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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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Verhaltensforschern bis in jüngste Zeit das Dogma galt, dass der weibliche Orgasmus ein Privileg des Menschen sei. Doch warum sollten Bonobo-Weibchen masturbieren, wenn sie dabei keinen Genuss empfinden? Während der Paarung quieken und schreien die Tiere auf charakteristische Weise, beim Verkehr zeigen sie oft ein »Freuden-Grinsen«. Aus all diesen Beobachtungen schließt Frans de Waal, dass auch der weibliche Orgasmus durchaus Wurzeln im Tierreich hat.
    Schau mir in die Augen, Kleines!
    Als falsch hat sich inzwischen auch die lange gehegte Annahme erwiesen, Menschen seien die einzigen Lebewesen, die sich beim Sex in die Augen schauen. Der Geschlechtsverkehr »von Angesicht zu Angesicht« galt früher als besondere Errungenschaft. Zu Kolonialzeiten versuchten die Europäer diese Position in andere Kulturkreise zu exportieren, um die dortigen »Wilden« zu »zivilisieren« – daher auch der Name »Missionarsstellung«.
    Inzwischen ist allerdings klar, dass der Blickkontakt während des Verkehrs keineswegs eine menschliche Erfindung ist. Bonobos praktizieren die Missionarsstellung nicht nur, sie scheinen sich dabei sogar für die Empfindungen zu interessieren, die sich auf dem Gesicht ihres Gegenübers abzeichnen. Oft hat Frans de Waal beobachtet, dass die Tiere während des Aktes ihre Bewegungen verändern und damit offensichtlich auf die Mimik ihres Partners reagieren. Mitunter brechen sie die Paarung sogar ab, wenn ihr Gegenüber dem Blickkontakt ausweicht oder anfängt, gelangweilt zu gähnen.
    Spezialität des Menschen: Das ganze Jahr Sex
    Allerdings gibt es auch Aspekte, in denen sich das Liebesleben der Menschenaffen deutlich von dem des Menschen unterscheidet. Bei den Schimpansen und Bonobos signalisieren die Weibchen ihre Paarungsbereitschaft beispielsweise mit einer deutlich sichtbaren Schwellung ihrer Genitalien. Für die Männchen ist das ein attraktives Signal, die Weibchen allerdings haben einige Last damit, weil sie in diesem Zustand nicht einmal richtig sitzen können. Eine Schimpansin trägt die Schwellung immerhin während der Hälfte ihres Zyklus mit sich herum, bei Bonobo-Weibchen ist diese Phase sogar noch deutlich länger.
    Bei den Menschenaffen zeigt dieses Signal eine abgegrenzte Phase der Paarungsbereitschaft an. Genau die aber hat Homo sapiens nicht. Weder beschränkt er seine sexuellen Aktivitäten auf bestimmte Jahreszeiten noch auf die Tage rund um den Eisprung. Theoretisch kann er an jedem beliebigen Tag des Jahres Sex haben. Bei Frauen spielt es dabei keine Rolle, ob sie gerade empfängnisbereit sind oder nicht. In Studien haben Wissenschaftler jedenfalls nicht feststellen können, dass Frauen zu bestimmten Zeiten ihres Zyklus häufiger mit ihrem festen Geschlechtspartner schlafen als zu anderen. Auf einen Seitensprung allerdings scheinen sie sich besonders häufig kurz vor dem Eisprung einzulassen – obwohl sie das angesichts der Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft wohl kaum bewusst so planen. Möglicherweise ist dieses Verhalten noch ein uraltes Erbe aus den Zeiten, in denen Sex hauptsächlich dem Arterhalt diente und sich die entsprechenden Aktivitäten daher auf die fruchtbaren Tage konzentrierten. Selbst damals aber dürften die frühen Menschenfrauen nach Ansicht von Frans de Waal keine Genitalschwellung gehabt haben, denn ein solches Signal kann sich nur schwer wieder zurückbilden, wenn es erst einmal entstanden ist. Sonst wäre während einer Übergangszeit eine Konkurrenzsituation zwischen Frauen mit starker und schwacher Schwellung entstanden, in der sich die Ersteren vermutlich durchgesetzt hätten.
    Das älteste Gewerbe der Welt
    Bei der menschlichen Sexualität geht es nicht mehr nur um Zeugung, sondern auch um Lust und mitunter ums Geschäft. Die Idee, Sex gegen Waren zu tauschen oder sich damit Vorteile zu verschaffen, ist allerdings älter als die Menschheit. Häufig hat Frans de Waal beobachtet, wie Bonobo-Weibchen gezielt Männchen zum Geschlechtsverkehr einluden, die interessantes Futter besaßen. Nach der Paarung wechselte die Nahrung dann meist den Besitzer. Manche Weibchen rissen ihrem Partner die begehrten Blätter oder Früchte sogar noch während des Aktes aus der Hand.
    Bonobos sind keineswegs die einzigen Tiere, die sexuelle Tauschgeschäfte kennen. Auf Ross Island in der Antarktis leben die Adelie-Pinguine in einem kargen Lebensraum. Mangels Pflanzen verwenden sie für den Nestbau kleine Steine. Auch die aber sind so selten, dass die Tiere viel Zeit

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