Und taeglich grueßt die Evolution
»entspanntes Feld«. Der Verhaltensbiologe Norbert Sachser plädiert dafür, Kindern während ihrer Entwicklung möglichst viele entspannte Felder zu bieten. Denn dann würden die Kleinen vieles aus eigenem Antrieb lernen, ohne dass sie dazu erst durch Erwachsene motiviert werden müssten.
Ein Weg zu mehr Nobelpreisen
Einige Hinweise darauf, wie ein solches entspanntes Feld beim Menschen aussehen kann, liefert die Stressforschung. Dass sich ein Mensch gerade sicher fühlt, lässt sich an einer niedrigen Konzentration des Stress-Hormons Kortisol in seinem Blut ablesen. Solche »entspannten« Kortisol-Werte treten auf, wenn man sich in einer vertrauten Umgebung befindet, in der die Ereignisse vorhersehbar und kontrollierbar sind. Niedrige Werte hat auch, wer nicht als Einzelkämpfer unterwegs ist, sondern Unterstützung von einem Partner bekommt oder sich auf ein Netz von sozialen Beziehungen verlassen kann. All diese Faktoren dürften Sachsers Einschätzung nach zum entspannten Feld gehören.
Auch das Angebot an Anregungen lässt sich am Hormonhaushalt messen. Fühlt sich ein Mensch genügend herausgefordert, hat er nicht zu große, aber auch nicht zu geringe Mengen des Hormons Adrenalin im Blut. Schon seit langem wissen Biologen, dass gerade bei den mittleren Konzentrationen dieses Hormons die Lernerfolge am besten sind. Langeweile und starke Erregung schmälern dagegen den Erfolg. Stimmt das Verhältnis von Anregungen und Sicherheit, lernen Kinder all das, was ihre Eltern und andere Erwachsene auch können – und manchmal sogar noch mehr. Denn das entspannte Feld bietet auch Raum für Experimente und neue Ideen. Die Kreativität, die Kinder dabei entwickeln, kann für sie auch später noch von großem Nutzen sein. Norbert Sachser vermutet sogar, dass sich die Zahl der deutschen Nobelpreisträger deutlich steigern ließe, wenn man Kindern schon von Anfang an »entspannte Experimentierfelder« zur Verfügung stellen würde.
ICH WILL DOCH NUR SPIELEN!
In den Spielen junger Säugetiere treten häufig Verhaltensweisen in Erscheinung, die aus anderen Lebenssituationen stammen: Verfolgungsjagden und Sprünge sind ein Bestandteil des Beutefang- oder Fluchtverhaltens, das spielerische Besteigen eines Artgenossen nimmt das spätere Paarungsverhalten vorweg, das Balgen übt die Regelung sozialen Rangverhaltens ein. Um Missverständnisse zwischen dem Spiel junger Tiere und ähnlichen Verhaltensweisen erwachsener Tiere, die eine ganz andere Bedeutung haben, zu vermeiden, kennen viele Tierarten bestimmte Signale.
Hunde und ihre Verwandten bedienen sich einer Art Verbeugung. Wenn sie ein Spiel beginnen wollen, legen sie den Oberkörper und die Vorderbeine flach auf den Boden und strecken das Hinterteil in die Luft. Schon sehr junge Hunde kennen dieses Signal. Wie wichtig diese Spielaufforderung ist, zeigen Beobachtungen an jungen Kojoten. Ein kleines Weibchen versuchte seinen jüngeren und unterlegenen Bruder 40-mal in eine spielerische Verfolgungsjagd zu verwickeln. Doch alle möglichen Spielaufforderungen wie rasches Wegrennen und Zurückkommen, Kopfschütteln oder Grunzen führten nicht zum Ziel. Als das Weibchen allerdings nur ein einziges Mal eine Verbeugung machte, kam das einzige beobachtete Spiel zustande.
Schimpansen sperren den Mund auf, zeigen die Zähne und atmen in kurzen, hastigen Stößen. Dieser Gesichtsausdruck sagt ihren Artgenossen, dass sie das, was sie tun werden, nicht ernst oder böse meinen, vor allem, wenn es ihr Gegenüber stört. Diese Botschaft schützt den Nachwuchs vor möglichen Aggressionen der Älteren. Einige Forscher sehen in diesem »Spielgesicht« der Menschenaffen den Ursprung des menschlichen Lachens.
Verhalten und Zusammenleben
Es ist kein Zufall, dass die meisten Menschen Wert auf Gesellschaft legen. Homo sapiens ist ein Gemeinschaftswesen, auf ein erfolgreiches Einsiedlerdasein hat ihn die Evolution nicht vorbereitet. Schließlich bietet Geselligkeit einen eindeutigen Vorteil: Schwierige Aufgaben sind gemeinsam oft besser zu lösen als allein. Sozial lebende Tierarten profitieren von solchen Kooperationen ebenso wie es die frühen Menschen taten, die in Gruppen durch die Savanne streiften.
Die Frage, wie eine kooperative Gesellschaft überhaupt zustande kommt und wie sie sich organisiert, beschäftigt allerdings bis heute die Wissenschaft. Hierarchien sind das unverzichtbare Korsett, die einer Gemeinschaft, einem Rudel oder einer Gruppe, Stabilität verleihen. Nur wenn jedes
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