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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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meisten Menschen doch nervös, der Körper präpariert sich mit einem plötzlichen Adrenalinstoß für die Flucht. Auch wenn es plötzlich im Gebüsch raschelt, regt sich noch einmal die alte Angst vor dem Säbelzahntiger.
    Möglicherweise haben sich aus der Frühzeit des Menschen noch ganz andere, subtilere Strategien zur Gefahrenvermeidung erhalten. Wer bei einem Theater- oder Kinobesuch zuerst einmal die Lage der Ein- und Ausgänge sondiert, handelt vielleicht unbewusst nach einer uralten Devise der Steinzeitjäger: Immer wissen, woher der nächste Angriff kommen könnte und wo der beste Fluchtweg ist. Ein ähnliches Sicherheitsbedürfnis könnte auch aus der Platzwahl im Restaurant sprechen. Viele Menschen sitzen am liebsten mit dem Rücken zu Wand, um den gesamten Raum im Blick haben. Zwar ist es heutzutage unwahrscheinlich, dass sich während des Essens von hinten ein hungriger Höhlenbär anschleicht, und doch vermittelt die ererbte Furcht ein Gefühl des Unbehagens.
    Ekelreiz und Bittergeschmack
    Möglicherweise zählt auch der Ekel, mit dem viele Menschen auf den Anblick bestimmter Phänomene reagieren, zu den angeborenen Schutzreaktionen. Wissenschaftliche Untersuchungen sind zu dem Ergebnis gelangt, dass es zwar eine Vielzahl kultureller Unterschiede bei der Beurteilung von Abscheulichkeiten gibt, dass auf manche Dinge jedoch fast alle Menschen rund um den Globus mit heftigem Widerwillen reagieren. Dazu gehören Fäkalien und Erbrochenes, Körperflüssigkeiten und Wunden, aber auch wimmelnde Maden sowie der Anblick und Geruch verdorbener Lebensmittel.
    Alle genannten Dinge könnten im Zusammenhang mit gefährlichen Krankheiten stehen. Das wiederum hat zu der Vermutung geführt, dass der Ekel ein uralter Schutzmechanismus gegen Ansteckungsgefahren ist. Wenn unter den frühen Menschen einige eine stärkere Abneigung gegen Kot und andere potenzielle Infektionsquellen hatten, blieben sie womöglich gesünder als ihre Artgenossen, lebten länger und zeugten mehr Nachwuchs – und trugen damit zu einer genetischen Verfestigung des Ekels bei.
    Da sich nicht alle Gefahren an Aussehen und Geruch erkennen lassen, gibt es noch ein weiteres Warnsystem auf der Zunge. Der Bittergeschmack war ursprünglich ein Alarmsignal, das vor giftigen Pflanzen und anderer ungenießbarer Kost warnte. Die meisten Menschen haben bis heute eine angeborene Abneigung gegen extrem bittere Speisen. Allerdings empfindet nicht jeder Mensch den Bittergeschmack als gleich unangenehm. Genetisch bedingt können etwa 30 Prozent der Deutschen den Bitterstoff 6-n-Propylthiouracil (PROP) nicht schmecken. Schmecker und Nichtschmecker besitzen jeweils eine andere Variante eines bestimmten Bitterrezeptors. Was man aber nicht wahrnimmt, kann man auch nicht ablehnen. Deshalb haben Nichtschmecker weniger Aversionen gegen bittere Lebensmittel wie Grünkohl oder Grapefruit.
    Möglicherweise unterscheiden sich solche genetisch bedingten Vorlieben und Abneigungen in verschiedenen Regionen der Welt. Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DifE) in Potsdam-Rehbrücke vermuten jedenfalls, dass die unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Laufe der Evolution ihre Spuren im Geschmackssinn der Völker hinterlassen haben. Wenn Menschen wie in Afrika häufiger Zeiten des Mangels überstehen müssen, essen sie notgedrungen auch bitter schmeckende Pflanzen. Dann aber stört ein empfindlicher Sinn für Bittergeschmack nur. Die Europäer haben dagegen über längere Zeit unter relativ günstigen Bedingungen gelebt. Deshalb konnten sie es sich möglicherweise eher leisten, ihre empfindlichen Bittersensoren beizubehalten.
    Steinzeitjäger im Büro
    Neben der Abneigung gegen Bitteres scheint auch die Begeisterung für Süßigkeiten angeboren zu sein. Der süße Geschmack signalisiert dem Körper, dass die Nahrung Kohlenhydrate enthält. Und aus diesen Verbindungen deckt der Mensch einen großen Teil seines Energiebedarfs. Seine Vorliebe für süße Speisen hat dem Menschen in seiner Entwicklungsgeschichte das Überleben gesichert. Auch für fettreiches Essen hatten die Vorfahren des heutigen Menschen ein besonderes Faible. Schließlich bot es ihnen die Möglichkeit, sich einen Energievorrat für die damals häufigen Hunger-Zeiten anzulegen.
    In der heutigen Zeit hat jeder Mensch seine eigenen Essensvorlieben. Diese hängen stark von kulturellen Einflüssen und Lernprozessen, vermutlich auch von individuellen genetischen Unterschieden ab. Doch

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