehend. Man braucht die Tiere nur mit einem roten Gegenstand zu konfrontieren, der nicht einmal wie ein Fisch aussehen muss, und schon greifen die Männchen den vermeintlichen Rivalen an und die Weibchen versuchen, ihn in ein Paarungsritual zu verwickeln.
    Schlüsselreize – Aktionismus nach Programm
    Solche Beobachtungen haben Verhaltensforscher wie der als »Vater der Graugänse« berühmt gewordene Konrad Lorenz mit einer relativ einfachen Theorie erklärt. Demnach hat jede Tierart ihr eigenes angeborenes Verhaltensprogramm gespeichert. Das bringt sie dazu, auf einen bestimmten »Schlüsselreiz« mit einer dazu passenden Handlung zu reagieren. Stichlings-Männchen verknüpfen also mit der Farbe Rot einen Angriff.
    Weitere Studien haben allerdings rasch gezeigt, dass sich Verhalten nicht allein durch solche angeborenen Reaktionen auf Schlüsselreize erklären lässt. Denn bei vielen Verhaltensweisen spielen neben den angeborenen auch erlernte Komponenten eine Rolle. Beide wirken meist auf komplizierte Weise zusammen, so dass es oft sehr schwierig ist, ihre jeweiligen Anteile zu unterscheiden. Auch die Schlüsselreize selbst sind oft nicht einfach zu erkennen – wenn sie überhaupt eine so große Rolle spielen, wie Lorenz und seinen Kollegen vermuteten. Etliche Wissenschaftler bezweifeln das inzwischen und halten das klassische Instinktmodell für zu einfach. In der heutigen Verhaltensforschung sind die Begriffe Instinkt und Schlüsselreiz weitgehend aus der Mode gekommen.
    Das Erbe der Ahnen
    Unbestritten haben Tiere eine angeborene Fähigkeit, bestimmte Umweltsituationen zu erkennen und darauf zu reagieren. Schließlich bleibt ihnen nicht immer genug Zeit, das jeweils angemessene Verhalten zu lernen. Wer vor dem Feind nicht rechtzeitig flieht, dem bleibt oft keine Gelegenheit mehr, Erfahrungen zu sammeln. Und wer nicht weiß, wovon er sich in den ersten Tagen seines Lebens ernähren soll, verhungert. Wenn

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